Mülheim. Khadra Dawoud ist ausgebildete Krankenschwester und macht ein Praktikum im Evangelischen Krankenhaus. Die Syrerin (42) will später dort arbeiten.

Als vor fünf Jahren viele Syrer vor dem Krieg in ihrer Heimat flohen, war auch Khadra Dawoud mit ihrem Bruder und ihrer Schwester dabei. Sie kam nach Mülheim, lernte Deutsch und ist heute auf einem guten Weg, bald wieder in ihrem erlernten Beruf arbeiten zu können. Die 42-jährige Syrerin ist ausgebildete Krankenschwester und macht gerade ein Praktikum im Evangelischen Krankenhaus (EKM).

Ein Pflegeexamen aus dem Ausland – selbst mit zehnjähriger Berufspraxis, wie Khadra Dawoud sie hat – muss offiziell von der Bezirksregierung Düsseldorf anerkannt werden, erklärt Christian Wintgen. Er ist selbst Krankenpfleger, arbeitet derzeit aber hauptsächlich als Integrationsbegleiter für neue ausländische Pflegekräfte im EKM. Er hilft bei Einreise, Wohnungssuche, Behördengängen und auch auf Station, wenn es nötig wird. Um der deutschen Pflegeausbildung gleichgestellt zu sein, erklärt Wintgen, kann man entweder nach einer mehrmonatigen Weiterbildung eine Prüfung absolvieren. Oder man holt die Ausbildungsbereiche, die noch fehlen, nach, und macht dann eine Fachprüfung. Für diesen Schritt hat sich Khadra Dawoud entschieden. Der theoretische Teil der Ausbildung findet beim Bildungsträger BiG, dem Bildungsinstitut im Gesundheitswesen in Essen statt, so Wintgen.

Eine dreijährige Ausbildung hat Khadra Dawoud in Idlib gemacht

Khadra Dawoud arbeitet seit einigen Tagen auf einer chirurgischen Station des EKM, sie muss dort 270 Stunden nachweisen, dazu kommen 260 Stunden in der Neurologie und auch noch einiges an Praktikumszeit in der ambulanten Pflege. In Idlib, im Nordwesten von Syrien, berichtet Khadra Dawoud, hat sie mit ihrer Familie bis zur Flucht gelebt. Dort hat sie ihre dreijährige Ausbildung gemacht, in einem Krankenhaus gearbeitet und später in einer großen Gemeinschafts-Arztpraxis mit Labor.

Im kommenden Jahr wartet eine Anstellung im Krankenhaus

Was bei der Arbeit hierzulande anders ist? „Wir mussten die Patienten nicht waschen oder füttern“, erklärt sie, dafür seien Pflegehelfer zuständig gewesen. Spritzen oder Infusionen zu setzen, Vitalzeichen wie den Blutdruck zu kontrollieren, das sei ihr Arbeitsalltag in Idlib gewesen. In der Grundpflege seien ausländische Pflegekräfte oft nicht so erfahren, sagt Christian Wintgen. „Aber vom Medizinischen her sind viele sehr gut ausgebildet. Teilweise besser, als unsere Pflegekräfte hier.“

Ausländischer Berufsabschluss wird verglichen

Für die Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses in der Pflege vergleicht die Bezirksregierung den Abschluss ganz genau mit der deutschen Pflegeausbildung, erklärt Integrationsbegleiter Christian Wintgen.

Mehrere aus Bosnien stammende Pflegekräfte, die Wintgen auch betreut, besuchen drei Monate lang den theoretischen Unterricht in einem Weiterbildungsinstitut und machen dann eine Abschlussprüfung.

Khadra Dawoud, eine freundliche und aufgeschlossene Frau, fühlt sich wohl und angenommen am EKM. Sie lernt dort, mit modernen Geräten zu arbeiten, die sie aus Syrien noch nicht kennt. Ende April nächsten Jahres wird sie fertig sein mit ihrer Weiterbildung, und dann stehen ihre Chancen gut, am EKM auch eine Festanstellung zu bekommen. Khadra Dawoud lebt in Mülheim, wie sie berichtet, ebenso wie ihre drei Geschwister und auch ihre Eltern, die noch mit dem Flugzeug ausreisen konnten. Khadra Dawoud und zwei ihrer Geschwister haben vor fünf Jahren eine mehrwöchige Flucht über den Libanon, die Türkei, Mazedonien und Ungarn hinter sich gebracht. In Mülheim kümmert sich die 42-Jährige um ihre pflegebedürftige Mutter.

Am liebsten würde sie auf einer Frauenstation arbeiten

Wo sie später am liebsten als Pflegekraft arbeiten würde? „Wenn ich zufrieden bin, dann ist es mir egal in welchem Bereich“, sagt Khadra Dawoud. Aber am liebsten würde sie auf einer Frauenstation arbeiten, wie sie es auch in Idlib gemacht hat. Was ihr am besten in Deutschland gefällt? „Die Sicherheit“, das fällt ihr als erstes ein. Und derzeit auch das warme Wetter, ergänzt sie lachend. Und dann sagt sie noch ganz ernst: „Hier in Deutschland hat der Mensch Würde.“