Mülheim. Maschen und Strategien arabischer und libanesischer Großfamilien stoßen der Bevölkerung in Mülheim auf. Die Polizei entwickelt Strategien.
Hochzeitskorsos auf der Autobahn, inszenierte Verkehrsunfälle oder das Leben von Sozialhilfe: Kriminelle Clans werden stärker von der Bevölkerung wahrgenommen, zumal die Gefährdung im öffentlichen Raum zunimmt. Nicht nur in Mülheim steigt deshalb auch der Druck auf die Behörden und die Politik.
Vor kurzem wurde bekannt, dass ein in Essen ansässiger Clan Verkehrsunfälle provoziert hat, um über Versicherungsbetrug Gelder abzugreifen. Nach Informationen dieser Zeitung waren von den rund 50 Tatorten wenige auch auf Mülheimer Stadtgebiet. „Durch die Machenschaften entwickelt die Bevölkerung eine Erwartungshaltung gegenüber uns“, sagt Thomas Weise, Erster Polizeihauptkommissar im für Mülheim zuständigen Polizeipräsidium Essen.
Mehrere Kontrollen in einer Woche
Die Polizei führt in Kooperation mit Stadt, Zoll und Steuerfahndung in einer Woche mehrere Kontrollen in Geschäften und Gebäuden in der Innenstadt durch, mindestens vier. Eppinghofer Straße und Leineweberstraße sind zwei Beispiele. „Wir suchen Objekte auf, wenn es die Annahme gibt, dass dort etwa Rauschgifthandel betrieben wird oder gegen das Bebauungs- oder Gaststättenrecht verstoßen wird“, erklärt Weise. Dabei werde überprüft, inwiefern Personen in Verbindung zu arabischen oder libanesischen Großfamilien stehen.
„Es gibt auch Personen, die noch nie auffällig geworden sind, aber in ihrer Familie ebenfalls eine Rolle spielen, indem sie diese schützen“, weiß Weise. Dazu zählen etwa Beobachter, die Geschäftstreibende warnen oder Personen, die illegal erwirtschaftetes Geld ins Ausland übertragen. „Teilweise melden Personen gegenüber der Stadtverwaltung auch Gewerbe an, um einen Rahmen zu bieten, der von einem Clan genutzt werden kann“, sagt Weise.
Arabische und libanesische Clans zeigen sich
Die arabischen und libanesischen Clans weisen durch ihre Kultur laut Polizei ein anderes Verhalten im Gegensatz zu weiteren kriminellen Banden auf. „Man muss protzen, um jemand zu sein, man muss ein dickes Auto fahren und sich damit zeigen“, erklärt Weise. Mafiöse Strukturen oder Rockerbanden würden verdeckter agieren und hätten kein Interesse, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Es gibt auch Verbindungen zwischen den kriminellen Gruppierungen. Eine Familie aus Mülheim, die der Polizei gut bekannt ist und Geschäfte in der Innenstadt besitzt, stehe beispielsweise im Kontakt zu einer großen Rockerbande. Außerdem komme es teilweise zu Vermischungen unter den Clans, nicht nur mehr zu Hochzeiten untereinander. „Es ist eine strategische Machtausweitung“, merkt Weise an.
Einheitliche Uniform für Polizeieinsätze
Macht möchte auch die Polizei demonstrieren und fährt bei den wöchentlichen Kontrollen daher immer mal wieder mit vielen Einsatzkräften auf, ein Dutzend etwa. Die Beamten haben festgestellt, dass der Respekt der Clans gegenüber Streifenpolizisten nicht so groß ist. „Wenn Beamte aus dem Bereitschaftsdienst einer Hundertschaft dabei sind, sieht man ein ganz anderes Auftreten. Da überlegt sich die Gegenseite zweimal, ob sie sich Maßnahmen zur Wehr setzen soll”, erzählt der Polizeihauptkommissar.
Die Polizei hat daher nun eine neue Strategie: Sie möchte alle Einsatzkräfte mit der Uniform des Streifendienstes ausstatten, aber weiterhin in großer Mannstärke auflaufen. So sollen die Kontrollierten nicht mehr unterscheiden können, wer im Einsatz ist, und soll der Respekt steigen. Weise ist zuversichtlich. Dies ist nur eine der Maßnahmen, um auf die Clan-Maschen zu reagieren.