Mülheim. Auch Mülheims Etat-Entwurf für 2020 weist keine Neuverschuldung aus. Doch der erste Blick täuscht. Weitere Anstrengungen sind zwingend nötig.
Kämmerer Frank Mendack hat am Donnerstag seinen Entwurf für den Haushalt 2020 in die politische Diskussion eingebracht. Große Überraschungen sind ausgeblieben. Erfreulich: Zum zweiten Mal in Folge sollen am Ende des Haushaltsjahres keine neuen Schulden stehen. So soll es weitergehen. Nur: Die Kehrtwende ist damit längst nicht geschafft.
Was waren das für miserable Jahresabschlüsse, mit denen sich Mülheim in der Vergangenheit zur NRW-Kommune mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung katapultiert hat: 2014 stand ein Minus von 113 Millionen Euro. In den vier folgenden Jahren ging das Schuldenmachen unbehelligt weiter: Weitere Defizite in einer Gesamthöhe von 275 Millionen Euro kamen hinzu, ohne dass die Politik entscheidend dazwischen gegrätscht hätte.
Stadt schafft Haushaltsausgleich nur mit Landeshilfe
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Nun steht für die Jahre 2019 bis 2023 jeweils ein kleiner Millionen-Überschuss in der Planung. Erstens: Die Planungen haben sich erst noch in der Realität zu beweisen. Zweitens: Der Haushaltsausgleich gelingt eben nur, weil das Land über den Stärkungspakt zig Millionen zubuttert.
Am grundsätzlichen Problem hat sich nichts geändert, rechnet man die Stärkungspakt-Mittel heraus: Die Stadt gibt mehr Geld aus, als sie einnimmt. Das muss sich bis 2023, wenn der Stärkungspakt ausläuft, geändert haben.
Ausgaben gilt es weiter kritisch zu hinterfragen
Und dafür muss sich die Politik noch etwas einfallen lassen. Allein auf Altschuldenfonds und andere Hilfen von Bund und Land zu hoffen, wird Mülheim nicht wieder in die Spur bringen. Bislang pauschal angesetzte Sparpläne etwa im ÖPNV (7 Millionen Euro) und im Personalbereich (6 Millionen Euro) sind mit Leben zu füllen. Wenn’s im ÖPNV doch nicht sein soll, müssen Alternativen her.
Was können Alternativen sein in einer Stadt, die schon hier und dort – in mittlerweile 185 Projekten zur Konsolidierung – gekürzt oder Einnahmen erhöht hat? Es bleibt eine schwierige Frage, Ansätze sind aber zu erkennen: Bei der Sozialagentur etwa sind Mängel ausgemacht.
Zwei Baustellen: Das Sozialamt und der ÖPNV
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Bei der Reintegration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt ist erkannt, dass mehr möglich wäre, wenn Bundesmittel für den Personaleinsatz auch mal abgerufen würden. Jeder Erfolg am Arbeitsmarkt spart Sozialtransfers. Offen ist, wie groß die Mängel bei der Abwicklung von Projekten der Sozialagentur sind. Mehr als 70 Projekte aus der Vergangenheit sollen absehbar daraufhin geprüft werden. Das Rechnungsprüfungsamt hatte den Finger in die Wunde gelegt.
Klar ist auch, dass Mülheim von den exorbitant hohen ÖPNV-Kosten wegkommen muss. Das von der Politik allzu schnell verworfene Konzept „Netz 23“ hätte durchaus mal die Basis einer Diskussion sein dürfen. Die vorgeschlagenen Einschnitte waren enorm. Die grundsätzliche Idee aber, das Netz auf neue Füße zu stellen, indem Busse als Zubringer zu Bahnen fungieren, war der richtige Ansatz.
Hohe Ausgaben für wenig Wirkung?
Ernsthaft, tiefgehend und allumfassend sollte die Politik in den kommenden Jahren tatsächlich über alle Ausgabeposten (auch bei Pflichtaufgaben) diskutieren. Es wird sich sicher was finden, ein Indiz dafür sind die bislang eher noch im Verborgenen laufenden Diskussionen um die vielen Millionen, die Mülheim im Sozialetat einsetzt. Entfacht der Mitteleinsatz womöglich zu wenig Wirkung?
Nicht die Debatte um den aktuellen Etatentwurf des Kämmerers wird entscheidend sein. Haushaltssanierung im überschuldeten Mülheim wird ein Langfrist-Projekt bleiben. Das macht schon der Blick auf die Gewerbeflächen-Debatte deutlich: Um über neue Gewerbefläche mehr Steuereinnahmen zu generieren, werden Jahre ins Land ziehen.