Mülheim. Fake-Bewertung auf Google: Etliche Restaurants geben an, bereits zu unrecht negativ bewertet worden zu sein. Wie Mülheimer Gastronomen reagieren.

Sie nennen sich tante tante, Xenos oder Clown World – und sie schreiben Online-Kritiken über Restaurants. Nicht immer gute. Und da liegt für so manchen Mülheimer Gastronom der Hase im Pfeffer: „Mancher scharfer Kritiker war nie Gast bei uns“, kennt Jörg Thon, Chef im Mülheimer Ratskeller, die Tücken von Bewertungen auf Google und Co – Fake News.

550 Gastronomen und Hoteliers befragte der Landesfachverband Dehoga zu ihren Erfahrungen mit Online-Rezensionen. Darunter auch einige Mülheimer Restaurants. Rund 78 Prozent aller Befragten gaben an, schon einmal ungerechtfertigt negativ beurteilt worden zu sein. Mancher sogar häufiger. „Online-Bewertungen können Fluch und Segen zugleich sein. Sie geben unseren Gästen die Möglichkeit, ihre Einschätzung abzugeben, was eine wichtige Information für den Betrieb sein kann. Allerdings kommt es auch zu ungerechtfertigten Bewertungen bis hin zu Beleidigungen oder Drohungen“, sagt Bernd Niemeier, Präsident des Dehoga NRW.

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Unter den Befragten haben auch Mülheimer Gastronomen mitgemacht

Niedrige und damit negative Werte haben Mülheimer Restaurants selten. Google-Bewertungen mit 4 und mehr Sternchen sind die Regel. Große Unterschiede aber gibt es bei der Zahl der Online-Kritiken: Auf satte 1156 kommt etwa das Alex, Franky’s Wasserbahnhof sogar auf 1369 – für Bernd Riegger, Geschäftsführer von gut 44 bundesweiten Alex-Betrieben, sind Online-Bewertungen das Brot und Butter für den Betrieb.

„Jede Kritik tut weh“: Geschäftsführer Tobias Volkmann (l), Sandra Volkmann und Richard Reichenbach setzen auf persönliche Ansprache bei Beschwerden.
„Jede Kritik tut weh“: Geschäftsführer Tobias Volkmann (l), Sandra Volkmann und Richard Reichenbach setzen auf persönliche Ansprache bei Beschwerden. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Denn Google, Trip Advisor und soziale Medien werden viel gelesen und auch immer wichtiger, ist Riegger überzeugt. Denn eine Bewertung gerade eines Laien klingt authentisch, wird oft als ,ehrlicher’ angesehen als professionelle Urteile. Zwei Mitarbeiter beschäftigt die Systemgastronomie deshalb inzwischen, um auf Kritik und Lob zu antworten.

Das sieht manchmal so aus: „Von 12 Bestellungen haben 3 Personen ihre Bestellung vollständig und rechtzeitig mit allen anderen erhalten. Das Essen hat geschmeckt, was die zwei Sterne ausmacht. Bei den restlichen Bestellungen kam es leider zu Verspätungen“, schreibt Besucher Kai. Die Antwort: „Lieber Kai, vielen lieben Dank für deine Rückmeldung. Wir können deine Verärgerung über die lange Wartezeit sehr gut nachvollziehen. Wir möchten uns deswegen im Namen des gesamten Teams bei euch entschuldigen. Wir würden uns freuen, wenn wir eine zweite Chance bekommen und wir bei eurem nächsten Besuch wieder mit dem schnellsten und besten Service punkten können.“

Mancher nutzt negative Online-Bewertungen, um Gutscheine herauszukitzeln

So will das Alex eine Bindung zum Kunden aufbauen, „wenn wir jemanden persönlich ansprechen und zurückholen können, der schlechte Erfahrung gemacht hat, ist er künftig oft ein treuer Kunde“, glaubt der Geschäftsführer. Antworten lohnt sich also, und für die harten Fälle rückt man auch mal Gutscheine raus – wobei: „Es kommt schon vor, dass jemand mit schlechter Kritik versucht, einen Gutschein zu bekommen“, räumt Riegger ein.

Gastronom wirbt für mehr Gelassenheit mit Online-Kritik

Jörg Thon, der seit 27 Jahren den Ratskeller betreibt und Vorsitzender der Dehoga in Mülheim ist, rät zu mehr Gelassenheit im Umgang mit Online-Kritiken – auch den Kunden: „Jeder sollte sich selbst ein Bild von einem Restaurant machen.“

Das Problem der „Fake-News“ kennt auch er: „Manchmal lache ich mich auch kaputt. Wir hatten einen Fall, da hat sich jemand beschwert, weil er angeblich Rumpsteak bestellt und ,Filet’ bekommen haben soll. Es zeigte sich, dass derjenige die gleiche Kritik bei etlichen Restaurants geschrieben hat. Ich habe ihm geantwortet, dass wir fürs Filet noch etwas nachberechnen müssen.“ Ein Scherz des Gastronomen, denn „der war natürlich nie bei uns Gast“, vermutet Thon.

„Jede Kritik tut weh, wenn man Gastronomie mit Herzblut betreibt“, beschreibt Tobias Volkmann das Dilemma. Der Geschäftsführer vom nicht nur in Mülheim bekannten Franky’s Wasserbahnhof kennt natürlich auch die Schattenseiten der Online-Werbung. „Ich bin kein großer Freund von Google und Co., weil man den Gast ja nicht greifen kann.“

Gutscheine gegen Negativbewertung verschenkt das Franky’s dennoch bewusst nicht. Lieber ist Volkmann die direkte Ansprache im Restaurant: „Wir haben immer einen Verantwortlichen vor Ort, bei dem man Beschwerden loswerden kann. Dann können wir auch reagieren und etwas verbessern. Denn wir leben auch von Kritik.“