Mülheim. . Julia Arlt bringt den Menschen Glück, sie begegnet dem Aberglauben täglich. Bald legt sie ihre Meisterprüfung ab und macht sich selbstständig.
Beherzt stellt Julia Arlt eine schmale Holzleiter an die Wand. Mit einem Rütteln prüft sie den festen Stand und steigt Sprosse für Sprosse hinauf — bis auf das Dach. Mit dabei: Ein stählerner, rußbedeckter Kehrbesen, der ihr über der rechten Schulter hängt. Julia Arlt ist Schornsteinfegerin, in fünfter Generation.
Bereits in ihrer Jugend hat die 30-Jährige ihren Vater bei der Arbeit begleitet. So lernte sie das Handwerk des Schornsteinfegers kennen und auch lieben. Parallel zu ihrer dreijährigen Ausbildung im familiären Betrieb absolvierte sie ein duales Studium: Versorgungstechnik. Quasi das theoretische Pendant zu ihrer Arbeit als Schornsteinfegerin. Als es dann nach Ausbildung und Studium um die Frage ging, welchen Weg sie einschlagen sollte, war für die Mülheimerin klar, dass sie praktisch arbeiten wollte. Dafür sprach auch: „Es ist einfach schön, die Familientradition weiterzuführen. Das macht mich stolz.“
Im Kehrbezirk Saarn, Selbeck, Mintard unterwegs
Die Familie Arlt ist seit fünf Generationen im Schornsteinfeger-Gewerbe tätig. Julia Arlt will es ihren Vorfahren gleichtun und sich als Schornsteinfegerin selbstständig machen. Dazu muss sie ihre Meisterprüfung bestehen, die ist noch für dieses Jahr geplant. „Den Unterricht habe ich schon in der Tasche, ich muss nur noch die Prüfung absolvieren“, erklärt Julia Arlt. Aktuell ist sie im väterlichen Betrieb tätig und kümmert sich um den Kehrbezirk Saarn, Selbeck und Mintard. Auch nach der Meisterprüfung, wenn sie dann selbstständig ist, will sie weiter in Mülheim arbeiten.
Fragt man Julia Arlt, was ihr besonders gut an ihrer Arbeit gefällt, hält sie kurz inne und überlegt. Dann aber kommt sie ins Reden: „Ich bin gerne draußen und obwohl es immer die gleichen Arbeitsabläufe sind, ist jeder Tag anders.“ Das liege an den neuen Menschen, die man tagtäglich kennenlerne. Rund 15 bis 20 Haushalte besucht die Schornsteinfegerin am Tag und verrät: „Man bekommt schon viel Privates mit.“
Manche ältere Dame hat Angst um Schornsteinfegerin
Wie reagieren die Kunden denn auf eine weibliche Schornsteinfegerin? „In der Hinsicht gibt es keine Probleme. Manche ältere Damen haben aber Angst um mich, wenn ich dann auf dem Dach bin“, schmunzelt Julia Arlt. Sie als Frau in einem Männerberuf — für die Schornsteinfegerin ist das kein Thema. Neben der schwarzen Bekleidung mit den goldenen Knöpfen, gleitet der Blick aufmerksamer Beobachter auf Julia Arlts Hände: Gepflegte, lange Nägel wie frisch nach der Maniküre. Abgebrochen ist da noch nie etwas, aber „nach der Arbeit können die ganz schön schmutzig sein.“
Was der Beruf des Schornsteinfegers zusätzlich zu den rußbedeckten Händen mit sich bringt, ist der Titel des Glücksbringers. Der Aberglaube geht auf das Mittelalter zurück. Damals glaubte man, Geister und Dämonen würden durch den Kamin das Haus verlassen, und der wurde schließlich vom Schornsteinfeger sauber gehalten. Eine weitere Theorie: Schornsteinfeger verhinderten in den damals recht anfälligen Häusern durch ihre Arbeit Brände — echte Glücksbringer eben. Julia Arlt ist mit der Rolle des Glücksbringers mehr als vertraut. Jeden Tag wird sie mehrfach um eine Portion Glück gebeten: „Es heißt, dass es besonders viel Glück bringt, wenn man an den Knöpfen dreht.“ Manchmal, erzählt Julia Arlt, fassen Menschen sie an, ohne vorher nachzufragen. „Da kann man sich schon mal erschrecken“, sagt sie. Für die Mülheimerin steht fest: Die Faszination rund um Schornsteinfeger als Glücksbringer ist ungebrochen und wird sich mit Sicherheit noch lange halten.
Seit 2012 gibt es den Weltglückstag am 20. März
Glückliche Menschen sind gesünder, leistungsfähiger, kreativer und schaffen es, die Stimmung in ihrer Umgebung aufzuhellen. Seit 2012 gibt es den Weltglückstag, der am 20. März gefeiert wird.
Initiator war das asiatische Königreich Bhutan, das in den 1970er Jahren das Glück der Bevölkerung zum Staatsziel erklärte und ein echtes Glücksministerium hat.
Glücksfaktoren sind: eine stabile Liebesbeziehung, Freundschaft, Geselligkeit, Gesundheit, ein den Fähigkeiten entsprechender Beruf, Kinder und Geld für Grundbedürfnisse.
Wer frisch verliebt ist, schüttet vermehrt die „Glücksstoffe“ Oxytocin und Phenylethylamin sowie Dopamin und Serotonin aus. Die Botenstoffe machen euphorisch.