Mülheim. Seit Jahren sind Sportvereine verpflichtet, Führungszeugnisse ihrer Mitarbeiter und Helfer zu prüfen. Viele Clubs in Mülheim hängen noch nach.

Eine Info-Veranstaltung zum Kinder- und Jugendschutz im Sport sorgt für Frust. Das Treffen hatte der Mülheimer Sportbund (MSB) gemeinsam mit der Stadt vor zwei Wochen organisiert. Rund 60 Sportvereine waren eingeladen, lediglich fünf ließen sich blicken.

Nach der schwach besuchten Veranstaltung am 20. Januar verbreitete der MSB eine Mitteilung unter der Überschrift: „Wichtiges Thema - enttäuschende Resonanz“. Auch Sportdezernent Marc Buchholz äußerte seine Unzufriedenheit und erinnerte daran, dass die Vorsitzenden möglicherweise haften müssen, „wenn im Rahmen von Vereinsaktivitäten der Kinder- und Jugendschutz nicht gewährleistet wird“.

Einschlägig vorbestrafte Personen erkennen und ausschließen

Was die Clubs zu tun haben, regelt das Bundeskinderschutzgesetz in der geltenden Fassung von 2012. Sie müssen sich erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen lassen - nicht nur von ihren haupt- oder nebenamtlichen Mitarbeitern, sondern auch von allen ehrenamtlichen Trainern, Helfern, Betreuern, sofern sie älter als 14 Jahre sind. So soll verhindert werden, dass einschlägig vorbestrafte Leute in der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten.

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Zusammen mit dem Kommunalen Sozialen Dienst (KSD) der Stadt Mülheim, dem der Kinderschutz obliegt, wurde eine Vereinbarung formuliert, mit der sich Vereine verpflichten, einschlägig vorbestrafte Personen von der Tätigkeit auszuschließen. Diese Vereinbarung gibt es seit Frühjahr 2015. Der KSD hat sie vor fast fünf Jahren auch allen rund 150 Mülheimer Sportvereinen zukommen lassen. Bis heute hätten aber erst 83 Clubs unterschrieben, teilte der KSD jetzt auf Anfrage mit. Anders gesagt: 67 Vereine sind noch säumig.

Von mehr als 60 Vereinen fehlen noch die Unterschriften

Allerdings, dies gibt Martina Ellerwald, Leiterin des Mülheimer Sportservice, zu bedenken, sind auch einige Vereine darunter, die die Verpflichtung nicht trifft. „Weil sie beispielsweise nur Seniorensport anbieten.“ Aber das ist nur eine kleine Zahl. Rund 60 Vereine, deren Unterschriften noch ausstehen, wurden im Dezember 2019 erneut angeschrieben und zu der Informationsveranstaltung eingeladen. Die allerwenigsten reagierten.

Hier gibt es weitere Infos

Umfangreiche Informationen zum Kinder- und Jugendschutz im Sport gibt es auf der Homepage des MSB in der Rubrik „Service/Downloads“. Auch Anträge und Infoblätter zum Führungszeugnis findet man dort.

Ehrenamtliche in den Sportvereinen bekommen das erweiterte Führungszeugnis kostenlos beim Einwohnermeldeamt.

Immerhin: Diejenigen, die da waren, haben die Vereinbarung unterschrieben. Zu ihnen gehört der Fechtsportverein Mülheim 1999 mit gut 60 Mitgliedern, davon die Hälfte im Kinder- und Jugendalter. Peer Semrau, zweiter Vorsitzender, Trainer und Sportwart, gibt zu, dass sie das Thema bislang vernachlässigt hätten. „Kürzlich hat sich unser Vorstand verjüngt und neu aufgestellt, wir gehen die Sache jetzt an“, sagt der Fechter.

Sportclubs belastet mit immer mehr Bürokratie

MSS-Chefin Martina Ellerwald äußert Verständnis für die vielfältigen Belastungen der Sportclubs, insbesondere der Ehrenamtlichen: „Wir wissen, dass immer mehr Bürokratie auf die Vereine zukommt, mit der einige überfordert sind, etwa die Datenschutzverordnung.“ Doch das Thema Kinder- und Jugendschutz sei einfach zu wichtig. Bestraft wird die Nachlässigkeit der Clubs bislang noch nicht. „Wir haben bis jetzt auf die Einsicht gesetzt“, sagt Ellerwald. „Man könnte aber darüber nachdenken, künftig Zuschüsse von solchen Dingen abhängig zu machen.“ In der Sitzung des Sportausschusses am 3. Februar will die Verwaltung über das Thema Kinder- und Jugendschutz berichten.

Persönlicher Ansprechpartner beim KSD

Beim KSD gibt es einen persönlichen Ansprechpartner für die Sportvereine, Marc Heiderhoff (0208/455-5767, marc.heiderhoff@muelheim-ruhr.de). Er steht auch dann beratend zur Seite, wenn Trainer oder Betreuer sich Sorgen über einzelne Kinder machen, denen es augenscheinlich nicht gut geht. In Einzelfällen sei das schon vorgekommen, heißt es beim KSD. Diese Art von Aufmerksamkeit wünschen sich die Fachleute.