Schrittweise sollen auch Mülheims Schulen wieder öffnen. Nach der Entscheidung von Bund und Ländern sind noch viele Fragen zu klären. Der Stand.

Das dürfte für Aufatmen bei vielen Beteiligten sorgen: Die Schulen sollen erst ab dem 4. Mai wieder schrittweise geöffnet werden. Mit dieser Kulanzzeit, die als Ergebnis aus den Beratungen von Bund und Ländern bekannt ist, hatte Mülheims Schuldezernent Marc Buchholz noch am Mittwochmittag nicht gerechnet. Seine Hoffnung war, dass den Schulbehörden und Schulleitungen zumindest zu Beginn der kommenden Woche noch ein, zwei Tage Zeit gelassen würde, um den Schulbetrieb wieder schrittweise in Gang zu setzen. Ministerpräsident Armin Laschet hatte bekanntlich damit geliebäugelt, direkt nach den Ferien wieder zu starten.

Schuldezernent sieht „noch eine Menge Fragen offen“

Jetzt ist die schrittweise Öffnung nach ersten Meldungen erst ab dem 4. Mai vorgesehen. „Vorsicht“, sagt aber Buchholz nach einer Telefonschalte am Mittwochabend mit den NRW-Schuldezernenten und Vertretern des Städtetages. „Uns ist nicht klar, wie der Satz ausgelegt wird.“ Möglich sei, dass prüfungsrelevante Jahrgänge auch früher wieder in die Schulen zurückkehren sollen, so Zehntklässler, Abiturienten und Absolventen der Berufskollegs. Bis Donnerstagmorgen erwarte er zu dieser Frage eine Klarstellung seitens der Landesregierung.

Diese folgte noch am Abend durch Ministerpräsident Armin Laschet via Videoansprache: Schüler, die dieses Jahr ihren Schulabschluss machen, sollen schon ab nächster Woche für Prüfungen oder Vorbereitungen darauf zur Schule gehen können.

Buchholz kündigte an, schon am Donnerstag damit zu beginnen, sich mit den Schulleitungen abzustimmen, wie konkrete Regelungen umzusetzen sein könnten. „Nicht klar ist etwa auch, wie viele Lehrkräfte den Schulen überhaupt zur Verfügung stehen“, so der Dezernent mit Blick auf Lehrer, die zur Risikogruppe zu zählen sind. „Es ist noch eine Menge Fragen offen.“

Abfrage der Hygienestandards an den Schulen läuft

Etwa auch die, die auf Grundschulen zukommen könnte, wenn neben der Notbetreuung in den Klassen 1 bis 3 die Viertklässler ab Anfang Mai wieder in den Schulen unterrichtet werden sollen, um ihnen vor dem Wechsel zur weiterführenden Schule noch Stoff zu vermitteln. Ob es möglich sein werde, etwa 15er-Lerngruppen zu bilden, sei mit den räumlichen Kapazitäten einer jeden Grundschule abzugleichen, so Buchholz.

Aktuell läuft eine Abfrage an den Schulen, wie sie sich in puncto Hygienestandards aufgestellt sehen. Erste Rückläufe lägen vor, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Schon vor Wochen habe die Verwaltung Toilettenpapier, Papierhandtücher, Seife und Desinfektionsmittel (für die Sanitärräume) auf Vorrat angeschafft. „Wir glauben, dass die Hygienebedingungen an den meisten Schulen in Ordnung und nur noch Kleinigkeiten zu machen sind“, so Wiebels mit dem Verweis auf die Einschätzung von Immobilienservice und Schulverwaltung.

Einen Appell richtete Schuldezernent Buchholz noch am Abend an die Eltern der Schüler. Zwar werde es, wohl aus Gründen der Verfügbarkeit, keine Maskenpflicht an den Schulen geben. Doch sollten Eltern die bleibende Zeit nutzen, ihre Kinder mit Masken zu versorgen. Es sei ihnen zu empfehlen, im Zweifel welche selbst herzustellen. Anweisungen gebe es im Netz, es sei „kein Hexenwerk“.

VBE-Stadtverband weist auf viele offene Fragen hin

Für den Mülheimer Verband Bildung und Erziehung (VBE) machte die Vorsitzende Anja Güngör schon im Vorfeld der Entscheidung deutlich, welchen organisatorischen Aufwand ein wie auch immer gearteter Wiedereinstieg in den Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen bedeuten wird. Insbesondere sei viel zu tun, die hygienischen Voraussetzungen zu schaffen.

Beispiel Händewaschen: Zig Schüler müssten sich die wenigen Waschbecken in Klassen- und WC-Räumen teilen. Güngör gibt zu bedenken, dass es die Corona-Pandemie nötig mache, all jenes in gebotener Häufigkeit gründlich zu säubern, mit dem Schüler und Lehrer in Kontakt kämen. Ist dafür überhaupt das Reinigungspersonal da?, fragt sie. Beispiel Pausen: Auch wenn man sie zeitversetzt für Schülergruppen organisiere und mehr Aufsichtspersonal stelle, werde es schwierig sein, auf die Einhaltung der Abstandsregeln zu achten.

VBE-Vorsitzende: „Es sind sehr viele kleine Rädchen zu drehen“

Beispiel Räumlichkeiten: Zahlreiche Schulen hätten ohnehin Raumnot, als dass sie jetzt noch zahlreiche Klassen in kleinere Lerngruppen unterteilen könnten. Beispiel Lehrpersonal: Die Personaldecke sei an den meisten Schulformen ohnehin dünn. Wenn auch noch Lehrkräfte nicht einzusetzen seien, weil sie der Corona-Risikogruppe angehören, gebe es auch hier Grenzen.

„Eine Mangelverwaltung“ sei nötig, und jetzt: „ein Vorlauf von mindestens einer Woche“, der den Schulen Luft gebe, vernünftig zu planen. Um die Hygiene sicherzustellen, neue Strukturen zu schaffen, Kollegen und Schüler vor Ansteckungsgefahren zu schützen, Eltern zu informieren und aufzuklären. „Es sind sehr viele kleine Rädchen zu drehen“, so Güngör.

Schulleiter und Lehrer fassungslos über Laschets ursprünglichen Pläne

Am Abend zeigte sie sich erleichtert, dass es erst am 4. Mai so weit sein soll. Mit dem gegebenen Vorlauf habe der Schulträger nun die Möglichkeit, die dringend nötigen Voraussetzungen zu schaffen, um die Gesundheit aller an den Mülheimer Schulen Beschäftigten, der Schüler und deren Familien bestmöglich zu schützen.

Allein der Umstand, neue Stundenpläne erarbeiten zu müssen, bereitet manch einer Mülheimer Schulleitung Kopfzerbrechen. Es gebe so viele Baustellen, die vor einem Schulstart abzuräumen seien, dass die Vorbereitungszeit darauf nicht zu knapp bemessen sein dürfte, äußerten sich mehrere Schulleiter, die sich allerdings allesamt nicht namentlich äußern wollten, noch am Mittwochmorgen und -mittag.

Sie gaben sich da sehr skeptisch gegenüber den ursprünglichen Signalen der Landesregierung, schon am kommenden Montag wieder in den Schulbetrieb einsteigen zu wollen. In sozialen Netzwerken hatten sich Mülheimer Lehrer mitunter fassungslos gezeigt über die Eile, die Ministerpräsident Laschet zuvor vorgegeben hatte.