Die Entfernung von Graffitis verschlingt jedes Jahr im Bereich städtischer Gebäude viele tausend Euro.
Eigentlich ist Frank Esser ein umgänglicher Mann. Doch wenn der Leiter der Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) auf das Thema Graffiti angesprochen wird, gerät er in Rage. „Typen, die fremdes Eigentum so beschädigen”, zürnt er, „die haben doch einfach nur ein Rad ab. Da hört echt jeder Spaß auf.” Rund 850 Gebäude gehören der MWB im Stadtgebiet, jedes Jahr kommen bis zu 40 Schmierereien vor. „Das kostet mal eben einen fünfstelligen Betrag”, stellt Esser fest.
Ins gleiche Horn stößt Frank Buchwald, Betriebsleiter des städtischen Immobilienservice. „Jedes Jahr müssen wir für diesen Mist im Schnitt 40 000 Euro ausgeben”, rechnet er vor. Alles Kosten, die die Allgemeinheit schultern muss. „Mit Kunst oder dem Ausdruck von Protest hat das alles doch gar nichts zu tun”, erläutert Buchwald weiter, „das sind schlicht und einfach kriminelle Machenschaften von Chaoten.”
Einig sind sich Esser und Buchwald darin, dass es für illegale Sprayer keine Toleranz geben sollte. „Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern Sachbeschädigung”, stimmen beide überein. Darum wird auch jeder einzelne Fall dokumentiert und sofort zur Anzeige (meist gegen Unbekannt) gebracht – und vor allem so schnell wie möglich beseitigt. Innerhalb von 24 Stunden versucht die MWB ihre Objekte zu reinigen. Die Sprüher sollen sich nicht lange ihrer Untat rühmen können.
Ist die Schmiererei erst an der Hauswand gelandet, kommt Jürgen Staats zum Einsatz. Er arbeitet zwar für das Diakoniewerk Arbeit & Kultur, doch deren Projekt „Graff-Ex” nimmt sich ausschließlich Schmierereien an städtischen Immobilien an. Mit seinem Graffiti-Beseitigungsmobil rückt Staats an, wenn mal wieder ein „Tag” oder gar eine Nazi-Parole an einer Schulmauer gelandet ist. Er hat gut zu tun, bis zu 70 m2 Wandflächen muss er im Monat bearbeiten, viele Sprayer-Zeichen erkennt er mittlerweile schon wieder.
Seine Waffen wählt er je nach Beschaffenheit der besprühten Wand. Naturstein oder Rauputz rückt er mit Hochdruck zu Leibe. Das Graffiti wird mit einem Salzgemisch „sturmreif” gespült und dann mit 150 Bar Wasserdruck von der Wand gespritzt. Manchmal kommt ein spezielles Granulat zum Einsatz. Auf glatten Betonflächen, Glas oder Metall geht's nur mit der chemischen Keule.
Schadlos für die Gebäude ist das nicht. „Wenn ich Fassaden mit Granulat bearbeite, bleiben mindestens helle Stellen zurück und oft werden Schichten des Gesteins zerstört”, sagt er kopfschüttelnd. Entsprechend deutlich ist darum seine Meinung zu den Sprayern, selbst wenn sie letztlich seinen Job sichern. „Idioten”, findet er, „wenn ich einen von denen erwische, würde ich den gerne mal selber anmalen.”
Sprayer: meist männlich, aus gutem Haus
Nicht nur Reinigungsexperten halsen die Sprayer jede Menge Arbeit auf, auch der Polizei. So viel, dass das Essener Präsidium gleich zwei Beamte hauptamtlich mit der Verfolgung von Graffiti-Sündern beauftragt hat. Kriminalkommissar Manfred Briem ist für Mülheim zuständig – und über zu viel Freizeit kann er sich wahrlich nicht beklagen.
In 460 Fällen hat er in diesem Jahr bis inklusive November ermittelt. Erstaunlicherweise häuften sich die Schmierereien nicht im Sommer, richtig rund ging es von Januar bis April. „Das hängt mit der Klientel zusammen”, sagt Briem. Meist männlich, aus gutem Hause und ebensolcher Schule, charakterisiert er. „Wenn die im Sommer Ferien haben, sprühen die auch nicht.” Doch trotz der vielen bearbeiteten Fälle: Fragt man Manfred Briem, sollten es noch viel mehr sein. „Das Anzeigeverhalten ist miserabel”, stellt er fest. Er nimmt an, dass viele Bürger glauben, die Anzeigen verliefen eh' im Sande. „Stimmt aber nicht”, korrigiert er, „ich ermittle zwar häufig eine ganze Weile, aber am Ende bekomme ich sehr viele Täter dran.” Nur braucht er dazu Strafanzeigen, den sonst kann er nur ermitteln, wenn die Staatsanwaltschaft wegen „öffentlichen Interesses” Strafantrag stellt. „Ein Foto mit der Handykamera und ein Anruf oder eine E-Mail reichen mir.”