Mülheim. . Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hat 296 Bahnhofstationen getestet. 61 davon waren nicht akzeptabel. Ausgerechnet Mülheim-West erhielt Gesamtnote Grün

Zwischen den ornamenthaft ziselierten Bahnsteigbetonritzen schaut vielerorts schon kräftiges Grün hervor, die facettenreiche Deckengestaltung im Tunnelzugang zu den Gleisen lässt das Höhlenforscherherz juchzen. Etliche Stalaktiten haben sich hier anschaulich gebildet, jede Schicht der Decke lässt sich im Querschnitt mangels Putz ausmachen. Und nur ansatzweise gibt der dezente Rostton der Neonbeleuchtung zu erkennen, ob es sich um einfache Höhlenmalerei (Graffiti) oder schon um herunterlaufende Wasserschlieren handelt, die ihre feinen Striche an der Wand ziehen.

Profitester verstehen Bahnhof

Es muss schon der naturbelassene Charme und vermutlich hohe ökologische Wert des Bahnhofs Mülheim-West gewesen sein, der die Profitester des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr dazu bewogen hat, in ihrem neuesten Bericht diesem Bewerber für dystopische Endzeitfilmkulissen aus der Kategorie „The Walking Dead“ ein „Grün“ zu geben. Das, oder die Profis des VRR sind wahre Bahnhofversteher. Anders ist die Gesamtbewertung mit der höchsten Note „akzeptabel / kaum Verbesserungen erforderlich“ kaum zu erklären.

Denn der überraschende Halt zwischen Mülheim und Oberhausen, dieser Unort an der Friedrich-Ebert-Straße, eingeklemmt zwischen Klick-Vinyl- und Autoersatzteilanbietern war der Deutschen Bahn nicht einmal ein Eingangsschild am Zugang wert. Wer hier durch muss, weiß warum. „Es ist einfacher mit dem Zug hierhin zu kommen als mit der Straßenbahn“, erklärt eine Oberhausenerin, die in Mülheim arbeitet.

Müll im Gleisbett, Kothaufen und Urinflecken

Gelb – das heißt „noch akzeptabel“ – gaben die VRR-Profitester hier für die Sauberkeit, Grün sogar für den Bahnsteig. Den täglichen Bahnfahrer mag das verblüffen, angesichts des im Gleisbett liegenden Mülls, eines zaghaft mit Blättern verdeckten Kothaufens, verschiedener Urinflecken an den Wänden, eines kleinen „Denkmals“ aus fünf L&M Kippenschachteln im ausgewiesenen Nicht-Raucherbahnhof, die entweder auf eine sehr, sehr lange Wartezeit auf den Zug oder aber auf einen längeren Urlaub des Reinigungspersonals hindeuten.

Gelb vergaben die Profis hingegen für die Graffiti, möglicherweise ist dies aber als eine künstlerische Bewertung zu verstehen, denn auf dem Bahnsteig sind verschiedene Wandornamente zu bewundern.

Höchstnote Grün und somit ausnahmslos ohne Verbesserungsbedarf befanden sie die Funktionalität des Bahnhofzugangs. Offenbar problemlos galten schiefe Treppen und die verschiedenen notdürftig mit eine Schüppe Asphalt ausgebesserten Löcher im Boden. Und auch nur Hünen von zwei Metern dürften sich den Kopf an dem Moniereisen stoßen, das aus der verrosteten Decke im Tunnel ragt.

Keine Aufzüge, keine Rampen für Gehbehinderte

Auch, dass Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte die Station nicht nutzen können – ohne Aufzug und Rampen ist er nicht barrierefrei – ergab offenbar keine Abwertung des Gesamteindrucks. Vergleichsweise zutreffend fiel das Urteil der VRR-Tester hinsichtlich der funzeligen und teils von Rostflecken eingeschränkten Beleuchtung aus und damit der Frage, ob es sich beim Bahnhof Mülheim-West um einen sogenannten Angstraum handelt: „keine Bewertung“.

>>> TEILNOTE ROT FÜR GRAFFITI IM HAUPTBAHNHOF

296 Stationen im Bereich des VRR haben die Tester unter die Lupe genommen. 125 gelten als Grün, d.h. „akzeptabel“. 110 erhielten die Note Gelb , „noch akzeptabel“.

Alle drei Mülheimer Bahnhöfe (Hauptbahnhof, West und Styrum) wurden insgesamt mit der Bestnote Grün bewertet. Teilnote Rot erhielt nur der Hauptbahnhof für Graffiti.