Mülheim. Karneval in der Corona-Krise: Wir haben nachgefragt bei den Gesellschaften und festgestellt: Es geht nicht allein um fehlende finanzielle Mittel.
Die Mülheimer Karnevalisten brauchen rund 70.000 Euro, um auch 2021/2022 wieder eine Session auf die Beine stellen zu können. Sie hoffen auf Fördermittel aus dem Kulturetat. Wie geht es den Mülheimer Karnevalisten in der Corona-Krise? Wir haben nachgefragt bei den Gesellschaften und Organisationen und festgestellt: Es geht beileibe nicht allein um fehlende finanzielle Mittel.
KG Aunes Ees
„Für uns gilt 2020, frei nach Sepp Herberger: Nach Karneval ist vor Karneval, aber nicht in diesem Jahr. Alles steht still, so auch bei uns. Gerade unsere Jugend kann es nicht verstehen, warum sie nicht trainieren darf. Guter Zuspruch zählt jetzt und die Stärke unserer Mitglieder. Jegliche Veranstaltungen fallen aus, so dass wir keine Einnahmen erzielen können. Unsere Motivation liegt im Moment darin, das Beste aus der Session 2020/2021 zu machen, und wir freuen uns jetzt schon auf die Session 2021/2022. Deshalb wünschen wir allen: Bleibt gesund!“
Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval
„Wir können organisatorisch im Moment nur digital arbeiten und erleiden finanziell Umsatz-Einbußen durch den Ausfall von Sponsoring und die Absage der Veranstaltungen. Emotional müssen wir verkraften, dass bis auf weiteres alle Veranstaltungen abgesagt bleiben. Das hat massive Auswirkungen auf die Trainingszeiten der Garden und Musikzüge und damit auf die Motivation der Mitglieder.
Sollten die Einschränkungen langfristig bestehen bleiben, hätte das auch Folgen für die Zukunft und den Bestand der im Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval organisierten Gesellschaften. Zurzeit arbeiten wir an Livestream-Veranstaltungen für Alten- und Seniorenheime.“
KG Mülheimer Stadtwache
„Organisatorisch lässt sich die Vereinsführung momentan nur telefonisch erledigen. Die Durchführung unserer Veranstaltungen unter den geltenden Schutzmaßnahmen wäre nicht zu stemmen gewesen. Deshalb, und auch zum Schutz unserer Mitglieder und Gäste, wurden alle Veranstaltungen abgesagt. Ein vernünftiges Training der Tanzgruppen ist leider nicht möglich.
Die Zukunft und der Bestand der KG Mülheimer Stadtwache sind durch die Pandemie nicht gefährdet. Zur Motivation der Mitglieder wird an einer digitalen Veranstaltungslösung gearbeitet. Die Stadtwächter freuen sich umso mehr auf eine Session 2021/2022.“
Rote Funken
„Auch für die Roten Funken bedeutet der Verzicht auf Saalveranstaltungen massive Einnahmeverluste. Vieles wird durch diese Einnahmen finanziert, zum Beispiel Gardekostüme und Musikinstrumente. Diese Kosten könnten die Roten Funken ohne Einnahmen aus Veranstaltungen nicht tragen. Zudem wird die Situation durch immer höhere Kosten für immer weniger Säle, durch Versicherungsbeiträge und sinkendes Sponsoring auf Dauer schwieriger.
Durch ihre engagierten und aktiven Mitglieder werden die Roten Funken nach der Pandemie wieder große und viele kleine Veranstaltungen, zum Beispiel in den Alteneinrichtungen und im Theodor-Fliedner-Werk, durchführen können und Freude unter die Menschen bringen. Unsere Mitglieder sind sehr motiviert und versuchen trotz Einschränkungen ein Vereinsleben zu ermöglichen. Ausflüge für die Kinder, Stammtische für die Großen: So verliert man sich nicht aus den Augen.
