Wie sieht es derzeit aus an der „Grippe-Front” in Mülheim? „Ruhig”, sagt Amtsarzt Dr. Dieter Weber. „Es ist genug Impfstoff vorhanden, weil die Nachfrage gesunken ist”. Die Erkrankung werde wohl nicht als so großes Risiko wahrgenommen.
Zuerst gab es gar kein Interesse an einer Impfung, aber reichlich Impfstoff, dann war es genau umgekehrt. Die Erkrankung werde wohl nicht als so großes Risiko wahrgenommen, schätzt Dr. Weber. Offiziell gemeldet sind derzeit in Mülheim 179 Infektionen mit dem Influenzavirus H1N1. Das sei, so Dr. Weber, „allerdings nur die Spitze des Eisbergs”.
Denn diese Zahl beziehe sich allein auf die nachgewiesenen Neue Grippe-Erkrankungen nach einem Abstrich. Dennoch hat Weber den Eindruck, „dass es ruhig wird in den Kitas und Schulen”. Inzwischen seien 10 000 Dosen des Impfstoffs ausgeliefert worden. Weber schätzt, dass die Zahl der geimpften Mülheimer derzeit bei mindestens 6000 liegt. Erst bei einer Neubestellung würde aus den Praxen mitgeteilt, wie viele Dosen verimpft worden seien.
„Wir warten jetzt auf den neuen Grippe-Impfstoff auf Zellkulturenbasis, der für die Schwangeren vorgesehen ist,” sagt Amtsarzt Weber, der schätzt, dass es in etwa zwei Wochen soweit sein könnte.
Wie berichtet, wird werdenden Müttern von der STIKO, der Ständigen Impfkommission, empfohlen, sich als Risikogruppe gegen Grippe impfen zu lassen, aber mit einem Impfstoff ohne Wirkverstärker. Nach Informationen Dr. Webers wird das neue Präparat namens Cevalpan, dass ohne ein Adjuvanz hergestellt wird, in einer Menge von rund 100 000 Dosen für ganz Deutschland produziert. Es sei aber ausschließlich für Schwangere und Hühnereiweiß-Allergiker vorgesehen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt weiterhin die Impfung gegen die so genannte Schweinegrippe, weil auch nach dem Erreichen des Scheitelpunkts bei einer Infektionswelle – die man statistisch als Kurve darstellt – auf dem Weg hinunter in die „Talsohle” nochmal so viele Infektionsfälle auftreten wie vor Erreichen des Scheitelpunktes.
Dem schließt sich das Gesundheitsamt an. Neben medizinischem Personal, Chronikern und Schwangeren sollten nun nach RKI-Empfehlung auch die Kontaktpersonen von ungeimpften Risikopersonen (etwa die Ehemänner von Schwangeren) geimpft werden, so Dr. Weber. Senioren, für die man zuvor zwei Impfungen vorgesehen hätte, würden nach neuen Studienergebnissen auch nach nur einer Impfung mit Pandemrix ausreichend geschützt sein.
Der Internist Uwe Brock, der der Ärztekammer vorsteht, behandelt zwar noch Infekte bei seinen Patienten, bemerkt aber auch ein Abebben der Erkrankungen. Er rechnet mit einer weiteren Welle ab Januar: „Der Winter fängt ja erst an – und je länger er dauert, umso infektanfälliger ist man.”
Der Arzt rät allen, die sich impfen lassen wollen, das innerhalb der nächsten 14 Tage zu tun – also vor der nächsten Grippewelle. „Wir Hausärzte sollten vor allem unsere Chroniker, die noch nicht geimpft sind, persönlich ansprechen”, empfiehlt er. Also etwa Diabetiker und Menschen, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben.