Mülheim. Nach drei Baustellenjahren soll die Leineweberstraße im Herbst 2020 fertig sein. Jede Leitung braucht ihren Graben. Neugestaltung startet jetzt.

Das Lesen der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende geht schneller, das Ende der Dauerbaustelle auf der Leineweberstraße ist zwar terminiert – das Ende für die Anlieger aber längst noch nicht absehbar. „Kaum ist die Fußgängerzone notdürftig geflickt, kommt die nächste Truppe und reißt wieder einen Graben auf. Da kann einem der Kragen platzen“, schimpft eine Anwohnerin aus dem Haus Nummer 49. „Dieser Baustellenmarathon nervt uns alle hier. Und jetzt soll das noch mindestens ein Jahr dauern. Die Männer vor der Baufirma sind nett und helfen. Die Koordination der Stadt muss dagegen besser werden.“

Öffentliche Toilette fällt weg

So einfach sei das heute nicht mehr, weil fast alle Versorgungsfirmen privatisiert seien, erklärt Matthias Katte, Teamleiter Straßenbau im Amt für Verkehrswesen und Tiefbau: „Nachdem alle Versorgungsleitungen jetzt im Boden sind, beginnen wir von der Stadt mit den Pflasterarbeiten.“

Die marschieren in kleinen Abschnitten von der Friedrich-Ebert-Straße Richtung Kaiserplatz. Alle Bäume

Bauarbeiten dauern drei Jahre

Bis zum Herbst 2020 sollen die Gestaltungsarbeiten im Fußgängerbereich der Leineweberstraße dauern. Mit allen vorherigen Leitungsverlegungen werden ab Herbst 2017 am Ende drei Jahre vergangen sein.

Um die Belastungen der Anwohner gering zu halten, arbeitet sich die Baufirma jeweils in etwa 20 Meter langen Abschnitten voran. An der Friedrich-Ebert-Straße war vor einigen Tagen der Start. Am Kaiserplatz enden die Arbeiten im nächsten Herbst.

bleiben stehen. „Der Radweg wird in Grautönen vom Fußgängerbereich abmarkiert“, sagt Katte. Nach dem aktuellen Beschluss der Bezirksvertretung 1 wird das gläserne Toilettenhaus nicht mehr an der Einmündung Kohlenkamp aufgestellt. Begründung: Der Wiederaufbau ist zu teuer. Auch die Säuberungskosten seien zu hoch, weil sich viele Nutzer dort nicht benehmen könnten.

Absatzfreundliche Senkendeckel

„Die Oberfläche wird mit Betonpflastersteinen ausgelegt, ähnlich wie auf der Schlossstraße. Damit erhält die Mülheimer Fußgängerzone ein einheitliches Bild“, beschreibt Matthias Katte. Die Neugestaltung reicht von den Hauswänden bis zur Bordsteinkante an den Straßenbahnschienen. Für Blinde und Sehschwache werden taktile Rillen- und Noppensteine verlegt.

Diese Bänder führen zu den Überwegen. Matthias Katte: „Diese bestehen aus zwei Bereichen: für Rollator- und Rollstuhlfahrer mit ebenerdigen Anschlüssen, für Blinde mit Bordsteinen, die mit den Kugeln des Blindenstocks fühlbar sind. In der Mitte verläuft eine schmale Rinne, Das Regenwasser läuft in Senken, deren Deckel so schmale Schlitze haben, dass darin keine Absätze einsinken und abbrechen.“

Mehrere Händler haben in den vergangenen zwei Jahren bereits aufgegeben. Anwohner klagen über lange Baustellenzeit.
Mehrere Händler haben in den vergangenen zwei Jahren bereits aufgegeben. Anwohner klagen über lange Baustellenzeit. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Händler spüren Umsatzrückgänge

Trotz aller Verbesserungen klagen einige Händler über Umsatzrückgänge. „Wenn die Leute schon eine Baustelle sehen, kommen sie nicht mehr zu uns. Sie mögen den Lärm nicht beim Bummeln vor dem Schaufenster“, sagt Annette Jonas-Dahm. Sie betreut seit Jahren das Geschäft des Herrenausstatters Clever und kennt ihre Kunden.

Beim Team von Betten Beck lassen sich viele Kunden beraten, „die unser Fachgeschäft seit Jahren besuchen“. Man müsse halt mit der Baustelle leben. Lob geht an die Bauleute, die helfen bei Lieferungen, rücken den Zaun zur Seite. „Das klappt prima.“

„Hoffentlich geben nicht noch mehr Geschäfte auf“

„Kaum steht der Lieferwagen vor meiner Tür, kommen schon die Knöllchenschreiber. Das kostet viel Geld“, klagt Alias Khudaido. Der Chef vom Bagdad Supermarkt wünscht sich während der Bauzeit mehr Rücksicht. „Man kann nicht alle Kisten in kurzer Zeit ausladen. Wegen der Baustelle kommen auch weniger Kunden. Ich kenne die Straße nur als Baustelle.“

Seit 26 Jahren hat die Mutter von Nina van de Schans einen Teeladen an der Leineweberstraße. „Wir wünschen, dass bald alles schöner vor dem Schaufenster wird. Die lange Baustellenzeit tut weh und hinterlässt Lücken“, sagt van de Schans. „Hoffentlich geben nicht noch mehr Geschäfte in der Nachbarschaft auf. Die Leineweber war früher einen tolle Flaniermeile mit viele Fachgeschäften, geführt von Mülheimern.“

Jede Leitung braucht eigenen Graben

Kanal, Gasleitung, Fernwärmerohr, Telefon- und Stromkabel könnten nicht in einem Sammelschacht verlegt werden, „weil jeder eine andere Trassenführung hat“, erklärt Matthias Katte das mehrmalige Aufreißen der Straße. In einem Jahr sei es wieder eine ordentlich gepflasterte Fußgängerzone mit Bäumen, Bänken und neuer Beleuchtung. „Dann wird vorerst kein Graben mehr für Kabel aufgerissen“, verspricht Katte.