Mülheim. „Mutti hat jetzt mehr Zeit für uns, denn sie kocht elektrisch“ – Lesung am Mülheimer Löhberg betrachtet das bisschen Haushalt’ mit Augenzwinkern.

Von wegen „Vorsprung durch Technik“ – müsste es nicht vielmehr „Feminismus“ lauten? Denn die technischen Errungenschaften bei den Haushaltsgeräten beschleunigten in den 1950er Jahren die Arbeit und schenkten Frau Zeit für andere Dinge. Zumindest in der grauen Theorie und in der von bunten Werbefantasien geprägten Männerwelt. Die Lesung „Mutti hat jetzt Zeit für uns, denn sie kocht elektrisch“ in der Buchhandlung am Löhberg nimmt die Auswirkungen der „Weißen Ware“ unter die Lupe und oft auch aufs Korn.

Wie man Wäsche ,weiß wie Schnee’ wäscht

Von wegen – müsste man noch einmal sagen –, denn die Realität sah oftmals anders aus: „Ach Wäsche, wasche dich doch selbst“, seufzt etwa Ruthilde Anders, Jahrgang 1934, in Erinnerung an die vermeintlich gute alte Zeit. Zwei Zeitzeuginnen und drei Zeitzeugen sind am Donnerstag in der Buchhandlung zu Gast und erzählen mal amüsiert, mal überrascht über die Tücken der Haushaltsgeräte, die statt Erleichterung zu schaffen, oftmals Rätsel und schier unlösbare Aufgaben stellen. Dieter Schilling (Jahrgang 1939) etwa überlegt in seiner Geschichte, wie man Windeln „rein und weiß wie Schnee“ wäscht?

Frauenbewegung durch Technik? Küchenmaschinen wie dieser Entsafter versprachen den Hausfrauen einen einfachen Alltag und mehr Zeit für Kinder.
Frauenbewegung durch Technik? Küchenmaschinen wie dieser Entsafter versprachen den Hausfrauen einen einfachen Alltag und mehr Zeit für Kinder. © Picture-Alliance/dpa

Karl Hein Ruthmann (1934) verrät anschließend als Haus-Mann, „wie ich an den Kochherd kam“. Für Jutta Loose (1949) ist hingegen „jede Mahlzeit eine Enttäuschung“ – nur warum? Und Horst Heckmann (1928) entzaubert den Mythos von „unzerbrechlichen Vielzweckschlüsseln“.

Aufschlussreicher Blick auf die Anfänge der Haushaltstechnisierung

Tritt die frustrierende Technik nun an die Stelle der einstigen Technikeuphorie? Schließlich hat sie unsere Gesellschaft entscheidend von der Spar- zur Wegwerf-Kultur verschoben, unsere Hausarbeit haben Thermomix, Spülmaschine und Co. zwar übernommen – weniger ist sie dadurch aber nicht geworden, eher verdichtet.

Hinter den höchst amüsanten Geschichten der Lesung steckt vermutlich also mehr: Ein aufschlussreicher Blick auf die Anfänge dieser Technisierung, der zum Nachdenken führt über die heutigen „Smart-Home“-Versprechungen. Wie klug ist „smart“ wirklich?

Beginn der Lesung am Donnerstag, 15. August, in der Buchhandlung am Löhberg 4 ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.