Mülheim. Corona: In einer Woche sollen Mülheims Prüflinge wieder in Schulen unterrichtet werden können. Wie Schuldezernent Marc Buchholz die Lage sieht.
Mülheims Schulverwaltung und die weiterführenden Schulen werden alle Hände voll zu tun haben, sich auf die Öffnung der Schulen für (Fach-)Abiturienten und Zehntklässler schon in der nächsten Woche vorzubereiten. Mülheims Schuldezernent Marc Buchholz stellte sich dazu im Interview.
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Jetzt soll es an NRW-Schulen doch früher wieder losgehen, als es die Bundesregierung mit dem 4. Mai vorgeschlagen hatte. Halten Sie den NRW-Sonderweg nicht für überhastet angesichts der vielen offen Fragen hinsichtlich Organisation und Infektionsschutz?
Marc Buchholz: Die noch offen organisatorischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem vom Land vorgelegten Zeitplan ergeben, sollen am kommenden Montag mit Schulleitungs-Vertretern aller Mülheimer Schulformen und der Schulaufsicht erörtert werden. Erst auf dieser Grundlage sollen weitere Entscheidungen getroffen werden. Hinsichtlich des Infektionsschutzes wollen wir uns an den Vorgaben des Robert-Koch-Institutes orientieren.
Freitagmorgen Telefonschalte mit Ministerium
Der Sonderweg der NRW-Landesregierung sah zunächst gar vor, dass Prüflinge schon ab kommenden Mittwoch wieder die Möglichkeit haben sollten, sich in ihren Schulen auf ihre jeweiligen Abschlussprüfungen vorzubereiten. Am Donnerstag dann verlängerte die Schulministerin die Karenzzeit bis Donnerstag nächster Woche, darüber hinaus spreche das Ministerium mittlerweile von Freiwilligkeit, so Schuldezernent Marc Buchholz.
„Es ist ein dynamischer Prozess“, erwartet Buchholz weitere Konkretisierungen seitens des Landes. Schon am Freitagmorgen um 11.30 Uhr sind die Schuldezernenten der NRW-Kommunen zu einer weiteren Telefonkonferenz mit dem Schulministerium bestellt.
„Wir haben noch keine Rückmeldung der Schulen, welche Lerngruppen dort noch geplant werden“, sagte Buchholz. Eine offene Frage ist auch, wie der Schülertransport gewährleistet werden soll. Dazu kündigte Buchholz Gespräche mit Ruhrbahn-Vorstand Uwe Bonan an.
Noch mal die Frage: Ist der NRW-Sonderweg überhastet?
Nein, das wird sich rausstellen nach den Gesprächen mit den Schulleitungen am Montag. Ich denke, dass es von Schule zu Schule unterschiedlich bewertet wird. Ziel ist es, dass Prüflinge noch Lernstoff nacharbeiten und ihnen offene Fragen beantwortet werden können. Wenn die Schulen uns am Montag sagen, wir können starten, haben die Schüler wertvolle Tage der Vorbereitung gewonnen.
Glauben Sie, die Gesundheit aller Beteiligten in den Schulen gewährleisten zu können?
Nach Aussage des Gesundheitsamtes wird es mit der Öffnung von Systemen, sei es nun Schule, Kita oder auch die Geschäftswelt, zwangsläufig auch dort zu Neuinfektionen kommen. Schutzmaßnahmen aus dem Hygienebereich sollen dies so weit wie möglich verhindern, können aber keinen hundertprozentigen Schutz garantieren.
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Die Stadtverwaltung hat die Schulen unlängst aufgefordert mitzuteilen, wie sie sich im Hygieneschutz aufgestellt sehen. Was ist da noch zu tun, schließlich gab es schon vor der Corona-Krise Klagen über unhaltbare Zustände auf Schultoiletten?
Wir erwarten noch die letzten Rückmeldungen aus den Schulen und werden diese zur Bewertung an den Immobilienservice und das Gesundheitsamt weiterleiten. Dort, wo es nach den bisherigen Hygieneplänen Nachbesserungsbedarf gibt, werden wir dies tun. Die oft beschriebenen Situationen der Schultoiletten sind aus meiner Sicht weniger auf Reinigungsmängel des Schulträgers zurückzuführen, sondern haben ihre Ursache auch im Nutzerverhalten. Der schlechte bauliche Zustand einiger WC-Anlagen in Schulen kann sicherlich nicht mit der Diskussion über Maßnahmen im Zuge der Pandemiebekämpfung verknüpft werden. Nach Informationen aus dem medizinischen Bereich des Krisenstabes ist die WC-Nutzung nämlich kein bislang bekannter, typischer Übertragungsweg für das Coronavirus.
Welche besonderen Reinigungsstandards können Sie garantieren?
Wir reinigten auch bereits vor Schließung der Schulen nach einem mit dem Gesundheitsamt abgestimmten Standard. Der Städtetag bemüht sich derzeit, dass das Land einen landeseinheitlichen Mindeststandard vorgibt.
