Mülheim. . Der Mülheimer Manfred Rixecker (73) erinnert sich lebhaft an die legendäre Radioreportage. Er hat die WAZ-Ausgabe vom 5. Juli 1954 aufbewahrt.
Das „Wunder von Bern“ – wer es erlebt hat, wird es ewig in glanzvoller Erinnerung bewahren. Doch in der Fassung, die Manfred Rixecker archiviert hat, wirkt es leicht angeschlagen. Der 73-Jährige besitzt die komplette Mülheimer WAZ-Ausgabe vom 5. Juli 1954, dem Tag, nachdem Deutschland Fußball-Weltmeister wurde.
Das Papier der zehn Seiten starken Ausgabe ist im Laufe von fast sechseinhalb Jahrzehnten graugelblich nachgedunkelt. Aber jedes Bild, jeder Buchstabe blieb erhalten. „Zu Tode ermattet, aber überglücklich“, steht neben dem Bild, das den spitznasigen Kapitän Fritz Walter mit der Trophäe zeigt. Kurz gemeldet wird auch, dass die WAZ zur Feier des Triumphes ein Sparbuch mit 3000 DM anlegt „für Uwe Rahn, den 15 Wochen alten Sohn unseres Nationalspielers Helmut Rahn aus Essen“. Die komplette Titelseite und der Sportteil sind dem historischen Ereignis gewidmet, „da waren die Journalisten flott“, sagt Rixecker. Denn angepfiffen wurde das Finale gegen Ungarn erst am Sonntag um 17 Uhr.
Langjähriger Sportfan und Sportchronist
Der Mülheimer, den viele in der Stadt auch als langjährigen Sportfan und -chronisten kennen, hat die vergilbte WAZ von seiner Oma bekommen, die damals schon Abonnentin war. Manfred Rixecker verbindet auch ganz persönliche Erinnerungen an diesen Tag, an dem sich der Außenseiter Deutschland plötzlich wieder bejubeln durfte, und generell an die WM 1954.
Er war damals ein achtjähriger Volksschüler, bereits Fußballfan, und hat häufig mit einem Freund gefachsimpelt, auch über den voraussichtlichen Ausgang des Endspiels. „Ich hab’ gesagt: Das gewinnen wird nie. Die Ungarn sind seit Jahren ungeschlagen und haben in der Vorrunde gegen Deutschland 8 : 3 gewonnen.“ Der Freund tippte auf Sieg – und lag richtig.
Das Endspiel verfolgte Rixecker dann, wie alle WM-Spiele zuvor, am Radio. „Einen Fernseher bekamen wir erst 1958. Das war früh.“ Gemeinsam mit seinem Vater fieberte er zu Hause in Speldorf im kleinen Wohnzimmer mit, bei Limonade, die es damals auch nicht alle Tage gab.
An die legendäre Rundfunkreportage von Herbert Zimmermann kann sich der 73-Jährige noch lebhaft erinnern, und als dieser wie entfesselt schrie: „Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus!“, da brachen sich auch im Hause Rixecker die Emotionen Bahn. „Die Begeisterung war riesengroß. Ich glaube, ich habe meinen Vater umarmt.“ Auch das war damals eine Besonderheit. Ob sie nach dem Schlusspfiff vor die Tür gegangen sind, weiß Manfred Rixecker gar nicht mehr. „Ich glaube nicht.“
Nirgendwo gab es Deutschlandfahnen
Im Stadtbild habe man von der WM nichts gesehen, nirgendwo wehten Deutschlandfahnen, neun Jahre nach dem Krieg, und für Autokorsos war die Zeit erst recht noch nicht reif. Die Zeitungslektüre hat Rixecker auch an den folgenden Tagen im Juli 1954 genossen, denn da wurde der weitere Fortgang des Ereignisses abgefeiert: die Rückkehr der Mannschaft im roten Sonderzug mit der Aufschrift „Fußball-Weltmeister 1954“, der Empfang in München und anderntags vor 90.000 Menschen im Berliner Olympiastadion.
Manfred Rixecker hat in späteren Jahren viele Länderspiele live gesehen und gehört bis heute dem Fanclub der deutschen Nationalmannschaft an. Er sagt: „Ich bin fußballverrückt.“