Mülheim. Dauerärgernis auf der Delle in Mülheim: Radler müssen haltenden Autos auf dem Radweg ausweichen. Ordnungshüter sehen weg. Amt verspricht Abhilfe.
Wer mit dem Fahrrad auf der Straße Delle hinter der Stadtsparkasse zur Innenstadt unterwegs ist, kennt den regelmäßigen Schlingerkurs auf dem vorgeschriebenen Radweg. Immer wieder muss man dort haltenden und sogar parkenden Autos ausweichen, deren Fahrer „nur mal eben“ auf jemanden warten oder die Parkgebühr für den nahen Parkplatz einsparen wollen. Ein stetiges Ärgernis.
Umso erfreulicher ist es, wenn Ordnungsamt und Polizei hier vorbeischauen. Doch statt Fahrzeughalter zu verwarnen, die sich auf Radwegen breit machen, heißt es am vergangenen Mittwochmorgen: „Sie müssen auch Rücksicht auf Autofahrer nehmen.“
Mindestens zwei Autos auf dem Radweg muss man auf der kurzen Strecke zwischen Ruhr- und Friedrichstraße ausweichen. Hinter den Windschutzscheiben zuckende Schultern – „na und?“ Nur wohin soll der Radler? Ihm bleiben, auf die Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung auszuweichen oder auf den Gehweg. Beides ist verboten und wenigstens problematisch, wenn nicht potenziell gefährlich für Fußgänger, Autofahrer und Radler.
Verwarnungsgeld wäre fällig
Hinter einem silbernen Boliden schlendern drei Mitarbeiter von Ordnungsamt und Polizei zur Hauptstraße. Als ich sie auf das haltende Fahrzeug anspreche, schauen sie gelangweilt umher – „wo?“ ist die Replik. Sie klingt desinteressiert. Ich zeige auf ein Auto, das sich längs auf dem Weg hingestellt hat. Die Antwort: „Ach, der hält nur, weil er nicht auf den Parkplatz einfahren kann“, wiegeln die städtischen Ordnungshüter und auch die Polizei ab.
Die Straßenverkehrsordnung spricht eine andere Sprache: Erlaubt ist das Halten auf einem Rad- oder Gehweg genauso wenig wie das Parken. Es müsste mit zehn Euro oder bei Behinderung sogar mit 15 Euro Verwarnungsgeld geahndet werden. Selbst ein einfacher Hinweis wäre aus meiner Sicht schon hilfreich.
Eine Art Kavaliersdelikt
Für die Mitarbeiter scheint das aber eine Art Kavaliersdelikt zu sein: „Wo soll der denn sonst stehen?“, entgegnet einer der drei. „Auf der Straße oder weiterfahren“, schlage ich vor. Auf der Einbahnstraße würde er die anderen Autofahrer blockieren, wenden die Ordnungshüter ein: „Sie müssen auch Rücksicht auf die Autofahrer nehmen.“ Und ziehen weiter Richtung Friedrichstraße.
Haben Autos Vorrang vor Radfahrern? Das sehen der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Mülheim (ADFC) naturgemäß, aber auch das Ordnungsamt ganz anders: „Wenn man als Radfahrer nicht auf die Fahrbahn ausweichen kann, liegt eindeutig eine Behinderung vor“, kritisiert Axel Hercher vom ADFC. Dass Radwege von Autofahrern als „Haltebucht“ missbraucht werden, erlebt Hercher häufig. Er versuche dann, ins Gespräch zu kommen, oft seien die Fahrer jedoch uneinsichtig – „ich halte doch nur kurz hier“, sei meist die Antwort.
Leiter des Ordnungsamtes will mit der Polizei sprechen
Der Leiter des Ordnungsamtes, Bernd Otto, nimmt sein Personal zwar in Schutz: Es sei eine Ermessensfrage der Mitarbeiter gewesen, ob sie den Verstoß ahnden. Zudem sei nicht einwandfrei zu klären, ob es sich um ruhenden oder fließenden Verkehr handelt. Für ersteren ist das Ordnungsamt zuständig, für den zweiten die Polizei. Beide Parteien waren jedoch an der Delle vor Ort. Otto verspricht, Gespräche mit der Verkehrspolizei zu führen.
Jenseits bürokratischer Auswege, sagt der Ordnungsamtsleiter einen künftigen „Paradigmenwechsel“ zu: „Das Rad hat sich in Mülheim in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt, es gibt mehr Radfahrer und vergleichsweise wenig Unfälle. Wir werden nicht mehr weggucken, sondern gezielt darauf achten, dass die Radwege frei bleiben.“ Die Stadt soll auch verkehrsplanerisch dem Fahrrad mehr Raum zugestehen, „das wird aber nicht über Nacht gehen“.
Falschparker mit Foto direkt melden
Ordnungsamt und Polizei können nicht überall kontrollieren. Die App „Wegeheld“ macht es aber möglich, Falschparker direkt beim Ordnungsamt mit einem Foto zu melden. Rund 1000 Städte sind darüber bereits erreichbar, unter ihnen Essen und Duisburg, wo seitdem die Zahl der Anzeigen auch deutlich angestiegen ist.
Mülheim gehört zwar nicht zu den per App verbundenen Städten. Dennoch, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels, sei es auch möglich, ein Foto von dem Fahrzeug mit Angaben zu Ort, Zeit und Situation per Mail an die Bürgeragentur (buergeragentur@muelheim-ruhr.de) zu schicken. „Wir gehen dem dann nach“, versichert Wiebels.