Mülheim. Ein Fachtag im Kloster Saarn fragt nach den Auswirkungen von gewalttätigen Ehekonflikten auf die Kinder. Man möchte Hilfen noch mehr vernetzen.

Wenn Eltern streiten und dabei gewalttätig werden, dann hat das immer auch Auswirkungen auf die Kinder. Häusliche Gewalt - vor allem gegen Frauen - ist immer noch ein weit verbreitetes Problem. „Und sie ist keine Frage von kultureller oder sozialer Herkunft“, sagt Sabine Boeger von der Diakonie.

Welche Folgen hat direkt oder indirekt erlebte Gewalt für Kinder und Jugendliche? Wie kann verhindert werden, dass sie Schaden nehmen, traumatisiert werden oder die Gewalterfahrung später als Erwachsene, weitertragen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt eines Fachtages, den der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt Mülheim in Kooperation mit dem Sozialamt am 7. November im Kloster Saarn veranstaltet. Er richtet sich an Mitarbeiter von Sozialeinrichtungen und Wohlfahrtsverbänden ebenso wie an Ärzte, Psychologen, aber auch an interessierte Bürger.

Austausch und Vernetzung zwischen Helfern fördern

„Es geht uns darum, den Austausch zwischen den Stellen zu fördern, die mit häuslicher Gewalt befasst sind“, sagt Cäcilia Tiemann, Organisatorin und stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Um die Diskussion thematisch zu unterfüttern, gibt es drei Vorträge von Expertinnen und Experten. Henrike Krüsmann, Fachfrau für Kinderschutz, referiert über den „Tatort Familie - Kinder als Opfer und Zeugen häuslicher Gewalt“, Kinder- und Jugendtherapeut Michael May von psychodynamisch-traumapädagogischen Zentrum Oberhausen nimmt die „Seelischen Folgen innerfamiliärer Gewalterfahrung und Zeugenschaft“ in den Fokus.

Über „Arbeit und Schnittstellen des Familiengerichtes und des Kommunalen Sozialen Dienstes bei häuslicher Gewalt in Mülheim“ sprechen Marc Heiderhoff (KDS, Koordinator für Kinder- und Jugendhilfe) und Ralf Engel (Amtsgericht Mülheim). Heiderhoff weiß: „Bei jeder dritten Meldung wegen Kindeswohlgefährdung, die uns erreicht, sind gewalttätige Konflikte zwischen den Eltern im Spiel.“

Setzen sich beruflich oder ehrenamtlich für Kinder und Frauen ein: (v.li.) Sabine Boeger vom Diakonischen Werk (v.l.n.r.), Marc Heiderhoff, Kommunaler Sozialer Dienst der Stadt Mühlheim, Vahide Tiğ vom Jugendzentrum Stadtmitte, Cäcilia Tiemann, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte, und Annette Lostermann-De Nil vom Verein Hilfe für Frauen.
Setzen sich beruflich oder ehrenamtlich für Kinder und Frauen ein: (v.li.) Sabine Boeger vom Diakonischen Werk (v.l.n.r.), Marc Heiderhoff, Kommunaler Sozialer Dienst der Stadt Mühlheim, Vahide Tiğ vom Jugendzentrum Stadtmitte, Cäcilia Tiemann, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte, und Annette Lostermann-De Nil vom Verein Hilfe für Frauen. © FUNKE Foto Services | Claudia Heindrichs

Das Frauenhaus ist eigentlich immer voll belegt

Hilfen für Frauen gibt es einige, nicht immer finden Frauen Zugang dazu oder das Angebot reicht nicht aus. „Das Frauenhaus beispielsweise mit acht Plätzen für Frauen und 14 Plätzen für Kinder ist immer belegt“, berichtet Annette Lostermann-De Nil, Vorsitzende von Hilfe für Frauen e.V.

Mit Kindern und Frauen, die in der Familie Gewalt erfahren, hat es auch Vahide Tiğ manchmal zu tun, und weiß, wie schwer sich Frauen aus der gewalttätigen Beziehung lösen. Sie hat aber auch eine tröstliche Nachricht: „Bei den Frauen mit Migrationshintergrund verbreitet sich ein Bewusstsein, dass sie sich und ihre Kinder schützen können – und dass sie sich trennen können.“

Der Fachtag wird mit finanzieller Unterstützung des Gleichstellungsministeriums ausgerichtet, schon jetzt sind fast alle 90 Plätze vergeben. Wer will, kann sich aber auf eine Warteliste eintragen lassen. Nach dem Fachtag wird eine Dokumentation Fachtag erstellt.