Aber dieses Vereinsleben ist zurzeit nicht möglich. Zwischen dem ersten und zweiten Lockdown hatten die Roten Funken einen geregelten Trainings- und Probebetrieb. Sobald es wieder möglich ist, starten Gardetraining und Musikzugproben wieder. Gemeinsam werden wir dann ein tolles Programm für die Session 2021/2022 auf die Beine stellen.“
KG Blau Weiss
„Selbstverständlich können auch unsere Gruppen nicht proben und trainieren. Unsere Veranstaltungen haben wir bereits vor einiger Zeit abgesagt, um unsere Mitglieder und Gäste nicht zu gefährden. Sitzungen und Besprechungen finden ausschließlich online statt. Aber: Aufgeben gibt’s nicht. Wir schauen positiv in die Zukunft und bereiten uns auf die nächste Session vor.
Dank des verantwortungsvollen Umgangs mit unserem Budget durch den geschäftsführenden Vorstand müssen wir uns aktuell keine finanziellen Sorgen machen. Zum Hoppeditz-Erwachen gab es ein Video von uns und am Karnevalswochenende wird man wieder von uns hören – und sehen. Ein großer Dank an alle aktiven und passiven Mitglieder für eure Treue zum Verein und euer Verständnis.“
Der Präsident des Prinzensenats, Ulrich Pütz
„Für den Prinzensenat heißt der Lockdown in erster Linie, dass die sozialen Kontakte der Mitglieder untereinander in Gänze ausfallen. Als elitärer Verein veranstalten wir ja nur den Senatsabend als interne karnevalistische Veranstaltung. Aber unser Vereinsleben besteht ja auch hauptsächlich darin, den Prinzensenat bei den Veranstaltungen der Karnevalsgesellschaften zu repräsentieren und zu unterstützen. Des Weiteren binden sich viele Mitglieder im Bereich der Rosenmontagszugtombola ein. All das fällt nun weg. Als Präsident hoffe ich nun, dass wir möglichst bald wieder mit den Aktivitäten des Vereinslebens starten können.“
Ruhrgarde
Nach dem ersten Lockdown musste erst mal ein Hygienekonzept organisiert und umgesetzt werden. Der Start war für alle hoffnungsvoll. Und mit viel Engagement wurde direkt an einer neuen Show gearbeitet. Die Motivation, der Spaß am Tanzen und die Trainingsbeteiligung waren enorm hoch. Dann mussten wir wieder alles zurückfahren. Das heißt: kein Training, keine Freunde treffen und kein Vereinsleben.
Fazit: Sämtliche Auftrittstermine wurden storniert, so dass uns unsere finanzielle Basis komplett entzogen wurde. Deshalb fehlen uns jetzt die Finanzen, um unsere laufenden Kosten, wie Miete, Strom, Versicherung und Kostüme zu bezahlen. Nur weil unsere Mitglieder bereit waren, ihre Beiträge zu erhöhen, konnten wir die letzten Monate überstehen. Und wie sieht die Zukunft aus? Die Hoffnung stirbt zuletzt!“
MüKaGe
Durch die Corona-Pandemie finden Vorstandssitzungen nur mit dem geschäftsführenden Vorstand, meist telefonisch, statt. Informationen gehen verloren und Mitglieder fühlen sich oft nicht ausreichend informiert. Es können keine Veranstaltungen in dieser Session durchgeführt werden, weil das finanzielle Risiko zu groß ist. Der Ausfall des Tanzturniers führt zu erheblichen Verlusten unseres Etats. Unser Geschäftsführer Rolf Völker ist auch Mitorganisator des gemeinsamen Gemeindekarnevals der Gemeinden St. Engelbert und Mariae Rosenkranz.
Er ist sehr traurig, dass auch der Gemeindekarneval am Karnevalssamstag im Autohaus Extra ausfallen muss. Gerade weil durch eine gute Teamarbeit hier eine Veranstaltung in den letzten Jahren gewachsen ist, die immer größeren Zuspruch bekommen hat. Es ist ein bedrückendes Gefühl, sich auf einen digitalen Karneval beschränken zu müssen. Aber die Vernunft und die Gesundheit müssen Vorrang haben. Trotzdem müssen die digitalen Veranstaltungen sein, damit Karneval nicht in Vergessenheit gerät, im Bewusstsein bleibt und uns auf bessere Zeiten hoffen lässt.
