Mülheim. Ein Jahr lang wurde im Gewerbegebiet Heißen-Ost in Mülheim eruiert, wie man Ressourcen sparen und nachhaltiger handeln kann – erfolgreich.
Das Jahr ist rum: Das im Juli 2018 gestartete und durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanzierte Gemeinschaftsprojekt „Ressourceneffizientes Gewerbegebiet“ ist in Heißen-Ost nun nach zwölf Monaten Laufzeit erfolgreich beendet worden.
„Projektziel war es, auf das Gewerbegebiet zugeschnittene wirtschaftlich tragfähige Konzepte aufzuzeigen, die Heißen-Ost mittelfristig in einen nachhaltigeren, zukunftsfähigen Gewerbestandort verwandeln“, erklären Jan Trimborn und Paul-Richard Gromnitza von der Mülheim & Business GmbH.
Konzepte für nachhaltigen Gewerbestandort aufzeigen
Ein überraschendes Teilergebnis: Im 36 Hektar großen, 1973 eingeweihten Gewerbegebiet könnten laut Abschlussbericht durch eine breite und konsequente Dach- und Fassadenbegrünung jährlich rund 73.000 kg CO2 und 39.100 m³ Regenwasserabfluss eingespart werden. Ein weiteres Resultat: Es gibt hohe Fördermittel für eine ansässige Firma für den Bau eines Regenüberlaufbeckens durch die Emschergenossenschaft.
Heißen-Ost war eines von zehn im Ruhrgebiet angesiedelten Gewerbegebieten, die am Gemeinschaftsprojekt von Business Metropole Ruhr GmbH und Fraunhofer Umsicht, teilnahmen. Mülheimer Projektpartner waren die Stadt Mülheim, die Medl und Mülheim & Business. Bei der Stadtverwaltung wurde 2018 eigens die neue Stabsstelle „Klimaschutz und Klimaanpassung“ etabliert.
130 Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitern
Heißen-Ost mit seinen rund 130 Unternehmen und über 1000 Mitarbeitern wurde wegen seines hohen Anteils an produzierendem Gewerbe und einem intensiven Energieverbrauch ausgewählt, da man hier große Potenziale sah, die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Gebietsmanager Dr. Boris Dresen vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT zeigt sich sehr zufrieden mit dem Verlauf und den ersten Ergebnissen: „Die Erfahrungen aus allen zehn Gebieten haben gezeigt, dass die Gewerbegebiete doch sehr individuell zu betrachten sind. Hier in Mülheim haben wir sehr gute Voraussetzungen gefunden und zwar durch das gute Netzwerk von Mülheim & Business und der Medl zu Unternehmen wie etwa zu Weerulin. Das Interesse und Potenzial der Unternehmen konnte gut genutzt werden und sollte dauerhaft gefördert werden.“
Die vorab konzipierten Hauptziele waren die Ressourceneinsparung bei Unternehmen in den Bereichen Energie, Abfall, Wasser und Fläche sowie die Anbindung und Mobilität des Standorts, der direkt am Radschnellweg Ruhr liegt, zu verbessern. Mithilfe der Gebietsanalyse, Kontaktaufnahme und -pflege hat sich in den zwölf Monaten ein Unternehmensstamm von rund zehn Firmen gebildet, die am Projekt mitgearbeitet haben.
Gebietsanalyse und Kontaktaufnahme
Dr. Richard Fechner, Geschäftsführer von Weerulin, einem von zwei ausgewählten Schlüsselunternehmen, ist von der Nachhaltigkeit des Projekts überzeugt: „Es war eine Initialzündung. Da sind ein paar gute Ideen und Konzepte herausgekommen, die noch auf Umsetzung warten, aber wir sind auf einem guten Weg. Ich habe das Gefühl, dass ohne diese Klammer des vom Fraunhofer Institut begleiteten Projekts das so nicht entstanden wäre. Deshalb kann ich insgesamt nur ein positives Fazit ziehen.“
Jan Trimborn, Projektleiter bei Mülheim & Business, möchte die Erfahrungen und die gewonnene Expertise auch künftig nutzen: „Insgesamt wurde das Projekt sehr gut angenommen, so dass wir es gerne fortführen, am liebsten mit unseren bestehenden Projektpartnern. Zurzeit überlegen wir, gemeinsam mit der Stadt im kommenden Jahr wieder eine Fläche auszuweisen, dann vermutlich im Rhein-Ruhr-Hafen – allerdings auf einer mit Heißen-Ost vergleichbaren begrenzten Gewerbefläche. Ansonsten wollen wir die gewonnenen Erkenntnisse nutzen und die Mobilitätspartnerschaft in der MEO-Region unterstützen.“
Einige Teilergebnisse des Projektes in Heißen-Ost:
1. Von 109.100m² Dachfläche eigenen sich über 91.300 m² gut für eine Photovoltaik-Nutzung.
2. 84 % der Gesamtfläche sind abflusswirksam versiegelt, wovon 31% auf Gebäude und 9 % auf öffentliche Verkehrsflächen entfallen. Für die verbleibenden 44 % versiegelte Flächen auf privaten Grundstücken muss individuell geprüft werden, welche Flächen nicht mehr für den Lieferverkehr benötigt werden.
3. Im Osten des Gebietes fließt der Borbecker Mühlenbach, der sich für Einleitungen von Regenwasser eignet. Derzeit wird entlang des Bachlaufs im Rahmen der Emscher-Renaturierung ein Regenüberlaufbecken gebaut. Nach Fertigstellung (2021) kann eine Regenwassereinleitung erfolgen. Für die Abkopplung befestigter Flächen von der Mischkanalisation können Unternehmen wie etwa die Akkumula Immobiliengesellschaft Fördermittel der Emschergenossenschaft beantragen (Zuschuss von bis zu 60 % der Kosten).
4. Rund 98 350 m² Dachflächen sind grundsätzlich geeignet für eine Dachbegrünung. Als gut geeignet gelten 61 600 m², als geeignet 32 690 m² Dachfläche. Durch eine vollständige Begrünung dieser Flächen ließen sich so 964 kg Feinstaub, 73 465 kg CO2 und 39 100 m³ Regenwasserabfluss pro Jahr einsparen.
5. In Detailanalysen konnte gezeigt werden, dass für die Unternehmen deutliche Kraftstoffkosteneinsparungen durch eine Umstellung auf Elektrofahrzeuge und das Laden auf dem Betriebsgelände entstehen.
6. Erste Vorschläge für eine bessere Erreichbarkeit des Gebietes mit dem Fahrrad sind diskutiert worden.
7. Die ansässigen Unternehmen befürworteten weitere unternehmensübergreifende Treffen unter der Organisation der Wirtschaftsförderung.