Mülheim. Die Mülheimer Stadtbibliothek spart auf Wunsch der Politik ab diesem Jahr 110.000 Euro pro Jahr ein. Durch Personalkürzung und kürzere Öffnung.
Einer Forderung der Politik zur Haushaltssanierung aus 2017 kommt die Stadtverwaltung nach. Ab 2020, so hatte man damals beschlossen, sollten bei den städtischen Ausgaben für die Bibliothek jährlich rund 110.000 Euro eingespart werden. Dieses Ziel wird erreicht, wie Bibliotheksleiterin Claudia vom Felde jetzt im Kulturausschuss erklärte – und zwar durch drei verschiedene Maßnahmen.
Personelle Besetzung wie andernorts
So habe man 1,6 Stellen gestrichen – die Stellen von zwei Mitarbeiterinnen, die in den Ruhestand gingen, wurden nicht neu besetzt. „Außerdem haben wir In den Stadtteilbüchereien die langen Tage gekürzt. Dienstags, donnerstags und freitags schließen wir bereits um 18 Uhr statt um 18.30 Uhr. Und wir beteiligen uns ab jetzt an den Betriebsferien der Stadtverwaltung“, beantwortete die Bibliotheksleiterin eine Anfrage der CDU-Fraktion.
Personell sei man ähnlich ausgestattet wie die Großstadtbibliotheken ringsherum, erklärte Claudia vom Felde auf Anfrage unserer Redaktion. An eine Ausweitung der offiziellen Öffnungszeiten am Abend, wie sie in anderen Büchereien im Land gerade durchgeführt oder getestet wird, sei in Mülheim nicht zu denken. „Das geht mit unserem Mitarbeiterstamm einfach nicht.“
Besucheraufkommen abends vermutlich gering
Außerdem sei die Mülheimer Innenstadt „nach 18.30 Uhr tot“, mit großem Besucheraufkommen könne man dann nicht rechnen. Es sei denn, man biete eine besondere Veranstaltung wie etwa eine Lernnacht an. „Da haben wir ein positives Echo bekommen.“ Auch in den vier Stadtteilbüchereien, die an Schulen gekoppelt sind, bringe eine Öffnung am späteren Abend nichts. „Wenn die Schulen zu sind, kommt auch keiner mehr.“
Eine Sonntagsöffnung, wie sie andernorts ebenfalls angestrebt oder erprobt wird, ist in Mülheim noch nicht im Gespräch. „In Moers ist jetzt sonntags geöffnet, aber ohne Fachpersonal, mit Rückgabe und Ausleihe am Automaten. Es muss sich dort erst mal zeigen, ob das erfolgreich ist.“ In Dinslaken, wo sonntags seit Anfang des Jahres aufgemacht wird, verzeichne man weniger als 100 Besucher am Sonntag. „Das ist keine gute Nutzung“, so vom Felde. In Münster haben man versuchsweise den Montag ohne Service und dazu den Sonntag mit Fachpersonal angeboten, aber es habe nicht funktioniert.
Konzept der „Open Library“
Vom Konzept der „Open Library“ – der Öffnung ohne Fachpersonal, mit technischen Lösungen für Ausleihe und Abgabe und im Bedarfsfall auch mit Wachleuten – hält Claudia vom Felde wenig. „Wenn wir das realisieren wollten, wäre eine technische Aufrüstung nötig und wir bräuchten Wachpersonal. Aber darum geht es eigentlich gar nicht“, sagt sie.
Die Sonntagsöffnung habe nur Sinn, wenn – wie es das neue Bibliothekenstärkungsgesetz auch vorsehe – Fachpersonal vor Ort sei und Veranstaltungen angeboten würden, die Familien ins Haus bringen. Genau diese Zielgruppe, die unter der Woche nur schwer eine Bücherei aufsuchen könne, wolle und müsse man ansprechen und gewinnen. „Dann könnte die Sonntagsöffnung auch in Mülheim funktionieren“, glaubt die Bibliotheksleiterin.
Gezielt Familien ansprechen
Aus einer Kundenbefragung wisse man, dass die Besucher Beratung schätzen und gerne länger im Haus verweilen – den Ort auch nutzen, um sich zu treffen, gemeinsam zu lernen oder zu spielen und Veranstaltungen zu besuchen. Kulturdezernent Marc Buchholz unterstrich im Kulturausschuss die Meinung von Claudia vom Felde: „Die reine Öffnung am Sonntag bringt nichts, wir brauchen leitende Veranstaltungen.“
Besucherzahlen steigen
Melden konnte Claudia vom Felde zudem, dass die Besucherzahlen in der Zentrale sowie in den Stadtteilbibliotheken steigen, und dass die Ausleihzahlen nicht so sinken wie erwartet. „Sie gehen nicht so zurück wie im Landesmittel.“
Dennoch glaubt sie: „Auf lange Sicht werden bestimmte digitale Medien einfach verschwinden – CDs oder DVDs und auch Computerspiele.“ Erfreulich sei, dass Bücher und Zeitschriften immer noch gut gefragt seien.
Das Land NRW wird in Kürze ein Pilotprojekt starten, um die Sonntagsöffnung in verschiedenen Städten zu testen. „Wir würden gerne daran teilnehmen und werden uns bewerben“, so vom Felde. Allerdings nur bei „Vollförderung“. „Es ist derzeit noch offen, ob die Pilotkommunen Eigenmittel einbringen müssen. Das müssen wir abwarten“, erklärte Marc Buchholz. Denn die kann die Stadt Mülheim nicht beisteuern.