Mülheim. Hochversierte Tanztruppe aus Jekatarinburg zeigt die neue Choreographie von Maura Morales im Ringlokschuppen. Publikum feiert die Europapremiere.

„Die menschliche Haut ist ein wundervolles Organ, sie ist die Quelle von Gesundheit und Glück“. Diesen Satz stellt Maura Morales an den Beginn ihrer Choreographie „From skin to skin“, auf ihn baut in den folgenden 65 Minuten alles auf. Eigene Erfahrungen waren es, die die brasilianische Tänzerin und Choreographin auf das Thema brachten. „Als ich nach Europa kam, habe ich festgestellt, dass es hier einen Mangel an Berührung gibt“, sagt sie im anschließenden Gespräch mit dem Publikum in Ringlokschuppen.

Mal sanft, mal rabiat

Mit den Tänzerinnen und Tänzern des Provincial Dances Theatre Jekatarinburg, einer technisch hochversierten Truppe mit immenser Ausdrucksstärke, hat sie sich dem Motiv „Berührung“ genähert. Facettenreich, mit einem virtuosen und breit gefächerten Bewegungsvokabular. Während im Hintergrund auf einer Videoleinwand Makroaufnahmen der Haut eine fast abstrakte Kulisse bilden, sieht man auf der Bühne davor Körper, die sich auf unterschiedlichste Weise begegnen. Mal sanft, mal rabiat. Mal zärtlich erforschend, dann aggressiv und übergriffig. Es geht um Nähe und Distanz, um Vereinigung und Einsamkeit – um die Sehnsucht nach Berührung.

In einem work in progress-Verfahren hat Maura Morales mit den russischen Tänzern viele Bilder erarbeitet, die anrühren oder auch abstoßend wirken: Die Tänzer kuscheln sich wie Tiere in einem Rudel zusammen. Zwei Menschen ziehen sich an und stoßen sich ab. Ein erotisches Abenteuer schlägt in gewalttätiges Miteinander um. Zwei Menschen wissen einfach nicht, wie sie sich körperlich näherkommen sollen.

Tänzer kuscheln wie ein Rudel

Der Gitarrist und Komponist Michio Woigardt hat die Musik zum Stück simultan während des Arbeitsprozesses geschrieben. Oft ist da ein treibender Rhythmus, der von dem hektischen Nebeneinander in unserem heutigen (berührungsarmen und lieblosen) Leben erzählt. Manchmal wird Stimmung sogar richtig unheilvoll. Dann aber wieder gibt es innige Momente, in denen verklärte Musik das Wunder der Berührung preist.

Von diesen Augenblicken hätte es mehr geben können in der Choreographie, die kritischen Sequenzen überwiegen, ein positiver Ausblick am Ende fehlt manchem Zuschauer ein wenig. Das Publikum feiert die Europapremiere. Schade, dass es nur eine Aufführung in Mülheim gibt.