Mülheim. Im September kommt zum achten Mal die englische Traditionstruppe Lord Chamberlain’s Men zum Leaf-Festival nach Mülheim ins Kloster Saarn.
Peter Stickney präsentiert ein prachtvolles Gewand wie man es im späten 16. Jahrhundert zu festlichen Anlässen am Königshof von Elisabeth I. in London getragen hat. Zu jener Zeit also, als William Shakespeare seine Stücke schrieb. Das Dekolleté ist reich verziert, die Manschetten erinnern an Vogelfedern und die Puffärmel sind mit Perlen bestickt. Auch sonst wurde mit edlen Materialien wie Samt und Leder an diesem Gewand gearbeitet, in das wenig später Bronwen Gray-Specht schlüpft, die im September mit ihrem Team das achte Leaf-Festival organisiert.
Sieben Schauspieler teilen sich 19 Rollen
Das Gewand, das golden glänzt, dürfte ein Vermögen wert sein. Es ist nicht historisch, sondern wurde innerhalb von zwei Wochen für das neue Stück der Lord Chamberlain’s Men unter Hochdruck genäht. Der Sommernachtstraum, eins von Shakespeares beliebtesten Stücken, hatte in Stickney’s Regie beim Brigthon Festival bereits am 23. Mai Premiere. Das edle Gewand wird die Elfenkönigin Titiana tragen. Sieben Schauspieler teilen sich die 19 Rollen und wechseln die Kostüme in Sekundenschnelle. Wie damals schlüpfen die Männer in die Frauenrolle, was vielleicht nur einen Moment lang komisch wirkt, aber schnell ganz normal wird.
Die Lord Chamberlains’s Men sind kein festes Ensemble, sondern werden in einem aufwendigen und langwierigen Casting jedes Jahr neu zusammen gestellt. 2400 Schauspieler, viele darunter sind Absolventen, der Schauspielschule haben sich mit einer CD bei Stickney beworben. 250 lud er dann zum Vorsprechen ein. Über 80 Aufführungen an 70 Orten, viele davon unter freiem Himmel, wird die Truppe geben. Krönender Abschluss ist für Stickney das Leaf-Festival im Innenhof von Kloster Saarn. Die Wurzeln der Truppe reichen 425 Jahre zurück, als es Richard Burbage, der alle großen Rollen übernahm, gründet. Das Globe war ihre Spielstätte, Shakespeare einer von ihnen.
Texttreue ist wichtig
Die Truppe existierte bis 1642, als von der puritanischen Regierung alle Theater geschlossen wurden. Vor 15 Jahren erwachte die Truppe zu neuem Leben. Seitdem hat sie mehr als 1000 Aufführungen vor mehr als 250 000 Zuschauern gegeben, bilanziert Stickney. Texttreue ist ihm wichtig, wie er betont, großzügige Striche aber ebenso unentbehrlich. Er weiß, wie anstrengend Shakespeare-Texte sind und kann sich selbst noch daran erinnern, wie er sie als Schüler gehasst hat.
Deshalb ist es ihm auch so wichtig, Schülern einen sinnlichen Eindruck der Klassiker zu vermitteln. Workshops in den Schulen sind ein fester Bestandteil des Festivals. „Man muss die Sprache hören und das Spiel sehen und erleben.“ Die Lord Chamberlain’s Men bleiben immer nah am Original, aber museal heiße das auch nicht. Drei Songs, die zum Teil vierstimmig vorgetragen werden, sind zu hören und getanzt werden auch der Zeit entsprechend Pavane. Uraufgeführt wurde der Sommernachtstraum, der durch seine magischen Szenen und die Handwerker begeistert, in der Mitte der 90er Jahre des 16. Jahrhunderts. Näheres über die Uraufführung ist nicht bekannt. Neben der Magie ist das Stück voller Komik, man muss nur an den schelmischen Puck denken, der den falschen Menschen das Aphrodisiakum verabreicht, was zu Verwicklungen führt.
Großes Rahmenprogramm
Eine wichtige Hochzeit soll den festlichen Anlass gegeben haben, doch welches Paar sich damals traute, darüber gibt es mehrere Theorien. Diese Unsicherheit mag zum Charakter des Stücks passen. Für Stickney ist dieser festliche Rahmen gerade recht, um auch auf das Doppeljubiläum der Lord Chamberlain’s Men hinzuweisen, obwohl es keine ganz runden Jahrestage sind.
Neben den drei Aufführungen bietet das Festival vom 10 bis 15. September ein reichhaltiges Rahmenprogramm. Unter den Aspekten Sommer, Traum und Nacht rezitiert Michael Kamp Texte, Elisabeth-Jane Baldry spielt Harfe und Rafael Aquirre Gitarre.