Mülheim. Bauanträge können sich zu wahren Aktenbergen auftürmen. NRW will die Verfahren digitalisieren. Die Stadt Mülheim ist aber längst nicht so weit.
In der zweiten Jahreshälfte sollen Bürger Bauanträge komplett auf digitalem Wege bei der Bauverwaltung einreichen können. Das NRW-Bauministerium hat dafür ein digitales Bauportal angekündigt. Doch in Mülheim wird daraus nichts.
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Der mittlerweile fraktionslose, ehemalige BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann hatte im Planungsausschuss angefragt, ob Mülheims Stadtverwaltung diesbezüglich vorbereitet sei. Axel Booß, Leiter des Bauordnungsamtes, machte keine Hoffnungen: „Ich gehe nicht davon aus, dass es so funktioniert, wie es sich das Ministerium denkt.“ Gerade Großstädte seien noch nicht so weit mit der Digitalisierung.
In Mülheims Verwaltung sind die technischen Voraussetzungen nicht gegeben
Es läuft laut Booß aktuell zwar ein NRW-Modellprojekt zum digitalen Bauantrag, dem Vernehmen nach laufe es aber „holprig“. Im digitalen Bauportal sollen Bauaufsichtsbehörden im Optimalfall sowohl den Antrag als auch die Bauvorlagen elektronisch entgegennehmen. Anfangs sei ohnehin damit zu rechnen, dass nur Anträge nach dem einfachen Baugenehmigungsverfahren (§ 64 Bauordnung) eingereicht werden könnten, so Booß.
Doch die Digitalisierung der Stadtverwaltung, erst seit 2019 als Großprojekt in Planung, ist längst nicht so weit, dass allein dies schon zeitnah als Service für Bauherren geboten werden könnte, so Booß. Allein habe die Stadt nicht die nötige Software installiert, um sich mit den Beteiligten in einem digitalen Projektraum auszutauschen. Auch seien die Voraussetzungen für ein funktionierendes Dokumentenmanagement-System nicht gegeben, wo die Unterlagen gespeichert werden könnten.
Aktenbestand von circa zwei Kilometern Länge noch nicht digitalisiert
Die Bauaufsicht sei hier abhängig vom Digitalisierungsprojekt der Stadtverwaltung, so Booß. Man sei nicht in der Situation, eigenmächtig in die Digitalisierung zu investieren. Seine Abteilung habe die Anschaffung und Einrichtung einer Bauplattform sowie der nötigen Hardware (großformatige Scanner, Großbildschirme etc.) für das Haushaltsjahr 2021 angemeldet. Hierfür würden knapp 75.000 Euro fällig.
Da nach wie vor auch analoge Bauanträge gestellt werden könnten, sei die Einrichtung einer Scanstelle erforderlich, wodurch Mehrkosten entstünden, so Booß und: „Die zukünftige Arbeitsweise wird in den ersten Jahren eine deutliche Mehrbelastung für die Bauaufsicht darstellen.“ Das System sei einzurichten, Mitarbeiter einzuarbeiten. Nötig sei in der Übergangszeit auch eine doppelte Aktenführung. Und: Die Bauaufsicht habe aktuell einen Aktenbestand von circa zwei Kilometern Länge. Digitalisiert davon sei nichts.