Mülheim. In Mülheim sind die Corona-Zahlen schon lange konstant. Woran das liegt und warum die Stadt ihre Testkapazitäten nicht ausschöpft: Eine Analyse.
Während es in anderen Städten immer wieder stärkere Anstiege gab, hält sich in Mülheim die Zahl der Corona-Infizierten seit rund vier Wochen verhältnismäßig konstant. Woran liegt das? Was macht Mülheim anders als umliegende Städte? Ein Blick hinter die Zahlen.
Es war der 11. März, als Mülheim seine ersten vier Covid-19-Infizierten bestätigte. Zwei Paare, die aus Südtirol zurückgereist waren, brachten das Virus mit. Heute, knapp sechs Wochen später, liegt die Zahl der Erkrankten bei 44, den Höchststand erreichte sie mit 56 am 4. April. Die Zahl der Neuinfizierungen an einem Tag war mit neun am 9. April am höchsten. Seitdem steigt die Summe der Genesenen kontinuierlich an, lag am Sonntagabend bei 95.
Corona: Bislang nur ein Mülheimer Seniorenheim mit Infizierten
Der 26. März hätte ein negativer Wendepunkt sein können: An dem Donnerstag meldete das Seniorenheim „Wohnen im Alter“ im Theodor-Fliedner-Dorf drei erkrankte Bewohnerinnen. In anderen Städten hatten Ausbrüche in Altenheimen oft zu einem rasanten Anstieg der Fallzahlen geführt. Nicht so in Mülheim.
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Die Fliedner-Stiftung lagerte die Seniorinnen samt ihrem Pflegepersonal in ein Ratinger Krankenhaus aus, die Stadt ließ das komplette Personal und alle Bewohner der Einrichtung testen. So konnte ein möglicher großflächiger Ausbruch verhindert werden. Genauso verfährt das Gesundheitsamt nun im Fall der Infizierten Pflegerin im Wohnstift Uhlenhorst.
„Die Heime sind gut aufgestellt und haben alle einen guten Hygieneplan“, sagt Frank Pisani, Leiter der Abteilung für Infektionsschutz und Umweltmedizin. Das Gesundheitsamt sei in engem Kontakt mit den Einrichtungen, die auf solche Szenarien – zum Beispiel die Ausbreitung des Norovirus – gut vorbereitet seien.
Mehrheit der aktuell Infizierten ist zwischen 40 und 60 Jahren alt
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Es sind also nicht überwiegend die Senioren, die erkrankt sind. Bei den aktuell positiven Fällen ist die Mehrheit (18) zwischen 40 und 60 Jahren alt. Lediglich fünf Erkrankte sind älter als 80 Jahre. Waren die Infizierten zu Beginn vor allem Skiurlaubsrückkehrer aus Südtirol und Österreich, seien es nun Menschen aus allen Lebensbereichen, sagt Pisani. „Vermehrt haben sich in letzter Zeit Menschen aus dem medizinischen Bereich infiziert.“
Das seien vor allem Mülheimer Bürger, die in anderen Städten arbeiteten – von der Altenpflegerin, die sich bei einer Kollegin angesteckt hat, bis zur Ärztin, die sich in der Notaufnahme bei einem Patienten infiziert hat. Der sei wegen etwas anderem eingeliefert worden – Covid-19 war nur der Nebenbefund, der erst später entdeckt wurde.
Stadt Mülheim schöpft Testkapazitäten nicht aus
Die Stadt hatte ihre täglichen Testkapazitäten im Laufe der Corona-Krise immer weiter gesteigert, zuletzt auf 300. Ausgeschöpft werden sie aber lange nicht: „Im Durchschnitt rechnen wir im Diagnosezentrum mit etwa 60 bis 80 Bürgern“, sagt Pisani. Warum nicht mehr Menschen testen, um sie so schnell isolieren zu können? „Die Test geben eine trügerische Sicherheit“, sagt Pisani. Wer heute getestet wird, kann sich morgen schon woanders anstecken. „Es ist nur eine Momentaufnahme.“
Hinzu komme, dass beim völligen Ausschöpfen der Kapazitäten keine Möglichkeiten mehr blieben, in Ernstfällen zu reagieren. „Aufgrund der Zunahme der Infektionen im medizinischen Bereich müssen wir eine gewisse Anzahl von Tests vorhalten um zeitnah auf Ausbrüche in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen reagieren zu können.“
Dashboard zu Corona-Zahlen
Die Stadt hat im Zuge der Corona-Krise ein digitales Dashboard erstellt, auf dem sie Zahlen und ihre Entwicklungen präsentiert. Es ist auf der Seite der Stadt zu finden: muelheim-ruhr.de/corona.
Die Zahlen des Gesundheitsamtes laufen dort automatisch ein und werden alle sechs Stunden aktualisiert. Zu sehen sind sowohl die Gesamtfälle als auch die Neuinfizierten und die Genesenen. Außerdem wird die Altersstruktur dargestellt.
Wiederaufnahme Schulbetrieb: Lehrer und Erzieher testen
Allerdings sind die Schwellen niedrig, um getestet zu werden. Schon wer sich nicht wohlfühlt, wird abgestrichen. So soll auch bei der Wiederaufnahme des Schulbetriebs und der Kitas verfahren werden: Lehrer und Erzieher können sich dann schon bei leichten Symptomen schnell testen lassen. In weniger als 24 Stunden gibt es das Ergebnis.