Mülheim. . Auch im 17. Jahr bleibt das Pfingst-Spektakulum in Mülheim Publikumsmagnet. Nicht nur beim Ritterturnier reisen die Besucher ins Mittelalter.

Alljährlich, wenn die Christen die Entsendung des heiligen Geistes feiern, verwandelt sich der Müga-Park am Schloß Broich zur Kulisse für das mittelalterliche Leben. Zahlreiche Besucher zeigt bei der 17. Auflage des Pfingst-Spektakulums, dass der Publikumsmagnet nichts an Attraktivität verloren hat – wie man in unserer Fotostrecke mit über 60 Bildern sieht.

Das besondere Highlight mit viel Action bot für Groß und Klein wieder das Ritterturnier. Erzählt wurde die Geschichte vom Mündel: Ein Streit entbrennt zwischen dem Onkel von Tristan, dessen Eltern der Pest zum Opfer gefallen sind, und einem Nachbargrafen um die Vormundschaft des Kindes. Im Turnier kann sich der Oheim gegen seinen Kontrahenten schlussendlich durchsetzen.

Pferd hatte im Mittelalter Wert wie heute ein Ferrari

„Im Mittelalter wurden solche Fälle, die nicht selten vorkamen, weniger durch Lanzenkämpfe als durch die Gerichtsbarkeit entschieden“, gibt Michael Cornely zu. Der Regisseur und Choreograph der Rittershow ist ein alter Hase in Sachen Mittelalter. Er war schon beim allerersten Pfingst-Spektakulum dabei und kennt noch die Zeit, als Turnier und Pfingstmarkt zu getrennten Terminen stattfanden: „Anfänglich führten wir das Ritterturnier im August aus, aber da war es entweder zu heiß oder es regnete.“ 2009 kam es dann zur Zusammenlegung der beiden Termine.

Bei den fetzigen Auseinandersetzungen zwischen den Rittern wird auch ohne Pferd gestritten: „Man macht sich heute falsche Vorstellungen: Nur 10 bis 20 Prozent der Kämpfer besaßen damals ein Pferd, das im Mittelalter den Wert hatte wie in der Gegenwart ein kleiner Ferrari“, erklärt Cornely. Der weitaus größte Teil waren Waffenknechte.

Der Mittfünfziger muss es wissen: Er ist Lehrer für Geschichte und hat Mediävistik studiert. Deswegen bricht er auch gerne eine Lanze für die eher als finster bezeichnete Zeitepoche: „Das Mittelalter war eine vielschichtige Zeit und weniger primitiv, als wir gewöhnlich denken.“

Greifvögel konnten am Samstag wegen Windes nicht fliegen

Barbara Eggers-Scholz ist zwar auch schon lange Mittelalter-Fan, aber in Mülheim ist sie zum ersten Mal. Vor fünf Jahren begann sie zusammen mit ihrem Mann Ari, sich mit der Falknerei zu beschäftigen. Beim Pfingst-Spektakulum präsentierte sie mit ihren Greifvögeln eine Flugshow. Zumindest, wenn das Wetter es zuließ. „Am Samstag konnten wir die Tiere wegen des Windes nicht fliegen lassen“, bedauert sie.

Zum gewohnten Bild des mittelalterlichen Treibens gehören die vielen Sippen, die im Lager campieren. Am Samstag zog der ganze Tross in mittelalterlichen Gewändern zur Markteröffnung mit musikalischer Begleitung von Dudelsäcken und Trommeln durch den Müga-Park und heizte den Besuchern ein.

Leben wie im Mittelalter: Auf Handy und Technik verzichten

Felicitas Walgenbach gehört zur Sippe der „Freyen Wölfe vom Caternberg“ und kommt aus der Nachbarstadt Essen. In ihrem Alltag ist sie als Erzieherin an einer freien Schule tätig. An den Wochenenden schlüpft sie in die Kleidung einer Magd, kocht Eintöpfe über der Feuerstelle und genießt das wenig bequeme Leben des Mittelalters: „Es ist herrlich entspannend, auf Handy und die anderen technischen Geräte zu verzichten.“

Bei all dem munteren Treiben und Handwerkeln könnte man glatt vergessen, welche dominierende Rolle die Kirche zur Zeit der Fürsten und Ritter spielte. Um dem entgegenzuwirken, hat der „Mönch“ Bruder Goswin sein „Scriptorum“ samt kleinem Altar auf die Wiese gestellt und widmet sich dem berüchtigten Ablasshandel. Wer will, kann sich bei ihm ein immerwährendes Zechrecht erwerben: „Die Ermahnung und Berechtigung, dem Brauchtum der Völlerei zu frönen“, schmunzelt der Bruder.