Mülheim. Sabine Gündges, Sprecherin der Bürgerinitiative Fulerumer Feld, heuert als Referentin des OB an. Warum das für Kritiker eine Steilvorlage ist.

Es ist eine Personalie, die es in sich hat: Oberbürgermeister Marc Buchholz hat zum Januar 2021 Sabine Gründges als neue Referentin eingestellt. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist als Projektmanagerin für die beim OB angesiedelte Klima-Taskforce zuständig. Das Besondere dabei: Gründges ist Frontfrau der Bürgerinitiative Fulerumer Feld in Heißen. Die Kritik der SPD-Opposition folgt prompt.

Um die erregte Gefühlslage der Genossen zu verstehen, lohnt ein Blick zurück zur heißen Oberbürgermeisterwahl 2020: In den drei Wahlbezirken Heißen-Süd/Heimaterde, Heißen-Mitte und Heißen-Ost hatte Buchholz bei der OB-Stichwahl so deutlich wie überraschend die Stimmenmehrheit geholt. Denn noch im ersten Wahldurchgang lag SPD-Kandidatin Monika Griefahn rund drei, in Heimaterde sogar sieben Prozentpunkte vorne. Dieses Bild jedoch hatte sich bei der Stichwahl exakt gedreht. In Heimaterde büßte Griefahn ihren satten Vorsprung sogar nicht nur komplett ein, sondern lag nunmehr drei Prozentpunkte zurück.

Blick zurück: Buchholz holt überraschend Heimaterde

Das Geheimnis von Buchholz' überraschendem Sieg in Heißen sieht mancher auch darin: Die CDU und Buchholz selbst hatten sich - wenn auch erst im August - wie schon die Grünen für den Erhalt der Grünfläche Fulerumer Feld ausgesprochen. Letztere kündigten vor der Stichwahl auch noch an, dass Schwarzgrün eine Mehrheit im Rat hätte, wenn man Buchholz zum OB wählen würde.

Und auch die Bürgerinitiative machte aus ihrer Freude über das Bekenntnis der beiden Parteien für den Erhalt des Feldes keinen Hehl. Die Genossen hingegen erhielten die Rote Karte und standen für ihre unklare Haltung immer wieder im kritischen Fokus der Initiative, die mit gut 16.000 Unterstützern und weiteren Initiativen für Grünflächen stadtweit ein starkes Wahlstimmen-Gewicht hatte.

Die BI Fulerumer Feld hatte sich dennoch immer und bis zuletzt gegen eine klare Wahlempfehlung ausgesprochen. Jetzt aber ist Gründges selbst jener Politik ganz nah, die vom Wahlkampfthema "Fulerumer Feld" profitierte. Und die künftig vielleicht als schwarz-grüne Koalition die Regierungsmehrheit bildet.

SPD kommentiert Personalie mit Süffisanz

Die Personalie Gründges ist ein gefundenes Fressen für die SPD, die in der Vergangenheit nicht selten selbst mit Filzvorwürfen und OB-Skandal belastet war, und die nun in einer Pressemitteilung die Einstellung vieldeutig kommentiert: „Die SPD beglückwünscht Sabine Gründges zu ihrer neuen Aufgabe. Dabei sei neidlos anzuerkennen, dass der Oberbürgermeister mit der Personalie Gründges eines seiner Wahlkampfversprechen vollumfänglich eingelöst habe: weiterhin die Nähe der Bürgerinitiativen zu suchen...“

Grundsätzlich dürfe der OB seine Referenten ohne Ausschreibungen benennen, denn dazu gehöre - anders als bei normalen Stellen in der Verwaltung - nicht allein die Qualifikation für die Stelle, sondern auch ein besonderes Vertrauen, heißt es dazu aus der SPD-Spitze. Doch stelle sich die Frage, wann die Personalie für Buchholz feststand – nach oder eben schon vor der Wahl?

Das süße Lob der SPD verbirgt daher eine bittere Gabe, impliziert einen möglichen Deal. Unwahrscheinlich ist, dass Gründges während der Wahlphase Stimmen für den CDU-Kandidaten direkt beeinflussen konnte. Doch die Personalfrage kann das Verhältnis der Bürgerinitiative zu ihrer Frontfrau Gründges nachträglich belasten. Dass sie weiterhin Sprecherin der BI bleiben kann, ist wohl ausgeschlossen, will diese politisch neutral bleiben.

SPD kritisiert Doppelstrukturen und will Stellenstreichung beantragen

Und noch eine zweite Nebenwirkung hat das süße Gift der Genossen: Buchholz habe mit der Personalie, zu deren Aufgaben die Akquise von Fördermitteln für den Klimaschutz gehöre, nicht nur deutlich gemacht, dass das Umweltdezernat Peter Vermeulens diese Aufgabe offenbar nicht ausreichend erfülle. Der OB - so die weitere Kritik - habe Doppelstrukturen geschaffen.

Die SPD will somit für den zu beschließenden Etat 2021 beantragen, die Planstellen im Dezernat – gemeint ist wohl die Stabsstelle Klimaschutz – einzusparen: „Wenn sogar innerhalb der Verwaltung die Meinung besteht, dass es neue Strukturen zur Erledigung dieser Aufgabe braucht, ist es angesichts von Haushaltslage und knappen Personalressourcen nur folgerichtig, wenn auch die Politik entsprechende Konsequenzen zieht“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Buchholz antwortet: Gründges soll sich "initiativ" beworben haben

Dass diese Personalentscheidung die Kritiker wachwerden lassen würde, musste Buchholz klar gewesen sein. Referentin Sabine Gründges will am Mittwochnachmittag dazu nicht allein Stellung nehmen, eine Antwort werde mit dem Oberbürgermeister abgestimmt, heißt es.

Sabine Gründges habe sich "initiativ beworben", weil sie ein Interesse an der Tätigkeit bei der Stadtverwaltung gehabt habe. "Mit Ihrem Profil passt Frau Gründges zu unseren Anforderungen im Rahmen der strukturellen Neuausrichtung im Referat I. Wir hatten Bedarf an einer Ressource für konzeptionelle Projektarbeit und die Bewerbung passte genau zu unserem Anforderungsprofil", so die Stellungnahme weiter.

Gründges ist als Sprecherin der BI zurückgetreten, will aber diese privat unterstützen

Zu ihren Aufgaben sollen die "Erarbeitung eines Konzeptes für die Neustrukturierung des Fördermittelmanagements" gehören, darüber hinaus soll sie "die Stiftungsverwaltung strategisch und wirtschaftlich optimieren" und für den Oberbürgermeister in seinem Referat Ansprechperson zum Thema „Klimaschutz“ sein. Gründges soll dazu einen mit dem Dezernat VI und der Stabsstelle Klimaschutz abgestimmten Konzeptentwurf erarbeiten.

Die Sprecherin der BI bringe "aus ihrer Tätigkeit als Co-Sprecherin einer Bürgerinitiative aus Mülheim an der Ruhr Erfahrungen und Kontakte mit. Das ist ein großes Plus, das wir in der Verwaltung sehr gut brauchen können", heißt es. Auf eigenem Wunsch sei Gründges als Co-Sprecherin seit dem 1. Januar auf eigenen Wunsch zurückgetreten, bleibt aber Mitglied der Initiative und werde diese "sachlich und strategisch privat unterstützen. Das war ausdrücklicher Wunsch des Oberbürgermeisters, der die ehrenamtliche Arbeit von städtischen Mitarbeitern in Mülheim sehr begrüßt".