Mülheim. Der VVN BdA stellt die Neuauflage der Broschüre „Widerstand und Verfolgung in Mülheim“ vor. Junge Leute sollen gegen das Vergessen eintreten.
Die Zeit des Dritten Reiches ist in Mülheim nach wie vor nicht komplett aufgearbeitet. Größere Lücken in den Archiven sind ein Grund dafür; dass Mülheimer Familien nicht mit der Vergangenheit ihrer Vorfahren konfrontiert werden möchten, ein anderer. Seit mehr als 35 Jahren existiert jedoch eine Wanderausstellung „Widerstand und Verfolgung in Mülheim an der Ruhr – 1933 bis 1945“, die die Mitglieder des VVN BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) betreuen. Das Begleitheft zur Ausstellung ist jetzt in einer aktualisierten Auflage erschienen.
Mülheims Stadträte ernannten Hitler schnell zum Ehrenbürger
Adolf Hitler war an der Ruhr ein gern empfangener Gast. Bereits am 31. März 1933 ernannte ihn die Stadtverordnetenversammlung zum Ehrenbürger – nur zwei Monate nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg ihn zum Reichskanzler ernannt hatte. Andere Räte waren da zurückhaltender.
Ende der 1970er Jahre gründete sich im damals gerade frisch eröffneten Volkshochschulgebäude an der Bergstraße ein Arbeitskreis. An Stadtgeschichte Interessierte, Betroffene und Studenten wollten die Lokalgeschichte der Nazivergangenheit unter den Aspekten Widerstand und Verfolgung erforschen.
Arbeitskreis sprach mit Zeitzeugen
Sie recherchierten in Archiven, sprachen mit Zeitzeugen. Die Studenten verarbeiteten Teile ihrer Diplomarbeiten. Mit Jugendlichen der Gustav-Heinemann-Schule bearbeiteten sie das Thema „Zwangsarbeit“. Schließlich wurde in der VHS 1981 die Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Mülheim an der Ruhr - 1933 bis 1945“ gezeigt – das Ergebnis dieser Arbeiten.
„Dazu entstand ein Begleitheft, dessen erste Auflage schnell vergriffen war“, erinnert sich Silvia Rölle, Vorsitzende des Mülheimer Kreisverbandes VVN BdA. Die Mitglieder hatten die Betreuung der Ausstellung übernommen, „um damit gegen das Vergessen der Nazigräueltaten zu wirken“, erklärt die zweite Vorsitzende Inge Ketzer.
Wichtiges Dokument einer schlimmen Zeit
Die wirtschaftliche Unterstützung Hitlers durch Mülheimer Industrielle beleuchten die Schautafeln ebenso die Machtübernahme in Mülheim. Wie sich ab 1935 der Widerstand im Untergrund bildete, mit Wilhelm Müller und Johannes Doetsch, welche Gruppen verfolgt und deportiert wurden, wie es in den Mülheimer Lagern der Zwangsarbeiter zuging, welche Rolle die Polizei in dieser Zeit übernahm, ist ebenfalls dokumentiert.
Nach knapp 15 Jahren wurde die Ausstellung überarbeitet. „Gleichzeitig entstand die Idee, diese wichtige Dokumentation jüngeren Menschen näherzubringen. Also haben wir diese an Schulen verliehen, die damit ihren Geschichtsunterricht gestalten konnten“, beschreibt Kassierin Doris Doetsch. Barbara Kaufhold überarbeitete im Jahr 2013 Ausstellung und Begleitheft.
Mehrere Personen und ihre Schicksale fehlen noch
„Inzwischen haben sich neue Aspekte ergeben, einige Fehler haben wir korrigiert“, fügt Karl-Heinz Zonbergs hinzu, der die dritte Auflage des Begleitheftes redaktionell überarbeitet hat. „Mehrere Personen und deren Schicksale konnten wir bisher gar nicht aufnehmen. Dafür sowie für die Instandsetzung der Ausstellung brauchen wir noch Untersützung.“
Spenden für Wanderausstellung
Die Mitglieder des VVN BdA der Kreisvereinigung Mülheim haben vor mehr 35 Jahren die Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Mülheim an der Ruhr – 1933 bis 1945“ übernommen. Entstanden ist sie in einem Arbeitskreis der Volkshochschule. Zuletzt war sie im Polizeipräsidium an der Von-Bock-Straße zu sehen.
Inzwischen zeigt die Wanderausstellung von den vielen Transporten Schäden. Zur Neuauflage der Begleitbroschüre sollte auch die Ausstellung saniert und aktualisiert werden. Daher bitten die Helfer des VVN um Spenden und Unterstützung. Spendenkonto: IBAN: DE55 3625 0000 0355 5142 93. Die Ausstellung kann gebucht werden unter: ausstellung@vvn-bda-mh.de Ausführliche Infos: muelheim-ruhr-1933-45.de
3000 Exemplar umfasst die dritte Auflage des Ausstellungsbegleitheftes, das an Schüler und Besucher verteilt werden soll. „An der Finanzierung haben sich zahlreiche Parteien, Organisationen und Spender beteiligt, bis auf die CDU“, sagt Inge Ketzer. „Das zeigt, dass das Erinnern an diese schlimme Zeit in der Bevölkerung breite Unterstützung findet. Der VVN BdA-Kreisverband hat aktuell 45 Mitglieder.