Mülheim. Die Finanzverwaltung will den drei Bezirksvertretungen erneut das Geld kürzen. Ortspolitiker wehren sich dagegen. Helfen kann ihnen nur der Rat.
Wer spart, bekommt Abzug. Wer sein Budget nicht schnell genug in den Stadtteilen verteilt, erhält ebenfalls weniger Geld. Diese Erfahrungen machen in diesen Tagen alle drei Mülheimer Bezirksvertretungen. Die Finanzverwaltung hat die Verfügungsmittel um mindestens 5000 Euro für das Jahr 2020 gekürzt.
Der Zorn der Ortspolitiker bei den Beratungen zum Haushalt für das nächste Jahr war auf den Sitzungen unüberhörbar – über Parteigrenzen hinweg. Nur die Fraktionen können diesen angestrebten Verlust bei den Stadtteilfinanzen im Rat noch stoppen. Die Ortsparlamente lehnten ihre verringerten Etatansätze geschlossen ab.
Bezirk Rechtsruhr-Nord soll gleich 10.000 Euro abgeben
Ohne Absprache hat die Finanzverwaltung die Verfügungsmittel für die Bezirksvertretungen gekürzt: In den Bezirken 1 (Rechtsruhr-Süd) und 3 (Linksruhr) um 5000 Euro auf noch 20.600 Euro. Im Bezirk 2 (Rechtsruhr-Nord) sogar um 10.000 Euro auf nur noch 15.600 Euro.
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Das brachte Bezirksbürgermeister Heinz-Werner Czeczatka-Simon auf die Palme: „Wir gehen mit unserem knappen Budget wirklich verantwortungsvoll um und versuchen mit größeren Summen für die Nachbarschaft etwas zu bewegen. Dafür werden wir jetzt bestraft und sollen noch mehr abgeben. Das lassen wir uns nicht gefallen.“
Etat soll jedes Jahr um etwa drei Prozent steigen
Unterstützung fand er in der eigenen SPD-Fraktion sowie bei der CDU und den anderen Parteienvertretern. Am Ende der Debatte stand nicht nur die klare Forderung, die bisherigen 25.600 Euro für das kommende Jahr festzuschreiben, sondern auch eine dynamische Steigerung des Bezirks-Etats vorzunehmen.
Dafür gab das Ortsparlament der Finanzverwaltung sogar einen Orientierungsrahmen mit. Um rund drei Prozent soll das Budget der Bezirksvertretung 2 jeweils in den nächsten Jahren angehoben werden. „Die Preise steigen überall“, sagte CDU-Sprecherin Petra Seidemann-Matschulla. „Einstimmig“ steht im Sitzungsprotokoll für diesen Beschluss.
„Wir wissen am besten, wo das Geld gebraucht wird“
forderte bereits vor mehreren Jahren viel mehr Geld für die Bezirksvertretungen – mindestens einen siebenstelligen Betrag. „Wir wissen am besten, wo vor Ort das Geld gebraucht wird. Daher brauchen wir auch mehr Entscheidungsbefugnisse. Mit diesen Forderungen konnte er sich in der eigenen SPD-Ratsfraktion nicht durchsetzen. Es hätte Kompetenzverluste für Ausschüsse bedeutet.
Im Bezirk 1 fast das gleiche Bild. „Das ist unerhört. Wir sind den Bürgern in der Nachbarschaft verpflichtet und möchten mit kleinen Zuschüssen ihr Engagement unterstützen. Abzüge gehen da gar nicht“, wetterte Hansgeorg Schiemer, CDU-Sprecher im Bezirk Rechtsruhr-Süd.
Blumenpaten mit Pflanzgeld unterstützt
„Das ist kein gutes Signal für unsere Bürger. Wir können uns nicht völlig lähmen lassen, indem wir keine Aktivitäten in der Nachbarschaft mehr unterstützen können“, sagte Oskar Peter Obarowski von der SPD.
Wenige Minuten zuvor hatte Britta Stalleicken (Grüne) noch Geld aus der Bezirkskasse für Anlieger der Mellinghofer Straße erhalten. Die haben vor der U-Bahn-Treppe Blumenkübel bepflanzt und dafür die Patenschaft übernommen. Bald soll ein Papierkorb mit Aschenbecher dort installiert werden.
Ein klares, barsches „Nein“ schickte auch die Bezirksvertretung 3 an die Finanzverwaltung. „Es geht nicht. das unsere Möglichkeiten weiter beschnitten werden“, betonte SPD-Sprecherin Susanne Dodd. Auch sie forderte eine „notwendige, dynamische Anpassung der Bezirksmittel“.
Der erste Bezirksetat lag bei 30.600 Euro pro Jahr
Das Ortsparlament müsse handlungsfähig bleiben. Der Einwurf Jürgen Weinzierls (MBI), die Bezirksvertretung solle mehr Anträge von Vereinen ablehnen, „weil die Mitglieder genug Geld haben“, fand in der Sitzung keine Zustimmung. „Wir gehen sehr verantwortungsvoll mit unserem Etat um“, entgegnete Elke Oesterwind (CDU).
„Leise, still und heimlich hat die Verwaltung unser Geld eingesackt“, machte Bezirksbürgermeister Hermann-Josef Hüßelbeck seinem Ärger Luft. „Vor Jahren gab es mal eine andere Vereinbarung. Seit dem ersten Betrag von 30.600 Euro bis heute haben wir mehrere 10.000 Euro verloren, mit denen wir viel Gutes hätten erreichen können.“