Mülheim. Seit November ist Thomas Böhm in der Mülheimer City unterwegs, wo es zwischen Jugendlichen und Anwohnern öfter kracht.

Die Mülheimer Innenstadt ist seit einigen Monaten der Arbeitsplatz von Thomas Böhm. Im November hat der 40-Jährige hier als Streetworker angefangen, dabei gilt seine ganze Aufmerksamkeit den Kindern und Jugendlichen, die sich im Bereich zwischen Ruhrpromenade und Hauptbahnhof, Skatepark und Georgstraße aufhalten.

Tausende Jungen und Mädchen wohnen in der City: Nach aktuellen Zahlen leben allein in der Stadtmitte knapp 3200 Minderjährige, fast 2600 weitere in Eppinghofen. Gelegentlich machen sie sich lebhaft bemerkbar, etwa wenn sie auf der Schloßstraße Fußball spielen oder in aufgekratzten Grüppchen durch Geschäfte ziehen. Nicht selten ecken sie an.

Immer wieder Auseinandersetzungen

„Es gab in der Innenstadt immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Gewerbetreibenden oder Anwohnern und Kindern und Jugendlichen, die ihren Bewegungsdrang ausleben, Lärm machen“, erzählt Lydia Schallwig, Leiterin des Mülheimer Jugendamtes. Kinder, die teilweise noch lautstark draußen spielen, wenn sie nach Ansicht mancher Erwachsener schon längst schlafen sollten. Die in Läden rennen, Leute beschimpfen, belästigen.

Sich vor Ort ein faires Bild und später auch sinnvolle Angebote zu machen, ist die neue Aufgabe von Thomas Böhm. Der Sozialarbeiter, der aus Baden-Württemberg ins Ruhrgebiet zog, hat eine halbe Stelle inne, befristet bis Ende 2020. Angestellt ist er bei der Gesellschaft für Soziale Stadtentwicklung und wird mit zahlreichen Netzwerkpartnern zusammenarbeiten.

„Engelsgeduld“ ist bei den Minderjährigen gefragt

Momentan ist Böhm, wie er berichtet, viel draußen unterwegs. Er beobachtet, „was die Leute in der Innenstadt so tun“, stellt sich auch in Schulklassen vor, macht sich bekannt mit Ordnungskräften, geht in Jugendzentren. Ab März wird er zu festen Stunden in der Dezentrale ansprechbar sein. Der Streetworker sondiert, wann und wo sich Cliquen treffen, er versucht, behutsam in Kontakt zu treten: „Dazu braucht es eine Engelsgeduld.“

Im Sommer soll Thomas Böhm im Jugendhilfeausschuss einen ersten Bericht vorlegen. Jugendamtsleiterin Lydia Schallwig meint dazu: „Wir müssen erst einmal schauen, ob es hier tatsächlich eine Problematik gibt, die in Richtung Verwahrlosung geht. Es wäre schön, wenn wir berichten könnten, dass die Kinder und Jugendlichen nur zusätzlichen Spielraum brauchen.“ Aber auch größere Baustellen könnten sich ergeben: Schulschwänzen oder Drogenkonsum.

Bewegungsraum in der Innenstadt ist ausbaufähig

Was den Bewegungsraum betrifft, der in der Innenstadt sicher ausbaufähig ist: Ab Mitte Mai soll es auf dem Synagogenplatz jeden Freitag ein offenes Angebot für Kinder und Jugendliche geben. Zum Auftakt am 17.5. wird ein mobiler Soccer-Court aufgebaut, den der Mülheimer Sportservice vor einiger Zeit angeschafft hat. Weitere Aktionen könnten Open-Air-Kino sein oder Slackline. Was Thomas Böhm auf gar keinen Fall möchte: den Jugendlichen im Nacken sitzen. „Denn da kann man auch wahnsinnig viel kaputt machen.“

>>>Zur Person: Thomas Böhm

Thomas Böhm (40) ist aufgewachsen in Offenburg / Baden-Württemberg und hat zunächst in Freiburg studiert: Europäische Ethnologie und Anthropologie.

Gearbeitet hat er unter anderem in der Erwachsenenbildung und am Theater, ehe er von 2012 bis 2015 ein weiteres Studium absolvierte: Sozialarbeit.

Bevor Böhm Streetworker in Mülheim wurde, wo er mittlerweile auch wohnt, war er in Essen tätig, im Bereich Flüchtlingshilfe.