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Nehmen wir mal an, eine Reinigung zweimal am Tag wäre notwendig, wie es der VBE-Stadtverband einfordert: Hätte die Stadt überhaupt das hierfür notwendige Reinigungspersonal zur Verfügung?
Nein. Ich weiß nicht, wo die Forderung herrührt, dass zweimal am Tag gereinigt werden müsste. Mein Vorschlag wäre zu fragen, welche Räumlichkeiten tatsächlich genutzt werden. Wenn Sporthallen und bestimmte Fachräume nicht genutzt werden, dann muss ich sie auch nicht reinigen und kann die Reinigungsstandards in den genutzten Räumen erhöhen – vielleicht. Das kann nur der Immobilienservice beurteilen, der am Montag mit am Tisch sitzt.
Mülheims Schulen sind sehr vielfältig: Manche sind stark sanierungsbedürftig, andere zurzeit Großbaustelle, wieder andere müssen aufgrund der Raumnot auf Unterricht in Containern ausweichen. Was bedeutet das für Ihre Planungen – insbesondere auch mit Blick auf den 4. Mai, wenn auch alle Viertklässler wieder die Grundschulen besuchen sollen?
Nach den bisherigen Planungen werden ja auch ab dem 4. Mai lange noch nicht alle Schüller wieder die Schule besuchen. Welche Raumplanungen die Schulen uns mit Blick auf Klassenteilungen vorlegen, werden wir im Gespräch mit Schulleitungsvertretern am kommenden Montag erfahren.
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Können Sie schon sagen, wie viele Lehrer zur Risikogruppe gehören und für einen Schulbetrieb nicht zur Verfügung stehen werden?
Da es sich um Personal des Landes handelt, habe ich bislang noch keine Daten hierüber vorliegen. Auch das wird Thema des Gesprächs am Montag sein.
Gibt es für Sie ein Limit für die Größe von Lerngruppen?
Meines Wissens gibt es noch keine vom Land hierzu erlassenen Vorgaben.
Welche besonderen Herausforderungen sehen sie für einen Ganztagsbetrieb? Es gibt ja auch Schulen, in denen die Ganztagsbetreuung auch in Klassenräumen stattfindet.
Auch hierzu müssen wir in die Diskussion mit den Schulen einsteigen. Dies wird eine Frage sein, die sich an Alter und Einsichtsfähigkeit der Kinder und der pädagogischen Anleitung durch die Lehrerschaft orientieren wird.
Noch mal der Blick auf nächsten Donnerstag, wenn Zehntklässler und angehende (Fach-)Abiturienten wieder für Prüfungsvorbereitungen in die Schulen kommen sollen. Sehen Sie die Möglichkeit für eine Schule, darauf zu verzichten und lediglich die Prüfungstermine selbst abzuhalten?
Auch hierzu werden wir am Montag mit den Schulen und insbesondere der Schulaufsicht diskutieren müssen. Über die Ergebnisse werden wir dann in der nächsten Woche informieren.
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Ein Spezialfall ist sicher die Rembergschule, oder?
Ja, dort haben wir viele Schwerstmehrfachbehinderte, die zum Teil auch pflegebedürftig sind. Da hier im Zusammenhang mit pflegerischen Tätigkeiten höhere Standards anzusetzen sind, hat heute ein Termin mit Gesundheitsamt, Immobilienservice und Schulverwaltung stattgefunden. Es wurde vereinbart, zusätzliche Schutzmaßnahmen für Pflegekräfte zu ergreifen. Wir wollen versuchen, über eine zentrale Beschaffung bei der Feuerwehr nun diese dafür benötigten Materialien zu erhalten: Schutzkittel, Handschuhe usw.
Eltern, Schüler, Lehrer und andere in der Schule Tätigen sind stark verunsichert, wenn nicht gar fassungslos ob des Tempos, das die Landesregierung nun vorgibt. Was sagen Sie denen?
Bereits der heutige Tag hat gezeigt, dass alle am Schulleben Beteiligten drängende Fragen haben. Mit einem wiederholten Verweis auf das Gespräch am Montag werden wir viele Antworten und Informationen erst in der nächsten Woche geben können.
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Die Stadt will Eltern, Lehrer und Schüler gesondert mit Informationen zum Schulalltag unter Corona-Bedingungen versorgen. Etwa stehe man zur Ansprache von Schülern in Kontakt mit einem Influencer und Hip-Hopper, hieß es. Wann soll die Kampagne ausgerollt werden.
Auch hierzu hoffen wir in der nächsten Woche mehr mitteilen zu können.
Was verursacht die Wiederinbetriebnahme der Schulen für Kosten?
Ohne Corona-Krise hätten wir einen durchlaufenden Schulbetrieb mit seinen im Haushalt zur Verfügung stehenden Mitteln gehabt. Es ist zu früh, bereits jetzt über entsprechende Kostenauswirkungen zu berichten, da nicht bekannt ist, wie lange die Maßnahmen noch aufrechterhalten werden müssen, etwa die Notbetreuung, und welche Standards vom Land noch gesetzt werden.