Mülheim. Auf der Oberhausener Straße in Styrum gab es früher alles. Keiner brauchte zum Einkaufen in die Stadt zu fahren. Heute ist der Glanz verblasst.
Manchmal erkennen die Mülheimer sofort, welches Gebäude, welchen Platz oder welche Straße wir auf alten Fotos oder Zeichnungen suchen. Dann lauten die Antworten unserer Leserinnen und Leser: „Das war heute einfach“, oder ähnlich. So verhielt es sich vor einigen Wochen bei der Oberhausener Straße. Diese hatten wir auf einer farblich nachbearbeiteten Ansicht aus dem Jahr 1910 gezeigt. Ein Teil der Gebäude steht noch heute. Andere sind von Kriegsbomben oder später von der Baggerkugel zerstört worden und Neubauten gewichen.
„Vor 40 Jahren war dort wesentlich mehr los“
„Das ist die Oberhausener Straße in Styrum. Heute gibt es dort leider nicht mehr so viele Geschäfte wie damals. Ich komme selbst aus Styrum und kenne sie noch aus den 1980er Jahren“, schreibt Heike Topana. „Vor mehr als 40 Jahren war dort wesentlich mehr los.“ Wer die Geschäfte damals führte oder wie sie hießen, schreibt die Leserin nicht.
„Es ist die Mülheimer Straße in Styrum. Steht ja auf der Karte“, hat Thorsten Benning gemailt. Zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme war das noch so. Damals war die ehemalige Bürgermeisterei Styrum zwar schon nach Mülheim eingemeindet (1904) worden, aber das Ändern der Straßennamen dauerte in der Regel länger.
Einige Ortsteile wurden 1910 wieder ausgegliedert
Außerdem wurde im Jahr 1910 der nördliche Teil Styrums mit Alstaden und Teilen von Dümpten wieder ausgegliedert und der Stadt Oberhausen zugeordnet. Daher bestand für die Katasterämter erst danach der Bedarf, die Mülheimer Straße und Oberhausener Straße umzubenennen.
Das ist so im Buch Mülheimer Straßennamen und ihre Herkunft festgehalten. Ab 1. Februar gab es eine Oberhausener Straße – weil sie nach Oberhausen führte – nördlich der heutigen Von-der-Tann-Straße.
Ab 1900 hatte Styrum eine Mülheimer Straße
Südlich davon galt ab 1. Februar 1900 die Bezeichnung Mülheimer Straße, weil sie aus der damals noch selbstständigen Bürgermeisterei in die Nachbarstadt führte. Erst als die Stadtgrenzen endgültig feststanden, erhielt die Oberhausener Straße auf Mülheimer Stadtgebiet ihren Namen. Dieser hat seit dem 10. Juli 1914 bis heute Bestand.
„Die nördliche Nachbarstadt Oberhausen hat 222.000 Einwohner. Sie wurde lange Zeit durch die Montanindustrie geprägt, wie einst auch Styrum. Im Jahr 1758 wurde in Osterfeld die erste Hütte des Ruhrgebiets gegründet. Nachdem die Bürgermeisterei-Gemeinde 1874 Stadtrechte erlangte und einen Eisenbahnanschluss bekam, wurde Oberhausen durch Eingemeindung von Sterkrade und Osterfeld 1929 Großstadt“, schreibt Wolfgang Meißner, ehemaliger Leiter des Katasteramtes in seinem Straßenbuch.
Eine Volksschule mit 16 Klassen
Horst Trawka hat ebenfalls die heutige Oberhausener Straße in Styrum auf der alten Postkarte erkannt. „Das Bild zeigt im Hintergrund die aktuelle Willy-Brand-Gesamtschule. Wie die Straße damals hieß, weiß ich nicht“ schreibt Gitta Svoboda. „War das auch schon Oberhausener Straße? Ich sitze zufällig grade bei einem dort ansässigen Augenarzt und dachte nur datt kännze doch“, freut sich die Mölmsche Fruu.
„Im Hintergrund, das war früher eine Volksschule mit 16 Klassen“, erinnert sich Wolfgang Nürnberger. „Die Oberhausener Straße war früher eine tolle Einkaufsstraße. Kocks und Herstein, das Möbelhaus Sander und andere Mülheimer Familien hatten dort ihre Geschäfte. Wir sind dort fast jeden Tag zum Einkaufen unterwegs gewesen. Viele der Händler haben später ihre Läden in Styrum verlassen und sind in die Stadtmitte gezogen.“
„Man brauchte zu Einkaufen nicht in die Stadt zu fahren“
Das bestätigt auch Günter Fraßunke. Er wuchs in Styrum auf, zählt heute noch beim Blick aus der Straßenbahn auf, wo einst überall Lebensmittel, Brot, Kuchen, Fleisch, Wurst, Obst und Gemüse gab. „ Dort bedienten viele Frauen ihre Kunden an der Theke. Sie trugen weißen Hauben und Schürzen. Schuhgeschäfte, Läden mit Bekleidung und Haushaltswaren gab es ebenfalls, Sogar ein Kaufhaus stand an der Oberhausener Straße“, zählt der Leser auf. Fast an jeder Ecke gab es eine Kneipe. „Ein Kino hatten wir dort ebenfalls. Man brauchte zum Einkaufen nicht in die Stadt zu fahren. Es gab alles vor der Haustür.“
Von ihrem einstigen Glanz hat die Oberhausener Straße verloren. Trotzdem gibt es dort noch zahlreiche Einzelhändler, Imbissbetreiber und Gastwirte, die ihre Nachbarschaft versorgen. Der Platz am Sültenfuß ist neu gestaltet und wertet den Stadtteil auf.