Mülheim. Die neue Vier.Zentrale wurde am Sonntag zur Parteizentrale. Das Stück „Die schmutzigen Hände“ von Sartre (Regie: Tobias Stöttner) wurde gezeigt.

Die gerade eröffnete Vier.Zentrale wurde bei der Premiere von Sartres „Die schmutzigen Hände“ am Sonntag zur Parteizentrale der Kommunisten. Es ist die erste eigene Inszenierung von Tobias Stöttner, Regieassistent am Theater an der Ruhr. Er nutzt die zwei Räume des ehemaligen Ladenlokals mit ihren großen Schaufenstern als Spielort. Die Zuschauer stehen draußen in der Fußgängerzone, verfolgen das Geschehen, das manchmal auch ins Freie wechselt, und sind auf einer zweiten Ebene einbezogen in die Inszenierung.

Idealismus oder Pragmatismus in der Politik

Das 1948 erschienene Theaterstück von Jean Paul Sartre hat an Aktualität nichts verloren. Weil es die zeitlose Kontroverse zwischen Idealismus und Pragmatismus in der Politik zum Thema macht. Darf man um der Macht willen mit dem politischen Gegner koalieren, muss man es sogar? Oder muss man an seinen Idealen, an revolutionären Prinzipien festhalten?

Zum „aktuellen Polit-Thriller“ will Stöttner das Stück machen, und das gelingt. Die Spannung reißt nie ab, die Zuschauer - mit Kopfhörern ausgestattet - verfolgen das Geschehen von draußen aus wie Spitzel, wechseln ihre Position öfter, so dass sie aus verschiedenen Perspektiven auf das konfliktreiche Geschehen schauen. Es gibt auch Nahaufnahmen auf Videomonitoren und Projektionen auf die Wand des gegenüberliegenden Hotels. Das ist unterhaltsam.

Innerparteilicher Richtungsstreit


Die Ausgangslage: Hugo, ein Sohn aus bourgeoisem Hause, ist der kommunistischen Partei beigetreten, schreibt dort für die Parteizeitung. Aber er möchte mehr tun, sich als Aktivist „verwendbar“ zeigen. Der Dogmatiker Louis, der im innerparteilichem Richtungsstreit mit dem „Realo“ Höderer steht (der will ein Zweckbündnis mit den Nationalisten eingehen), beauftragt Hugo, diesen zu ermorden.

Die Streitgespräche zwischen den verschiedenen Protagonisten fesseln. Es geht um die Reinheit der revolutionären Gedanken, um die gerechte Sache, um Lügen ebenso wie ums Handeln und Unterlassen, ums Scheitern. Begriffe, über die man im Nachgang nachdenkt. Mit seinem „konspirativen Audiowalk“ hat Tobias Stöttner noch eine zweite Ebene ins Stück eingebaut. So werden die Zuschauer etwa aufgefordert, sich wie Hugo zu entscheiden - zwischen Revolver, Stift und Knoppers. Sie sollen spüren: Von jeder Entscheidung hängt der weitere Verlauf des Lebens ab.

Geschichte endet mit einer Kehrtwende

Die drei Schauspieler – Burak Hoffmann als Hugo, Rupert J. Seidel als Höderer und Steffen Reubert als Louis – überzeugen in der Darstellung der so unterschiedlichen Charaktere. Alles entwickelt sich und endet (für Hugo) übrigens anders als gedacht. Die, die ihn einst eingeschworen haben auf ihre Linie, pfeifen nun auf ihre frühere Moral.