Mülheim. Beim Sinfoniekonzert in der ausverkauften Mülheimer Stadthalle gab es stehende Ovationen für das Orchester aus Novosibirsk und den Solisten.
„Mozart ist mein Gott“, schrieb Tschaikowsky einmal an seinen Verleger. Der menschenscheue, in emotionalen Extremen sich ausdrückende Komponist sah in dem verehrten Klassiker das Urbild des harmonischen Ausgleichs zwischen emotionalem Ausdruck und rationaler Komposition. Ihm zollte er in seiner „Serenade für Streichorchester“ Tribut, mit der das „Novosibirsk Philharmonic Orchestra“ unter Leitung von Thomas Sanderling sein Mülheimer Konzert eröffnete.
Keine Mozart-Imitation, sondern unverkennbar Tschaikowsky
Dabei ging es natürlich nicht um eine Mozart-Imitation, das Idiom ist unverkennbar Tschaikowsky, wenn auch in verschiedenen Verkleidungen, zum Beispiel barockisierend repräsentativ zu Beginn, französisch elegant im bekannten Walzer, italienisch gesanglich in der Elegie, russisch schließlich im letzten Satz. „Unverkleidet“ trat Tschaikowsky in seiner 4. Sinfonie auf. Das bedrohlich niederschmetternde „Schicksalsmotiv“ löst ein Psychodrama aus zwischen lautstarkem Aufbegehren, chromatisch klagender Resignation oder Flucht in eine Illusion von volkstümlich-schlichter Schönheit.
Atemberaubender Hexensabbath
In Beethovens „Schicksalssinfonie“ führt der letzte Satz „durch Nacht zum Licht“, in Tschaikowskys in ein „Volksfest“, das sich über weite Strecken als ein atemberaubender Hexensabbath entpuppt. War das Orchester aus dem fernen Novosibirsk schon nach der Serenade mit „Bravos“ bedacht worden, so riss das rückhaltlose Ausspielen aller emotionalen Befindlichkeiten einschließlich der berüchtigten Virtuosität des letzten Satzes die Zuhörer zu stehenden Ovationen hin.
Gute Arbeit des Mülheimer Konzert-Managements
Zwischen diesen beiden Werken ein Blick in eine gewissermaßen heilere Welt: Der Hornist Grigory Yakubovich gestaltete Mozarts einschmeichelndes, vor allem im zweiten Satz ohrwurmverdächtiges Hornkonzert Es-Dur mit schlank-geschmeidigem Ton und plastischer, atmender Phrasierung. Dass diese Veranstaltung wiederum restlos ausverkauft war, ist sicher auch eine Bestätigung für die Arbeit des Mülheimer Konzert-Managements.