Mülheim. Mit Veranstaltungen klärt die Mülheimer Partnerschaft für Demokratie über die rechte Szene im Revier auf. Was erwidert man auf Stammtischparolen?

Wenn am 29. Oktober die AfD in der Mülheimer Stadthalle tagt, dürften vor der Halle einige hundert Demonstranten gegen Rechts zu erwarten sein. Wie aber ist die rechte Szene in Mülheim und besonders im Ruhrgebiet einzuschätzen? Darüber informiert einen Tag später, am 30. Oktober, Max Adelmann im Medienhaus.

„Rechtsextreme Szene ist sehr dynamisch und ausgeprägt“

„Neuere Entwicklungen in der rechtsextremen Szene im Ruhrgebiet“ beleuchtet der Sprecher des Anti-Rechts-Bündnisses „Essen stellt sich quer“. Für seine Heimatstadt Essen scheint die rechte Szene vor Ort noch greifbar zu sein, die sich zum Teil aus den Hooligan-Gruppen um RWE rekrutieren soll.

In Mülheim allerdings ist die Lage weniger einfach: Rechte Aufmärsche, die etwa in Styrum sprachlich als ‘Spaziergänge’ beschönigt wurden, sind oft durchmischt mit Gruppierungen, die etwa aus Bottrop, Gelsenkirchen sowie Düsseldorf und Mönchengladbach kommen. „Es ist eine sehr dynamische und ausgeprägte Szene“, schildert Adelmann. Und er identifiziert etwa 27 kleinere Gruppen in NRW, die sich entsprechend so organisieren, dass sie vor Ort mit 700 Teilnehmern präsent sein können.

Rechte Szene infiltriert gezielt bürgerliche Protestgruppen

Und sie mischen sich nicht nur unter bürgerliche Protestveranstaltungen wie „Mütter gegen Gewalt“ sondern bedienen sich bei der Namensgebung offenbar taktisch zunehmend beim klassisch linken Vokabular, etwa: „NRW stellt sich quer“ oder „NRW schaut nicht weg“, schildert der Kenner der rechten Ruhrgebietsszene. Das Problem für Adelmann: „In Teilen der unzufriedenen Bevölkerung wird dies inzwischen akzeptiert.“ Dazu zählt inzwischen auch der Hitlergruß.

Dass unzufriedene Bürger, die sich für bessere Verhältnisse engagieren wollen, gezielt von Rechtsextremen vereinnahmt werden, sieht auch Michael Schüring, Chef des Mülheimer Centrums für bürgerliches Engagement (CBE), mit Sorge. Er warnt vor einem schwindenden Engagement für eine zivile Gesellschaft und will diesen Prozess umkehren. „Wir wollen mit diesen Bürgern wieder in einen Dialog kommen. Wir wollen ihnen eine Teilhabe bieten, aber es muss eine Verständigung über Toleranz und Akzeptanz geben“, sagt der CBE-Chef.

Argumente gegen Stammtischparolen sollen Bürger stärken

Das CBE hat daher gemeinsam mit 30 Organisationen eine „Partnerschaft für Demokratie“ initiiert und den Experten Adelmann nach Mülheim gebeten. Adelmann sieht in dem angestrebten Dialog ein Potential – zumindest bei Protestlern, die noch kein geschlossenes rechtes Weltbild haben.

Zwei Veranstaltungen im Oktober und November

Zwei Veranstaltungen im Oktober und November bietet die Partnerschaft für Demokratie im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“, gemeinsam mit dem Amt für Kinder, Jugend und Schule sowie CBE an.

Am Mittwoch, 30. Oktober, spricht Max Adelmann über die Neueren Entwicklungen in der rechtsextremen Szene im Ruhrgebiet. Beginn im Medienhaus am Synagogenplatz 3 ist um 18 Uhr.

Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer spricht über „Argumente gegen Stammtischparolen“ am Dienstag, 26. November, um 18 Uhr in der VHS Mülheim an der Aktienstraße 45. Der Eintritt ist jeweils frei. Anmeldung unter: www.surveymonkey.de/r/gespraech. Infos: demokratie.muelheim-ruhr.de

Mit einer weiteren Veranstaltung im November will die „Partnerschaft für Demokratie“ Menschen stärken, auf Stammtischparolen reagieren zu können. Der Politologe und Erwachsenenbildner Klaus-Peter Hufer zeigt in der VHS, wie man mit Sprüchen wie „Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“, „Asylanten sind Sozialschmarotzer“ und „Ausländer sind kriminell“ im Alltag umgehen kann.

„Denn oft geht man solchen Äußerungen aus dem Weg, weil man den Konflikt nicht möchte oder sich nicht vorbereitet fühlt“, glaubt Schüring. Hufer bietet daher nicht nur psychologische Erklärungen, sondern versucht auch, in kleinen szenischen Spielen mögliche Reaktionen auszuprobieren. Denn je häufiger man den Stammtischparolen widerspreche, so Schüring, desto weniger können sie sich im Alltag verfestigen – „wir müssen das Fenster wieder öffnen für andere Meinungen“.