Mülheimer Bürger sollen beim Etat 2010 mitreden. Andernorts ist man weiter: Da gibt es einen Bürgerhaushalt
Wenn die Stadt Mülheim im nächsten Jahr in die schwierigen Haushaltsberatungen für 2010 geht, sollen die Bürger mitreden können. Kämmerer Uwe Bonan will Ende Februar, Anfang März in den drei Stadtbezirken zu „Bürgerwerkstätten” einladen. Andere Städte beteiligen ihre Bürger schon längst am Geldverwalten, sie verabschieden sogenannte Bürgerhaushalte.
Als Vorzeigestadt gilt Köln. Die Metropole am Rhein hat ihr ehrgeiziges Projekt im Jahr 2007 gestartet, der Doppelhaushalt von 2008/09 trägt bereits die Handschrift der Bürger. Dabei hatte die Stadtverwaltung in einer repräsentativen Bürgerumfrage zunächst ermittelt, welche Themenbereiche den Kölnern am wichtigsten waren. Für die ermittelten „Top 3” – „Straßen, Wege, Plätze”, Grünflächen sowie Sport – konnten Bürger schließlich Vorschläge machen. Die Stadt startete eine Werbekampagne, um die Kölner dazu zu bewegen, sich zu beteiligen.
Die Resonanz war beachtlich, sie gilt gar als europaweit einmalig. Exakt 4973 Vorschläge trudelten ein, im Internet wählten die Bürger pro Sachgebiet 100 Vorschläge aus, die von der Verwaltung bearbeitet und von der Politik beschieden werden mussten. 80 %, so die Koordinatorin des Kölner Bürgerhaushaltes, Tanja Buchwalter, seien umgesetzt worden zu jener Zeit, als Köln noch mehr Geld zu verteilen hatte. 8,2 Mio Euro habe die Stadt hierfür zusätzlich ausgegeben. Gerade jetzt ist in Köln die Vorschlagsrunde für den Etat 2010 zu Ende gegangen; in der Domstadt sind jetzt mehr Sparvorschläge gefragt – aktuelle Handlungsfelder der Bürger sind der Umweltschutz sowie der Komplex „Schule/Bildung”.
Die Bürgerbeteiligung in Köln wurde auf vielen denkbaren Medienkanälen ermöglicht, unter anderem waren die Bürgerämter Anlaufstellen. Der Großteil nutzte die extra eingerichtete Internetplattform. Wer über Vorschläge abstimmen oder diese kommentieren wollte, musste sich lediglich mit seiner Mail-Adresse registrieren. Gar anonym konnten Vorschläge gemacht werden; das ließ die Schwelle zur Beteiligung niedrig sein.
So weit wie Köln will Mülheim nicht gehen, die Kosten für ein solch breit angelegtes Verfahren seien zu hoch. Kämmerer Uwe Bonan verweist auch auf den ersten Anlauf der Stadt in den Jahren 2000 und 2001, einen Bürgerhaushalt aufzustellen. Die Beteiligung – auch im seinerzeit eingerichteten Internetforum – habe den Aufwand „bei weitem nicht gerechtfertigt”.
Bonan will es nun mit Bürgerwerkstätten versuchen, die noch vor den Beratungen des Etatentwurfs in den politischen Gremien stattfinden sollen. Moderiert werden sollen die Veranstaltungen von der IKU GmbH, die unter anderem schon in Oberhausen und Berlin-Lichtenberg Beteiligungsprozesse im Haushaltsverfahren begleitet hat. In den Werkstätten sollen Bürger an themenbezogenen Marktständen Vorschläge an die Verwaltung herantragen können. Was gehaltvoll erscheint, soll dokumentiert in die politische Diskussion getragen werden. Die externe Moderation soll dabei „eine gewisse Neutralität” sichern, so Kämmerei-Referentin Nicole Borninghoff. Die Bürgerwerkstätten samt Vorab-Information der Bürger (Handzettel und/oder Broschüren) werden 35 000 bis 40 000 Euro kosten.
Geprüft werden soll zudem eine Kooperation mit der Stadt Solingen. Sie plant für ihre „bürgerbeteiligte Haushaltssicherung” eine Internet-Plattform, auf der Bürger zumindest Verwaltungsvorschläge bewerten und kommentieren sollen. Die Kooperation könnte Sinn machen: Schließlich dürfte es auch in Mülheim eher darum gehen, Sparvorschläge einzuholen. Zu verteilen ist eigentlich nichts mehr.