Mülheim. . Das Bewerberrennen um die Ernst-Nachfolge ist auf der Zielgeraden. Die Union muss strategisch entscheiden: Macht stärken oder Deal mit der SPD?

Die Würfel sollen heute in der CDU-Parteizentrale an der Bahnstraße fallen: Dort wird die CDU-Ratsfraktion für sich, aber nicht nur für sich, die womöglich weitreichende taktische Entscheidung zu treffen haben, ob sie der SPD den Zugriff auf das Dezernat für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur belässt oder es ihr entgegen früherer Absprachen streitig macht.

Breite Mehrheit gegen SPD möglich

Klar ist nach Informationen dieser Redaktion: Die CDU hätte eine gar überraschend breite Mehrheit im Rat hinter sich, würde sie die Traute aufbringen, ihren Wunschkandidaten tatsächlich dem alten „Deal“ mit den Genossen entgegenzustellen.

Georg Robra (45) ist Beigeordneter in Rheda-Wiedenbrück. Wird er gewählt, will er der SPD beitreten.
Georg Robra (45) ist Beigeordneter in Rheda-Wiedenbrück. Wird er gewählt, will er der SPD beitreten. © Marion Pokorra-Brockschmidt

Der Bewerber, mit dem die CDU liebäugelt, ist Marc Buchholz (51). Seit 2005 ist er Beigeordneter im niederrheinischen Kevelaer, er gilt insbesondere als Fachmann für Soziales, ist aber etwa auch in der Landeselternschaft aktiv. Der gebürtige Hamborner absolvierte ein Fachhochschulstudium und die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst bei der Bundesagentur für Arbeit. 2002 wurde er Fraktionsgeschäftsführer der CDU in Kevelaer, 2005 dann Beigeordneter. 2013 wurden Buchholz, dem ungemeiner Ehrgeiz nachgesagt wird, mit seiner Wiederwahl erweiterte Kompetenzen zugebilligt; er übernahm fortan auch die Leitung des Jugendamtes.

Buchholz zählte am Montag neben SPD-Favorit Georg Robra (Dezernent aus Rheda-Wiedenbrück) zu den drei Männern und zwei Frauen, die sich den Ratsmitgliedern noch einmal als aussichtsreiche Kandidaten vorgestellt haben. Er muss Eindruck gemacht haben. Dem Vernehmen nach waren selbst die linken Splittergruppen vom CDU-Mann überzeugt, so dass für die Dezernentenwahl am 14. Februar im Stadtrat eine breite Mehrheit für Buchholz stehen könnte, an der sich alle Fraktionen jenseits der SPD beteiligen.

Nun hängt alles daran, was die CDU macht. Bringt sie ihren eigenen Kandidaten durch oder lässt sie der SPD ihr Dezernat, um den Betriebsfrieden nicht zu gefährden, der womöglich noch für andere Personal-Deals nötig wäre, die im Hintergrund durchaus zur Debatte stehen. Fraktions-Vize Heinz Borchardt sprach am Dienstag von „mehreren Optionen, die bei der Fraktionssitzung zu besprechen sind“. Borchardt sprach von einer „zukunftsweisenden Entscheidung“, die die Fraktion zu treffen habe. Nach Informationen dieser Zeitung gehen fraktionsintern die Meinungen zur taktischen Ausrichtung in der Dezernenten-Frage auseinander.

Drei von vier Dezernentenstellen

Fakt ist: Die CDU würde sich mit einer Wahl Buchholz’ einen dritten von vier Dezernentenstellen sichern. „Das ist nicht nur ein Elfmeter. Der Ball liegt auf der Torlinie. Die CDU muss nur noch pusten“, heißt es da im politischen Raum. Der durch die OB-Affäre und den Bundestrend ohnehin stark angeschlagenen SPD wäre mit Blick auf die kommenden Kommunalwahlen eine empfindliche Niederlage zugefügt.

Die CDU-Fraktion muss nun Farbe bekennen. „Es ist noch keine Entscheidung getroffen“, versicherte Heinz Borchardt am Dienstag, einen Tag vor der Sitzung seiner Fraktion.

>>> GEORG ROBRA IST DER SPD-KANDIDAT

Die SPD-Fraktion hatte sich bei mehreren Enthaltungen bereits im Januar auf ihren Wunschkandidaten verständigt: Georg Robra (45), aktuell und seit 2016 Beigeordneter im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur. Zuvor war Robra jeweils nur für zwei Jahre in ähnlicher Funktion in Herford und Barsinghausen tätig.

Robra ist in Mülheim aufgewachsen. Sein Abitur machte er am Gymnasium Heißen, noch als Student der Sozialpädagogik lebte er auf der Heimaterde.