Mülheim. Rund 100 Personen löcherten die Mülheimer Oberbürgermeisterkandidatin mit Fragen. Sie will vermitteln, motivieren, die Stadtentwicklung forcieren.
Aufbruchstimmung bei den Sozialdemokraten. In wenigen Minuten war der Saal der Gaststätte „Heuweg“ mit rund 100 Personen rappelvoll. Jeder wollte Monika Griefahn sehen, die Oberbürgermeisterkandidatin der SPD in spe. Nächste Woche will die Partei sie offiziell nominieren. Griefahn lässt keinen Zweifel daran, dass sie Siegeswillen hat und die Wahl im September gewinnen will.
Auf der öffentlichen Bürgerversammlung der SPD-Ortsvereine auf der linken Ruhrseite, wo die SPD seit Jahrzehnten nur wenige Direktmandate für den Rat ziehen konnte, wollten viele wissen, wo Griefahn steht, was sie ändern für welche Neuerungen sie kämpfen will. Sie beantwortete zahlreiche Fragen, bat um Nachsicht, „weil ich mich in den wenigen Wochen noch nicht überall einarbeiten konnte“. Sie stellte klar: Sie will vermitteln, Kompromisse finden und verwirklichen, was „in fünf Jahren für die Stadt machbar ist“.
Null-Zins-Phase bietet Entwicklungspotenzial
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Griefahn stimmte mit vielen Rednerinnen und Rednern überein, dass die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten an Strahlkraft verloren hat und die Nachbargemeinden sie überholt haben. Um„dem weiteren Verfall“ – wie einige unkten – entgegenzuwirken, „brauchen wir eine Stadtentwicklungsgesellschaft“. Diese könne Grundstücke und Immobilien aufkaufen und sie für neue Wohnungen und Betriebe aufbereiten. „Die Null-Zins-Phase bietet dafür beste Voraussetzungen.“
„Wo soll das Geld herkommen?“ „Mülheim hat schon Schulen und die Feuerwehr verkauft.“ „Die VHS arbeitet im Provisorium.“ „Auf was sollen wir noch verzichten?“ „Wie kommt die Stadt wieder hoch mit diesen Schulden und Schuldigen?“, fragten einige Gäste.
Gebäude in kommunale Hand zurückholen
Dass eine städtische Entwicklungsgesellschaft unabhängig vom Kämmerer und dem Stadt-Etat arbeiten kann, wurde nicht erklärt. Griefahn sieht darin aber die Chance, für Mülheim mehr Steuereinnahmen zu erzielen. „Das hilft doch allen.“
Viele der Besucher bewerten privates Gebäudemanagement als Nachteil. „Gebäude müssen in kommunaler Hand bleiben“, lautete eine Forderung. Dem Vorwurf, die Stadt habe ihre Immobilien verfallen lassen, widersprach eine Sozialdemokratin. „Wir haben in den vergangenen Jahren viele Schulen saniert. Das Programm läuft auch weiter. Alles auf einmal, geht nicht sofort.“
Zweifel an Kompetenz im Rathaus
Manche nutzten die SPD-Versammlung dazu, ihren Frust über Parteien und Stadtverwaltung abzuarbeiten. „Wie wollen Sie Kompetenz und kompetente Führungskräfte ins Rathaus holen?, lautete eine Frage. „Mehr Fortbildung für Beamte und Angestellte“, lautete ein Vorschlag aus dem Publikum, den Griefahn als guten Motivationshelfer sieht. „Motivierte Mitarbeiter bewegen mehr.“
„Wie wollen sie den Bürgerentscheid zur Wiedereröffnung der VHS im Gebäude an der Bergstraße umsetzen? Warum passiert jetzt seit Oktober wieder nichts? Warum wird der Architekt nicht eingebunden?“, fragte ein Mitstreiter der VHS-Initiative.
Stiftung könnte alte VHS sanieren
„Wir können alle Seiten an einen Tisch holen, uns austauschen und Lösungen suchen“, bot Monika Griefahn an. Aber vorher wolle sie sich in das Thema einarbeiten, stellte sie klar. Und ihr Vorschlag: „Vielleicht kann eine Stiftung die Sanierung der VHS übernehmen.“
„Weil die Politik nicht auf die Menschen eingegangen ist, ist aus Mülheim eine Stadt der Initiativen geworden. Das schafft Probleme“, brachte ein Redner die aktuelle Lage auf den Punkt. Mülheim müsse sich mehr um Zuschüsse von Bund und Land kümmern, lautete eine Forderung. Griefahn stimmte dem zu. Da sollte mehr passieren. Wie oft oder selten Busse und Bahnen zukünftig in Mülheim fahren sollen, war für die Linksruhr-Bewohner an diesem Abend gar kein Thema.
Klares Bekenntnis zu Flughafen
„Was macht Monheim besser und Mülheim falsch? Dort sind die Bewohner zufrieden“, rief ein anderer Besucher in den Saal. Eine einheitliche Gewerbesteuer würde unter den Städten das gegenseitige Abwerben von Betrieben beenden.
„Das ist ein hartes Stück Arbeit. Für solche Veränderungen müssen wir die Mehrheiten schaffen“, appellierte Griefahn. Eine klares „Ja“ sagte sie zum Luftschiff Theo und der Weiterentwicklung des Flughafens. Dort gebe es Potenzial für gute Arbeitsplätze.
Umweltschutz ist Bewohnern wichtig
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Mehrere Rednerinnen warfen der Stadtverwaltung vor, Natur- und Umweltschutz nur halbherzig zu verwirklichen. Granulat auf Baumwurzeln würden diese schädigen. Zu wenig Dachbegrünungen und zu viele Steingärten. „Warum achtet da keiner drauf?“ Die Bauordnung biete genug Möglichkeiten. „Man muss sie nur anwenden oder im Rat entsprechende Regeln dazu ergänzen“, antwortete Monika Griefahn.
Knapp zwei Stunden dauerte der Austausch der Positionen. Griefahn schrieb viel mit. „Das sind viele Anregungen für unser Programm.“ Und: „Ich möchte Oberbürgermeisterin für alle werden.“ Mit den Bürgern will sie noch viele Gespräche führen.
In der SPD ist Rückhalt spürbar
In der SPD ist der Rückhalt für Griefahn deutlich spürbar. „Mit so vielen Besuchern hatten wir nicht gerechnet“, sagte Marc Dissel, Vorsitzender des Ortsvereins Saarn, Selbeck, Mintard. „Wir sind auf einem guten Weg“, fügte der SPD-Unterbezirksvorsitzende Rodion Bakum hinzu.