Für die Tanzgarden tut es uns besonders leid. Diese hatten nicht die Möglichkeit, durchgängig zu trainieren. Dadurch, dass keine Treffen und Versammlungen stattfinden können, fällt es schwer, die Mitglieder zu motivieren und bei Laune zu halten. Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr durch die Pandemie keine Mitglieder verlieren werden. Sollte die Pandemie jedoch noch in der Session 21/22 einwirken, kann man einen Mitgliederschwund nicht ausschließen.“
KG Mölm Boowenaan
„Alle unsere Veranstaltungen und Auftritte wurden frühzeitig abgesagt, so dass wir bislang keine finanziellen Verluste erlitten haben. Das Training unserer Tanzgarden findet nur eingeschränkt bis gar nicht statt. Dennoch haben wir zurzeit keine Zukunftssorgen und planen schon für die nächste Session in den Jahren 2021 und 2022. Die Teilnahme an Livestream-Veranstaltungen ist für uns leider nur bedingt möglich. Für eigene Livestream-Veranstaltungen fehlt uns das Geld, da wir das dafür nötige Gerät nicht besitzen und dementsprechend ausleihen müssten.“
MCC Rot Weiß
„Organisatorisch gestaltet es sich für uns in einigen Bereichen sehr schwierig. Für einige zu besprechende Themen wäre ein persönliches Treffen zwingend notwendig. Online Meetings sind nicht immer ein adäquater Ersatz für persönliche Treffen. Auch finanziell ist es zurzeit schwierig und wir sind natürlich mehr denn je auf Spenden angewiesen, vor allem um unser Vereinsheim zu erhalten, das der zentrale Anlaufpunkt und eine Begegnungsstätte für unsere Mitglieder ist.
Dennoch können wir, dank der ein oder anderen Spende, noch etwas zuversichtlich sein. Emotional herrscht bei den meisten Mitgliedern eine gedrückte und traurige Stimmung. Veranstaltungen müssen leider entfallen und für uns als MCC wird es auch keine digitale Veranstaltung geben. Die Trainingszeiten für unsere Tanzgruppen sind zurzeit auf null gesetzt. Auch ein digitales Training ist durch Choreographie und Hebungen in den Tänzen schlichtweg nicht möglich.
Die Motivation der Tänzer/innen und der Trainerinnen ist natürlich da. Sie warten nur auf den Startschuss, damit es wieder losgehen kann. Die Zukunft wird zeigen, wie der Bestand der Gesellschaft aussehen wird. Wir alle hoffen das Beste für unsere, seit inzwischen 61 Jahre bestehende Gesellschaft und werden alles tun, damit es weitergehen kann.“
MKV
Der MKV 1972 e.V. ist von der Corona-Situation genauso stark betroffen wie andere Vereine auch. Aufgrund der geringen Mitgliederzahl hatten wir beschlossen, in der Session 2020/21 keine eigene Veranstaltung durchzuführen, um keine Kosten entstehen zu lassen. Wir haben dadurch aber auch keine Einnahmen. Die Kosten für den Trainingsraum und unser Vereinsheim laufen aber weiter. Unsere Tanzgarde kann sich nicht auf Veranstaltungen präsentieren, um Zuwachs zu gewinnen. Wir sind eine kleine Karnevalsfamilie, deswegen sind unsere Mitglieder sehr traurig, dass wir uns nicht treffen dürfen.“
Mölmsche Houltköpp
„Leider haben die Houltköpp die Session 20/21 absagen müssen, aber die Gesundheit und das Wohl aller liegen an erster Stelle. Da der Vorstand in neuer Besetzung ist, nutzen wir die Zeit, uns intensiv auf die nächste Session vorzubereiten, in der Hoffnung viele tolle Feste zu feiern. Auch unsere Garde musste ihr Training unterbrechen, aber alle halten fest über die digitale Welt zusammen und freuen sich, auf alles Neue, was dann wieder hoffentlich bald möglich ist.
Finanziell halten wir die Stellung über unsere treuen Mitglieder, die ihren Beitrag entrichten und damit die Houltköpp finanziell unterstützen. Deshalb nennen wir uns auch Houltköpp-Familie, die zusammenhält in dieser schweren Zeit. Wichtig ist, den Mitgliedern aufzuzeigen, dass wir alle noch da sind und das kann man über einen Telefonanruf aufzeigen oder mit einem netten Gruß per Post oder Mail. Mit Stolz und Optimismus schauen wir nach vorne.“