Mülheim. Das Neujahrskonzert brachte Wiener Musik nach Mülheim. Publikum war von Strauss-Gala begeistert - und von starken Solisten und vitalem Orchester.

Es hat ja etwas länger gedauert, bis die Wiener Philharmoniker sich mit der „Unterhaltungsmusik“ der Strauss-Dynastie anfreunden konnten. Der Durchbruch geschah 1925 zum 100. Geburtstag des „Walzerkönigs“ und am 31. Dezember 1939 mit dem ersten „Neujahrskonzert“ – damals zu Gunsten der nationalsozialistischen „Winterhilfe“.

Und dieses Format wurde ein so durchschlagender Erfolg, dass es mittlerweile in der ganzen Welt Millionen Zuschauer erreicht – und andere Orchester anregt, in ihrer Region ebenfalls „Wiener Neujahrskonzerte“ zu veranstalten. Wie beispielsweise das in Düsseldorf ansässige „Europäische Festival Orchester“, das unter seinem Dirigenten Alexander Steinitz zum wiederholten Mal mit einer „Johann Strauss-Gala“ nach Mülheim kam.

Operette hat satirisch-parodistische Grundzüge

Dabei ist die Fokussierung auf die Strauss-Dynastie nicht nur geografisch sinnvoll: Die Operette hat seit ihrer „Erfindung“ durch Offenbach satirisch-parodistische Grundzüge. Ihre theatralische Pose und Sentimentalität wird gerade bei den Strauss` durch Selbstironie gebrochen, was die typische Leichtigkeit, Raffinesse und den mitunter drastischen Humor erklärt, über den sich die Zuhörer in zahlreichen Stücken freuen konnten.

Dabei fehlte bei den Walzern, die das Orchester spielte, etwas der typisch wienerische Rhythmus mit der leicht verzögerten dritten Zählzeit: Aus dem wienerischen Schwingen und Schweben wurde oft ein deutsches Vorwärtsstürmen – vielleicht eine Mentalitätsfrage?

Enorme Stimmen - strahlend und auch weich

Als stimmgewaltige Gesangssolisten waren die Sopranistin Julia Danz und der Tenor Markus Francke diesmal mit von der Partie. In Stücken von Franz Lehar, dessen Musiksprache eigentlich eher ungarisch als berlinerisch ist, konnten sie sowohl solistisch wie im Duett ihre enormen Stimmen in Interpretationen von strahlender Kraft, aber auch weicher Lyrik oder temperamentvoller Beweglichkeit voll ausfahren.

Nach einer parodistischen, mit enormem „drive“ hingelegten „Tritsch-Tratsch-Polka“ gab es als „normale“ Zugabe Paul Linckes „Berliner Luft“ mit Gesangssolisten. Dann das bekannte Ritual: Nach dem ersten Ton Unterbrechung durch Beifall, kollektives „Prost Neujahr“, dann eine Wiedergabe des Donauwalzers, bei dessen Einleitung man schon Brahms verstehen konnte, der an die Witwe des verstorbenen Johann Strauss schrieb: „An der schönen blauen Donau - leider nicht von mir“. Zum Schluss der unvermeidliche Radetzky-Marsch und stehende Ovationen.