Mülheim. In der Erziehungsberatungsstelle der Caritas Mülheim arbeitet jetzt auch ein Mann: Nils Bohländer (38) soll für mehr Vielfalt sorgen.

Nils Bohländer ist seit April der einzige Mann im ansonsten weiblichen Team der Erziehungsberatungsstelle der Caritas in Mülheim.

„Männer interessieren sich zunehmend für die Erziehung ihrer Kinder, in der sie mitreden und mitentscheiden wollen“, sagt der 38-Jährige „Sie fragen sich: Was ist gut für mein Kind? Und sie haben inzwischen genauso wie die Frauen den Wunsch, möglichst viel Zeit mit ihrer Familie und mit ihren Kindern zu verbringen.“

Berufserfahrung in der flexiblen Familienhilfe

Nils Bohländer, Erzieher und Sozialwissenschaftler, ist beim katholischen Sozialverband in Mülheim kein Unbekannter. Er war vorher in der flexiblen Familienhilfe tätig. „Die Klienten der flexiblen Familienhilfe werden uns über das Jugendamt zugewiesen. Wenn wir zu den Familien ins Haus kommen, um sie zu unterstützen, ist das eine Pflichtveranstaltung. Die Erziehungsberatung ist dagegen ein freiwilliges, generationsübergreifendes und niederschwelliges Angebot für alle Menschen, die sozialen, pädagogischen und psychologischen Rat und Hilfe für das System Familie brauchen“, erklärt Bohländer der Unterschied zwischen seiner alten und seiner neuen Tätigkeit.

Männliche Sichtweise in die Arbeit einbringen

„Als Mann in der Erziehungsberatung kann Nils Bohländer nichts besser oder schlechter als seine Kolleginnen, aber er zeigt: Erziehungsarbeit ist nicht nur ein Frauenthema. Er sorgt dafür, dass mit ihm eine männliche Sichtweise auf Erziehung und Familienleben einzieht und so die ganze Vielfalt des Systems abgebildet wird“, sagt Katja Arens. Die zweifache Mutter ist als Abteilungsleiterin für den Caritas- Fachdienst Kinder,- Jugend- und Familienhilfe die Vorgesetzte von Bohländer.

Für Nils Bohländer ist es wichtig, „dass Kinder nicht nur in der Erziehungsberatung, sondern auch in Kindertagesstätten und in Schulen männliche Vorbilder und Bezugsperson erleben“. Deshalb hat er zusammen mit einer Kollegin eine Gruppe für Grundschüler gegründet, „in der Jungs auch mal Junge sein dürfen und nicht gleich in die Ecke gestellt werden, wenn sie ringen wollen“.

Fast die Hälfte der Beratungen betrifft Scheidungs- und Trennungsfamilien

In fast der Hälfte seiner Beratungsfälle hat es Bohländer mit Scheidungs- und Trennungsfamilien zu tun. Immer wieder muss er mit Eltern, die keine Partner mehr sind, daran arbeiten, die Perspektive des Kindes einzunehmen und sich daran zu erinnern, dass man sich als Vater und Mutter zwar aus seiner Ehe, aber nicht aus seiner gemeinsamen Aufgabe verabschieden kann. „Wenn getrennte Eltern einen Weg finden, friedlich miteinander zu kommunizieren, tut das auch den Kindern gut, genauso wie es sie belastet, wenn ihre Eltern zum Beispiel regelmäßig über ihr Umgangsrecht und ihre Erziehungsziele streiten.“

Zur Person

Nils Bohländer (38), Vater einer zweijährigen Tochter, ist Erzieher und Sozialwissenschaftler mit einer Zusatzausbildung als systemischer Familientherapeut. Bevor er im April 2019 ins Team der Erziehungsberatungsstelle der Caritas einstieg, arbeitete er fünfeinhalb Jahre in der flexiblen Familienhilfe des katholischen Sozialverbandes.

Wie seine drei Kolleginnen - Sozialarbeiterin Rita Rücker, Sozialpädagogin Nicole Meyer und Psychologin Jessica Wennemann - ist Bohländer im Caritas-Zentrum an der Hingbergstraße 176 unter der Rufnummer 0208-3000890 erreichbar.

2018 suchten 581 Menschen aus 296 Familien den kostenfreien Rat der „Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche“.

Bohländer versteht sich vor allem als Anwalt der Kinder und nimmt ihre Perspektive ein. Dabei denkt er aber auch daran, was Eltern stark macht, damit sie von ihrer Erziehungsaufgabe nicht überfordert werden. „Eltern müssen Kinder führen und ihnen Grenzen aufzeigen, ohne dabei deren Grenzen zu überschreiten. Dabei kann es helfen, wenn Eltern lernen, Kindern klar und verständlich zu erklären, was sie von ihnen wollen und erwarten. Viele Eltern machen den Fehler, dass sie entweder mit ihren Kindern endlos diskutieren oder sie aber durch ständiges Nörgeln und überzogene Erwartungen aggressiv und manchmal sogar gewalttätig machen“, berichtet der Erziehungsberater aus seiner Praxis.

Finanzielle Probleme kosten Eltern viel Kraft

Dabei hat der Mitarbeiter des katholischen Sozialverbandes auch die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen viele Familien leben, im Blick. „Wenn Eltern zum Beispiel in prekären Beschäftigungsverhältnissen stecken und kaum in der Lage sind, das Familieneinkommen auskömmlich zu bestreiten, dann bindet das natürlich unheimlich viel Kraft, die ihnen in der Familien- und Erziehungsarbeit oft fehlt und auch ihre Kinder sozial stigmatisiert“, erklärt Bohländer das Spannungsfeld, in dem seine drei Kolleginnen und er ihren Klienten versuchen, Perspektiven für ein gutes Miteinander in System der Familie aufzuzeigen.