Mülheim. Trotz Beschränkungen sind viele Senioren unterwegs. Der Einkauf sei oft der einzige soziale Kontakt, erklärt die Mülheimer Awo-Vorsitzende.
Der Ton in der Corona-Krise wird härter: Viele junge Menschen beschweren sich über Senioren, die trotz des Risikos weiterhin draußen unterwegs sind, einkaufen oder spazieren gehen. Elke Domann-Jurkiewicz, Mülheimer Awo-Vorsitzende und Leiterin des Beratungs- und Servicezentrums für Senioren (BuSS), wirbt für Verständnis.
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„Viele Menschen scheinen zu unterschätzen, wie sehr Senioren in diesen Zeiten vereinsamen“, erklärt sie. „Die meisten älteren Damen und Herren sind normalerweise sehr aktiv, arbeiten ehrenamtlich in Krankenhäusern, organisieren Treffen, hüten die Enkel oder besuchen Veranstaltungen. Das fällt jetzt alles weg.“ Der Lebensinhalt vieler Senioren sei Gemeinschaft - ob in Häusern der Kirche oder Organisationen wie der Awo. „Seit Corona ist für die Senioren oft jeder soziale Kontakt einfach weg, ich habe schon Angst um die Psyche dieser Menschen.“
Angst um die Psyche vieler älterer Menschen
Denn die meisten Senioren seien alleine, da der Ehepartner verstorben ist. Mit neuen Lebensgefährten würden Ältere nur selten zusammenleben und sich strikt an die Regeln halten, sich nicht zu treffen. „Da bleibt oft nur der Wocheneinkauf oder ein Spaziergang, um überhaupt einmal unter Menschen zu kommen und ein paar Worte zu wechseln“, meint Domann-Jurkiewicz.
Die Vorwürfe der Jüngeren findet sie unberechtigt. „Glauben diese Leute denn wirklich, dass die Senioren krank werden wollen? Sie haben selbst großen Respekt und Angst vor Corona. Aber die Psyche spielt da eine große Rolle. Da vermischt sich Einsamkeit und der Wunsch nach etwas Freiheit.“
Es braucht Zeit, um Vertrauen zu Helfern aufzubauen
Dass bisher nur wenige Senioren die Hilfsangebote zum Einkaufen wahrnehmen, ist für sie schnell erklärt: „Immer wieder sagen wir oder auch die Polizei den Senioren, dass sie aufpassen sollen, damit sie nicht auf Trickbetrüger oder andere hereinfallen. Und jetzt auf einmal sollen sie fremde Leute in die Wohnung lassen, die ihnen von irgendwoher Lebensmittel mitbringen? Das klappt nicht. Es braucht Zeit, um Vertrauen aufzubauen.“
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