Mülheim. Von Kaufhausarchitektur bis zu namenlosen Skulpturen hat Mülheim viel zu bieten. Eine Tour zeigt, an welchen Stellen Kunst auf Bauwerke trifft.
. „Kunst wischt den Staub des Alltags von der Seele.“ Mit diesem Zitat von Pablo Picasso begrüßte Kunstvermittler und Gästeführer Georg Reinders am Sonntag rund ein Dutzend Teilnehmer der zweiten Stadtkunsttour. Diesmal führte Reinders die Kunstinteressierten unter dem Titel „Kunst im Zusammenspiel mit Architektur und Natur“ zu ausgewählten Beispielen in der Innenstadt und rund um das Schloß Broich und die Müga.
Los ging es am ehemaligen Woolworth-Gebäude auf der Schloßstraße. Entworfen von Emil Fahrenkamp ist das Gebäude ein klassisches Beispiel für die Kaufhausarchitektur der 20er-Jahre. Gerade wird das Gebäude restauriert und die eigentliche Schönheit kommt wieder zutage. „Die Kaufhauskette hatte die schöne ursprüngliche Fassade hinter Platten versteckt“, so Reinders. „Nach und nach kommt jetzt das schöne Mauerwerk wieder zur Geltung.“
Rathausturm vom Krieg verschont
Auch das Rathaus mit seiner Muschelkalkfassade sei nach der aufwendigen Restaurierung wieder ein echter Hingucker, um den viele Kommunen Mülheim beneiden. Während die obere Etage des 1915 erbauten Rathauses im zweiten Weltkrieg völlig ausbrannte, wurde der Rathausturm, wie durch ein Wunder verschont. Wer die vielen Kunstornamente an der Fassade entworfen und gestaltet hat, ist nicht mehr nachzuvollziehen. „Es war damals gängig, Unteraufträge zu erteilen“, erklärt Reinders. „So ist leider nicht erwiesen, wer für die Kunst am Gebäude verantwortlich ist.“ Für die Architektur verantwortlich war damals das Architektenbüro „Pfeifer und Großmann“ aus Karlsruhe.
Doch nicht nur das Rathaus entstammt den Plänen der süddeutschen Architekten. Auch die Stadthalle und das ehemalige Stadtbad wurden nach den Vorstellungen der Karlsruher gebaut. „In Karlsruhe gibt es Gebäude, die den Mülheimern sehr ähnlich sind, denn solche Pläne wurden ja nicht weggeschmissen, sondern auch mal wieder aus der Schublade geholt“, weiß der Mülheimer Stadtführer. Und der Innenraum der Stadthalle, der im zweiten Weltkrieg leider völlig zerstört wurde, wurde damals, wie das Kaufhaus auf der Schloßstraße, von Emil Fahrenkamp entworfen.
Skulptur auf Schloßbrücke nur im Vorbeigehen bekannt
Auf der Schloßbrücke machte Reinders seine Gruppe auf eine Skulptur aufmerksam, die die meisten Mülheimer wohl nur vom Vorbeifahren oder -laufen kennen. 1962 wurde die „Lebensfreude“ von Heinrich Adolfs erschaffen, inspiriert von den Frauen, die an der Promenade entlang gingen. Unter den Einheimischen heißt sie oft nur „die drei Grazien“. Erstaunt waren die kunstinteressierten Teilnehmer der Tour darüber, wie wenig ihnen über die Brunnenanlage vor der Stadthalle bekannt war. Den Namen des Künstlers Robert Schad kannten nur wenige, genauso wie den inoffiziellen Titel der Skulptur, die „Mülheimer Gruppe“. Denn eigentlich ist das Stelenkunstwerk an der Brunnenanlage namenlos.
„Es ist schade, dass man hier nirgendwo ein Schild mit ein paar Informationen findet“, meint Else Heißler, die genau wegen solcher neuen Erkenntnisse an der Kunsttour teilgenommen hat. Denn eigentlich kennt sich die ehemalige Grundschullehrerin in Mülheim sehr gut aus. „Mit meinen Schülern habe ich unzählige Touren zu den unterschiedlichsten Themengebieten gemacht.“ Aber es sei doch toll, immer wieder etwas neues über seine Heimatstadt zu erfahren.
>>>Unterwegs zu Architektur und Kunst
Das Kunstmuseum bietet verschiedene Kunsttouren durch die Stadt an. Neben den Touren „Kunst im Zentrum“ und „Kunst im Zusammenspiel mit Architektur und Natur, gibt es Angebote für Kinder und Jugendliche.
Auch private Führungen sind möglich. Informationen und Anmeldungen sind online auf www.kunstmuseum-muelheim.de, telefonisch unter 0208 / 455 41 71 oder per E-Mail: elke.morain@muelheim-ruhr.de.