Mülheim. . Vor der entscheidenden Sitzung am Dienstag liegt ein Kompromiss vor: Politik will Härtefallregelung zulassen. Weniger Pflege in der Peripherie.
Fried-höfe sollen nicht zu Streit-höfen werden. Vor der entscheidenden Sitzung am heutigen Dienstag, in der der Umweltausschuss noch einmal über das Entwicklungskonzept für die Friedhöfe diskutiert, legen SPD, CDU, Grüne und FDP einen Kompromiss vor. Damit soll nach monatelangem Streit und nach Protesten ein Schritt auf die Menschen zugegangen werden, die sich bisher in den städtischen Planungen als Verlierer gesehen haben. Künftig soll es auch Härtefallregelungen geben.
Die Stadt will die Friedhöfe langfristig sichern und die Bestattungen auf die Kernflächen konzentrieren. Zug um Zug sollen die peripheren Bereiche der Friedhöfe aufgegeben werden. Angehörige, die jedoch dort Familiengräber und noch Grabnutzungsrechte haben, wollen auch künftig an der Stelle noch Bestattungen vornehmen können. Das hat die Stadtverwaltung jedoch abgelehnt. Über die Aufgabe der peripheren Bereiche will die Stadt Geld sparen. Die Friedhofsgebühren reichen bei weitem nicht mehr aus, um all die Kosten zu decken. Jährlich fehlen rund 1,8 Millionen Euro.
Politik will 60 Härtefälle anerkennen
Die vier Fraktionen schlagen jetzt die Einführung einer Härtefallregelung vor: „Von den Regelungen der Bestattungssteuerung können im Einzelfall Befreiungen erteilt werden“, wenn es sonst zu unerwarteten Härten für die Angehörigen kommen würde und eine Befreiung mit dem öffentlichen Interesse vereinbar sei. Einen Rechtsanspruch daraus soll es jedoch nicht geben. „Etwa 60 solcher Härtefälle sind bekannt“, sagt Hermann Stollen (Grüne) und berichtet mit anderen Politikern davon, wie hart und belastend viele Angehörige es empfänden, wenn sie nicht an der Familienstätte beigesetzt werden könnten. „Das reißt einen regelrecht um.“ Der umweltpolitische Sprecher der FDP, André Pütz, drückt es so aus: „Mülheims Bürger haben ein Recht darauf, dass Politik und Verwaltung bei einem so sensiblen Thema wie der Friedhofsentwicklung auf ihre Wünsche und Sorgen eingehen.“
Ein weiterer Kompromissvorschlag der vier Fraktionen sieht vor, dass die Stadt die Kosten für Räumung und Wiederaufbau der Grabausstattung – mit Ausnahme der Bepflanzung – übernimmt, wenn Nutzungsberechtigte eine Grabstätte aus der Peripherie in den Kernbereich des Friedhofs verlegen. Für diesen Schritt soll es keine zeitliche Befristung geben.
Grabfreie Bereiche sollen als Grünanlage gepflegt werden
Als Gegenfinanzierung, schlagen die Politiker vor, soll die Stadt die Pflegestandards der Friedhöfe kritisch überprüfen. Grabfreie Bereiche in Außenbereichen sollen künftig aus den Friedhofsflächen herausgerechnet und als städtische Grünanlagen gepflegt und finanziert werden. „Das sind dann Parkanlagen“, so Stollen. Einen ähnlichen Vorschlag hatte bereits der Bürgerliche Aufbruch Mülheim gemacht, um Kosten zu senken.
„Unser Vorschlag wirkt nach all der Aufregung mäßigend. Ich bin froh, dass wir es hinbekommen haben“, sagt Stollen und hofft, dass auf diese Weise auch mögliche Klagen von Angehörigen gegen die Friedhofssatzung entfallen. Diese waren bereits angekündigt.
>> BÜRGERVERSAMMLUNG EINGEFORDERT
Die vier Fraktionen werden die Stadtverwaltung auffordern, vor der Versendung der Friedhofssatzung eine Bürgerversammlung durchzuführen. Eingeladen werden sollen die Nutzungsberechtigten von Gräbern in der Peripherie der Friedhöfe.
In der Veranstaltung sollen noch mal die Bescheide erläutert und offene Fragen zum Konzept beantwortet werden.