Michael Korstick war der Solist in Rachmaninows d-Moll-Konzert von 1909. Die Bochumer Symphoniker begleiteten unter Steven Sloane und spielten zuvor Nielsens 4. Sinfonie.
In Carl Nielsens während des Ersten Weltkriegs entstandener 4. Sinfonie, deren Titel „Das Unauslöschliche” das Leben und die Musik gleichermaßen feiert, geht es im Finalsatz mächtig ans Eingemachte: Zwei Musiker bedienen rechts und links vom Orchester positionierte Pauken. Das macht großen Effekt, entschädigt den Hörer letztlich aber auch für die Trostlosigkeit der vorangegangenen halben Stunde. Da fehlt schlichtweg der zündende Gedanke, die sinfonische Marke. Die Bochumer Symphoniker unter ihrem Chef Steven Sloane spielten das Stück im 3. Sinfoniekonzert im Theatersaal der Stadthalle mit feinem Gespür für die Besonderheiten der Instrumentation. Die Längen konnten sie zwar nicht vergessen machen, aber es gelang eine formal geschlossene, in sich stimmige Wiedergabe. Und der erwähnte Schluss mit den Paukenattacken war präzise auf den Punkt gebracht. Da waren bereits die ersten Bravos fällig.
Komponistenschelte wird heutzutage ja sehr schnell als ketzerisch empfunden (vielleicht kann ich die Nielsen-Fans versöhnen, wenn ich meiner tiefen Bewunderung für seine 5. Sinfonie Ausdruck verleihe). Einer, dem namentlich avantgardistisches Mittelmaß traditionell gerne mit Häme begegnet, ist Rachmaninow. Dabei haben seine Werke mehr „Form”, sprich thematische Arbeit, als ihr mondäner Duktus, von dem die Filmmusik viel gelernt hat, ahnen lässt. Josef Hofmann, dem das 3. Klavierkonzert von 1909 gewidmet ist, hat das Werk dennoch nie gespielt, es war ihm – zu formlos.
Pranke gezeigt
Von einem Pianisten wie Michael Korstick, der sich als Beethoven-Interpret einen Namen gemacht hat, konnte man erwarten, dass er den Fokus statt vordergründiger Brillanz und hohlem Oktavengedonnere auf strukturelle Prozesse richten würde. Das tat er sehr eindrucksvoll, ließ manches Detail aufschimmern, das landläufige Wiedergaben gerne mal unterschlagen. Dabei zeigte er wo nötig durchaus „Pranke”.
Wenn die ganz große Freude dann doch nicht aufkommen wollte, lag das an einigen Irritationen im Zusammenwirken mit dem Orchester. Da war Mülheim, wenn man es so böse sehen will, die komfortable Generalprobe vor Publikum fürs Bochumer „Heimspiel”.
Nach dem mächtig auftrumpfenden Schluss gab's erneut Bravos. Keine Zugabe.