Mülheim. Wilhelm Öhmann aus Mülheim hat sich eine altbewährte Bautechnik selbst erarbeitet. Für seine Gartenmauer waren große Lehmbauten seine Vorbilder.
„Als ich zufällig gesehen habe, was man alles aus Lehm bauen kann, wollte ich das ausprobieren. Da unser Vorgarten noch keine Einfriedung hatte, habe ich davor eine Lehmstampfwand gebaut.“ Wilhelm Öhmann schildert knapp, warum er in vielen Arbeitsstunden und Handarbeit ein altes Handwerk sich selbst beigebracht hat und sichtbar Taten folgen ließ. „Es macht mir Spaß mit natürlichen Baustoffen aus der Nachbarschaft zu arbeiten. Glatte, einförmige Betonbauten sind nicht meine Sache.“
Am Freitag hat er den letzten Abschnitt seine gestampften Lehmwand ausgeschalt: „Es ist ein gutes Gefühl, selbst etwas geschaffen zu haben, was mit einer Handwerkstradition verbunden ist, die schon über Jahrtausende existiert.“
„Man kann viel über die Techniken des Lehmbaus lesen. Aber die Praxis bringt manchmal andere Ergebnisse“, sagt Öhmann. Er zeigt auf kleine Hohlräume in seinem ersten Mauerabschnitt. „Wenn man zu viel Masse zwischen die Schalbretter schüttet, ist das Stampfen nicht so wirkungsvoll. Die Verdichtung erreicht nicht den gewünschte Maß.“
Den Lehm auf der Grube direkt verarbeiten
Im Verlauf seines Wandbauens stellte der angehende Lehmbauer fest, dass er nicht zu viel Wasser beimischen darf und ein Abschnitt nicht aus verschiedenen Mischungen gestampft werden sollte. „Am besten ist, den Lehm gleich aus der Grube zu verarbeiten.“ Also holte er sich den natürlichen Baustoff aus der Nachbarschaft, wo gerade in Selbeck die Grube für einen Teich ausgehoben wurde.
„Eigentlich haben wir hier viel Sandboden. Aber es gibt auch einige Lehmlinsen unter der Oberfläche.“ Die zweite Fuhre des Baustoffs stammt aus Essen von einer Hausbaustelle. „Das wir jedoch nicht mit Lehm, sondern mit Kies und Zement gebaut“, sagt Öhmann, während er mit dem Vorschlaghammer den Lehm zwischen den Schalbrettern stampft.
Steinquader und glasierte Kacheln eingearbeitet
Am besten sei übrigens eine lehmige Masse mit kleinen Steinchen durchmischt. „die bringt die höchste Festigkeit“, kennt sich der Wandstampfer inzwischen mit den Materialeigenschaften aus. Diese grobere Masse kam an der Wedauer Straße allerdings nicht zwischen die Schalbretter.
In seine neue Gartenwand hat Wilhelm Öhmann mehrere kleine Steinquader eingesetzt und sie beim Stampfen des Lehms eingearbeitet. Nach dem Abnehmen der formenden Schalbretter sind sie nun als belebende Elemente in der naturbraunen Wand sichtbar. Ebenso gelang ihm der Einbau der Hausnummer: „Die glasierten Kacheln lagen lange herum, ich wollte sie nicht durchbohren. Im Lehm finden sie nun Halt.“
Holz und Lehm sind ideale Baustoffpartner
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Die Lehmstampfwand steht auf einem steinernen Sockel. An das Außenmaß hat Öhmann seine Schalbretter angepasst. „Damit die Wand bis zur Krone die gleiche Stärke behält, muss man mehrere Abstandskeile setzen“, hat der Stampfer schnell herausgefunden. Um einzelne Wandabschnitte miteinander zu verbinden, arbeitet Öhmenn mit Verstärkungen in einigen Schaltafeln. „Das ist wie beim Holzbau, wo Nut und Feder ineinandergreifen.“
Holz und Lehm seien ideale Baustoffpartner. Das ist aus dem Fachwerkbau hinreichend bekannt. „Beide wirken ausgleichend und bleiben elastisch. Holz speichert zwölf Prozent, Lehm zehn Prozent Feuchtigkeit. Der Lehm sorgt für den Ausgleich, weshalb Fachwerkhäuser oder reine Lehmbauten ein gesundes Raumklima haben“, schwärmt der Mann, der beim Gespräch eine weitere Schicht mit kräftigem Stampfen verdichtet.
Gleiche Volumenverluste wie die Profis erreicht
Ein Drittel des Volumen der eingeschütteten Lehmmasse geht beim Stampfen verloren. „Von zwölf Zentimetern bleiben acht Zentimeter starke Schichten im Wandaufbau erkennbar. Das habe ich im Buch eines alten Lehmbaumeisters von der Uni Kassel gefunden. Meine Schichten sind zehn Zentimeter dick. Bestimmt habe ich 15 Zentimeter eingefüllt“, freut sich Öhmann. Damit hat er als Amateur die gleiche Werte erreicht wie die Profis.
Demnächst bekommt seine aus Lehm gestampfte Wand noch eine Abdeckung aus Sandsteinplatten. Die Seitenflächen bleiben dem Wetter ausgesetzt. „Mal sehen, wie sich das entwickelt. Da habe ich noch keine Erfahrung“, sagt Öhmann. Sichtbar bleiben die Struktur der Schichten, eingearbeitete Steine, kleine Löcher und die Wulste, die sich zwischen den Schalbrettern beim Verdichten herausgedrückt haben. Zur Gartenseite wird es noch einen Steinschutz geben. „Sonst vermischt sich die Feuchtigkeit der dunklen Erde noch mit dem hellbraunen Lehmton der Mauer.“
Lehm bietet eine gute Ökobilanz
Lehmbauwerke bestehen aus tragenden und nichttragenden Bauweisen. Tragende Wände werden überwiegend aus Stampflehm, Lehmziegeln oder als Holzfachwerk mit Gefachen aus Lehm erstellt. Leichtlehm mit verschiedenen Beimischungen hat gegenüber Lehm eine geringere Dichte und Festigkeit.
Lehmbauten haben eine günstige Ökobilanz. Der Naturrohstoff kommt oft aus der Nachbarschaft. Er braucht weder Kies noch Zement oder Stahl, hat kurze Transportwege. Das Raumklima eines Lehmbaus ist besser, weil die Wände atmen können. Lehmbauten haben sich seit Jahrtausenden bewährt. Der Profilehmbau geht heute mit besonderen Mischungen und maschinellem Pressdruck.