Mülheim. Erstmals fand der Tersteegenmarkt auf dem Gelände der Petrikirche statt. Mülheimer Handwerker zeigten ihre Kunst. Eine Fortsetzung ist gewünscht.
Mit einem Handwerkermarkt rund um die Petrikirche fand am Wochenende das Gedenkjahr an den vor 250 Jahren in Mülheim verstorbenen Gerhard Tersteegen seinen Abschluss. Die Besucher hatten Gelegenheit, das Handwerk so zu erleben, wie es zu Lebzeiten des Kirchenlieddichters und Mystikers betrieben wurde. Mülheimer Handwerker präsentierten ihre alten Künste auf dem Kirchenhügel.
Dachdecker demonstrierte alte Arbeitsweisen auch aus Mülheim
So demonstrierte Dachdeckermeister Achim Lulley, auf welche Weise früher in seinem Gewerbe gearbeitet wurde. Die Besucher durften selber Hand anlegen, um unter fachmännischer Anleitung Schieferplatten mit Hämmern in Dachpfannen umzugestalten. An seinem Stand stellte Lulley einen alten Holzkarren auf, den er aus seinem Betrieb an der Hänflingstraße mitbrachte. „Damit haben sich damals die Dachdecker mit ihrem Material und dem Werkzeug durch eigene Kraft zum Beispiel an Kirchtürmen hoch- und runtergezogen“, erklärt er.
Wie viel an Geduld und Mühe das Handwerk vor der Industrialisierung bedurfte, war auch am Stand der Spinnerinnen deutlich zu erkennen. Die Damen des Mülheimer Spinntreffs hatten es sich geschützt vor dem Wetter im Inneren der Petrikirche gemütlich gemacht. An ihren Spinnrädern achteten sie darauf, den Faden nicht reißen zu lassen. „Das ist wie Meditation“, sagt Cosima Kissing, während sie mit ihrem Fuß das Schwungrad in Bewegung setzt und die Wollfasern zum Garn verzwirbelt. Kollegin Karen Erdmann-Brehm, die gerade mit dem Filzen von Wolle beschäftigt ist, fügt schmunzelnd hinzu: „Da kann man sich den Gang zum Psychotherapeuten auf jeden Fall sparen.“
Pullover oder Handschuhe aus heimischer Schafswolle
Das Rohmaterial bekommt die Spinngruppe aus den eigenen Reihen. Christa Bongards ist mit ihrem Ehemann Peter stolze Besitzerin einer Schafsherde. „Wir haben 13 gotländische Pelzschafe auf unserem Hof“, berichtet die Schäferin. Aus der Wolle werden nicht nur Pullover oder Handschuhe hergestellt: „Ich habe mir eine schöne Engelsfigur am Stand der Spinnerinnen gekauft“, freut sich Irmgard Wenzmann, die sich extra deswegen zum Tersteegenmarkt aufgemacht hatte.
Handwerkermarkt auch im nächsten Jahr wieder
Markus Püll vom Freundes- und Förderkreis Heimatmuseum Tersteegenhaus, der zusammen mit der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde den Markt organisierte, zieht ein positives Fazit.
„Der Besucherstrom vor allem in den Abendstunden war zufriedenstellend und auch die Handwerker waren über die Resonanz sehr erfreut.“
Man erwäge für 2020 einen weiteren Tersteegenmarkt, so Püll: „Wir planen dann eine bessere Anbindung an den Adventsmarkt und eine deutlichere Kennzeichnung des Rundgangs um die Petrikirche.“
Ebenfalls einen Faden benötigt Bodo Brings bei seiner Arbeit. Das Heft lässt er sich nicht aus der Hand nehmen, wenn er akribisch die Lagen zusammenbindet, aus denen ein Buch entstehen soll. Brings ist einer der wenigen, die noch heute die Buchbindekunst so ausüben, wie es vor Hunderten von Jahren gemacht wurde. Das Einfädeln des Fadens in die Nadelöse macht dem Buchbindermeister beim Vorführen zwar kleine Schwierigkeiten. Um so leichter gleitet danach die Nadel durch die Löcher der einzelnen Blätter. Brings betont die Vorteile der alten Technik: „Die Handheftung ist das Stabilste überhaupt und gleichzeitig auch das Flexibelste, da die Bücher sich besser aufschlagen lassen.“
Besucher wünschen sich eine Fortsetzung des Handwerkermarktes
Für die Besucher war der Tersteegenmarkt eine interessante Erfahrung. Katherina Minneken wollte eigentlich nur über den benachbarten Adventsmarkt schlendern: „Ich hatte vorher gar nicht gewusst, dass hier auch ein Handwerkermarkt stattfindet.“ Sie wünscht sich, dass es im nächsten Jahr eine Fortsetzung geben wird, denn: „Es ist total toll, die traditionellen Handwerke zu sehen.“