Mülheim. Wie gelingt der Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung? Und was hilft gegen die Langeweile zu Hause? Mülheimer Pädagoginnen geben Tipps.
Mülheim ist im Entschleunigungsmodus dank Corona. Doch nicht allen fällt der Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung leicht - vor allem, wenn sich die Kleinen zu Hause langweilen. Die Mülheimerinnen Hanna Schenk und Beate Konze geben Tipps aus der eigenen Praxis und der Pädagogik, wie man beides unter einen Hut bekommt.
Hanna Schenk, Redakteurin im Verlag an der Ruhr und Mutter von drei Kindern, arbeitet gerade selbst im Homeoffice: „Ich fange jetzt immer schon um 6 Uhr mit meiner Arbeit an. Nach und nach werden die Kinder dann wach und setzen sich zu mir an den Tisch und machen ihre Aufgaben. Bis alle wach sind und wir gemeinsam frühstücken, habe ich im Idealfall schon drei Stunden geschafft.“
Lernen, wie man mit Notsituationen umgeht
Die verordnete Entschleunigung fällt vielen Erwachsenen schwer. Schenk rät dazu, Besonnenheit und Geborgenheit zu vermitteln: „Die Kinder werden sich vermutlich ihr Leben lang an diese Zeit erinnern, wie es sich zuhause angefühlt hat. Sie lernen jetzt von uns, wie man mit Notsituationen umgeht.“
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Für Bewegung sorgen
Meine Kinder haben sich einen Parcours im Garten ausgedacht, bei dem muss man unheimlich viel rennen, Klimmzüge und Kniebeugen machen und ähnliche Dinge. Bei schlechtem Wetter oder wenn man keinen Garten hat, geht das natürlich auch im Haus. 10 Hampelmänner, dann eine Rolle vorwärts und dann auf einem Bein „O du Fröhliche“ singen und so weiter.
Richtige Projekte planen
Meine älteste Tochter ist im Video-Dreh-Fieber. Da gibt es eigene kleine Schul-Tutorials für die kleine Schwester (Homeschooling halt), Stop-Motion-Filme aus Lego und ähnliches. Ich finde, eigene Videos zu drehen ist eine super Möglichkeit, etwas mit digitalen Medien zu machen und trotzdem kreativ zu sein. Bei etwas älteren Kindern ergeben sich in einem solchen Projekt so viele Aufgaben, die lange beschäftigt halten: Drehbuch schreiben, Kostüme ausdenken, viele, viele Fotos machen, Musik dazulegen, dann zusammensetzen und schneiden etc… Und ohne Schule und Hobbys ist dafür endlich mal genug Zeit.
Austausch ermöglichen
Obwohl sie noch kein Handy hat, haben wir meiner Tochter jetzt einen Messenger runtergeladen. Sie ist so glücklich, wenn sie mit ihren Freundinnen chatten oder telefonieren kann. Unsere Nachbarn haben den Kindern Walkie-Talkies geschenkt, das finde ich auch super.
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Anreize für die Schulaufgaben
Meine Kinder dürfen alle 2 x 30 Minuten am Tag Computerspiele spielen, dazwischen erledigen sie ihre Aufgaben und fassen auch mal im Haushalt mit an, weil sie unbedingt wieder an den Computer möchten.
Fotoalben erstellen
Man kann selber ausmisten und z.B. Fotos sortieren oder endlich die Fotoalben bekleben, die man immer schon mal machen wollte, das finden Kinder toll und man kann super Gespräche führen – über die Zeit, in der sie Babys waren. Aber auch ältere Fotos und Gespräche über ihre Vorfahren finden Kinder toll.
Bücher tauschen
Die Bücherei hatte leider schon geschlossen, als mein Sohn Tintenblut ausgelesen hat. Zum Glück hat mein Bruder den dritten Band der Trilogie zuhause gehabt. Jemandem etwas auf die Türschwelle legen, geht ja auch bei Kontaktverbot noch. So können wir Bücher austauschen, wenn der Lesestoff ausgeht.
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Weiches Ballspielen
Das haben meine Kinder sich selber ausgedacht: Weil Fußballspielen im Haus zu laut und zu gefährlich ist, setzen sie sich auf den Boden, jeder hat ein eigenes Tor und geworfen wird nur mit einem Kuscheltier. Manchmal gibt es dabei noch ein Schweinchen in der Mitte. Das ist einigermaßen leise, bringt ein bisschen Bewegung und führt zu lautem Lachen – was ja grundsätzlich nie eine schlechte Idee ist.
Kleine Skulpturen aus eingeweichten Erbsen kneten
Beate Konze leitet das Evangelische Familienzentrum Lindenhof in Saarn, das zur Ev. Kirchengemeinde Broich-Saarn gehört. Sie weiß, was bei Kita-Kindern gegen die Langeweile hilft, und gibt Eltern Tipps:
Zum Beispiel können Kinder mit ihren Eltern Knete selber herstellen (Rezept siehe Info). Auch können Kinder kleine Skulpturen herstellen aus Zahnstochern und Knetkügelchen oder eingeweichten Erbsen. Wer mit Kreppband Straßen durch die Wohnungen legt, kann Auto- und Busfahren spielen.
Für kreative Köpfe ist ein selbstgemachtes Memorie-Spiel spannend - dies lässt sich selber malen oder mit Fotos von Freunden und Familie herstellen. Einfach Fotos doppelt ausdrucken, ausschneiden und auf ausgeschnittene Pappkarten (z-B. aus alten Kartons) kleben.
Dosentelefone bauen oder gemeinsam "Hände waschen" singen
Ebenso beliebt: Ein Dosentelefon bauen oder Aktionstabletts immer wieder neu bestücken, etwa mit Sand, allerhand Schätzen wie Schmucksteinen oder Münzen. Haushaltsgegenstände wie Löffel, Kellen oder Rechen können dabei zu Ausgrabungswerkzeugen werden.
Und sicherlich ganz aktuell gibt es das Lied "Hände waschen, Hände waschen" auf YouTube zum Mitsingen.Vielleicht sollten Eltern einfach darüber nachdenken, was sie als Kinder so gerne gespielt haben. Daran haben ihre Kinder heute sicher genauso gefallen wie sie damals.
INFO:
- Um Knete für Kinder selbst herzustellen, braucht man 400g Mehl, 200g Salz, 2 EL Zitronensäure oder 2 TL Weinsteinsäure, 500ml kochendes Wasser, 3 EL Speiseöl und bunte Lebensmittelfarbe.
- Alle Zutaten nach und nach in eine große Schüssel geben und das Ganze mit einem Handrührgerät gut durchmixen. Anschließend die Masse mit den Händen zu einem geschmeidigen Teig kneten, danach mit Lebensmittelfarbe einfärben.
- Wenn man die Knete luftdicht verpackt, hält sie etwa ein halbes Jahr. Die gekneteten Figuren lassen sich auf Wunsch auch dauerhaft haltbar machen. Dafür sollten sie circa eine Woche auf der Heizung trocknen und anschließend – je nach Dicke – 30 bis 60 Minuten bei 150°C im Backofen gebacken werden.