Mit „Disko“ nimmt der Wolfram Höll in diesem Jahr an den Mülheimer Theatertagen teil. Das Thema des Stückes ist die Flüchtlingskrise.

Das Schauspiel Leipzig ist heute und morgen mit „Disko“ von Wolfram Höll zu Gast bei den Stücken. Hier spricht der zweimalige Gewinner des Mülheimer Dramatikerpreises über sein Stück, seine Arbeit und House-Musik.

Worum geht es in „Disko“?

Höll: „Disko“ ist der Versuch, die sogenannte Flüchtlingskrise auf die Bühne zu holen. Nicht im Sinne von dafür oder dagegen, wie es vor allem in der Öffentlichkeit stattfindet. Sondern, da kann es eine Chance vom Theater sein, noch einmal einen Schritt zurückzugehen, und überhaupt erstmal zu erzählen: Da passiert etwas, jetzt, hier, mit uns, mit anderen, und das verändert sich eben auch, wer alles zu wem gehört, das beginnt zu fließen. Und dafür fand ich die Disko, mit dem Drinnen und Draußen, eben eine passende Parabel, ein passendes Mittel.

Wo und wann schreiben Sie am besten?

Das ist ganz verschieden.

„Disko“ ist ein stark rhythmisiertes Stück. Wie sind Sie beim Schreiben vorgegangen?

Für „Disko“ habe ich mich sehr stark von House-Musik der 90er Jahre inspirieren lassen, zum Beispiel von Daft Punk. Ich habe Motive genommen und in einen völlig neuen Kontext gestellt. Da gibt es zum Beispiel „Around the world“, das ist im House-Track nur eine Zeile, die immer wieder wiederholt wird, und das bedeutet dort: Dieses Lied, dieser Hit, der geht um die Welt, der wird überall gleichzeitig gespielt. Bei mir ruft nun eine Flüchtende „Um die Welt“, während sie mit anderen auf der Flucht ist, und das bedeutet dann eben etwas Neues. Und dann habe mir natürlich auch Rhythmen und andere musikalische Strukturen aus House und Techno angeschaut und versucht, sie für das Theater zu benutzen.

Sie haben den Mülheimer Dramatikerpreis bereits zweimal gewonnen, beide Male wurde Ihr Text am Schauspiel Leipzig inszeniert, genau wie diesmal. Was verbindet Sie mit dem Schauspiel Leipzig?

Eine gute Arbeitsbeziehung. Bei beiden Inszenierungen hatte das Schauspiel Leipzig die Regisseurinnen sehr klug ausgewählt, was zu sehr anregenden, sehr spannenden Inszenierungen geführt hat, und davon können meine Texte nur profitieren (und haben sie ja auch, ohne sie hätten meine Stücke auch nicht in Mülheim gewonnen). Und auch sonst sorgt das Theater für ein Umfeld, wo neue, vielleicht auch etwas gewagte Texte gut aufgenommen werden können.

Worauf freuen Sie sich am meisten in Mülheim?

Vor allem auf das Gastspiel vor einem völlig anderen Publikum. In Leipzig habe ich ja einen gewissen Heimvorteil, und das Theater selbst natürlich auch. In Mülheim schaut das Publikum mit ganz frischen Augen auf die Aufführung.

Wer ist der erste Leser Ihrer Texte?

Meine Lektorin, Nina Peters. Und oft auch Patrick Savolainen, der selber Autor und Grafiker ist, und mir bei Fragen zu Gestaltung und Satz des Textes hilft – und das ist wichtig, wenn manchmal acht Figuren gleichzeitig sprechen in meinen Texten.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Theaters im Allgemeinen?

Dass es nicht aufhört, sich neu zu erfinden.

>>ZUR PERSON

Wolfram Höll (geb. 1986) studierte Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut Biel und Theater an der Hochschule der Künste Bern. Für das 2013 uraufgeführte Stück „Und dann“ erhielt Höll den Mülheimer Dramatikerpreis 2014 und in „Theater heute“ wurde er zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt.

In der Spielzeit 2014/15 war Höll Hausautor am Theater Basel. 2016 erhielt er erneut den Mülheimer Dramatikerpreis für „Drei sind wir“.

Wolfram Höll ist freier Autor und Hörspielregisseur und -dramaturg beim Schweizer Radio und Fernsehen. Er lebt im schweizerischen Biel.