Mülheim. . Männer-Vereinigung feiert Kunst, Freundschaft und Humor zum Jahresauftakt. Ursprünglich als Persiflage auf elitäre Bräuche des Adels entstanden.

Die 2186. „Sippung“ des „Schlaraffen-Reyches Möllmia“ am Donnerstagabend auf der „Burg Nibelheim“ war ganz der Begrüßung der neuen „Jährung“ gewidmet. Zu diesem feierlichen Anlass waren auch „Burgfrauen“ und „Burgmaiden“ „uhu-hertzlichst“ zur der sonst nur dem männlichen Geschlecht vorbehaltenen Rittertafel eingeladen, um gemeinsam zu „atzen“ und „Lethe“ zu „laben“.

Es ist schon ein eigener Kosmos, den sich die Mitglieder dieser Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor gebildet haben. Nicht nur sprachlich, auch bezogen auf die Gepflogenheiten während einer Versammlung (der „Sippung“ im Schlaraffenlatein) und die Kleidung bedarf es für den Außenstehenden erst einmal einer Zeit der Gewöhnung, bevor man versteht, was die „Sassen“ (Mitglieder) des Mülheimer Ortsvereins der weltweit aktiven Schlaraffen-Bewegung zelebrieren.

Im Sommer machen sie eine kreative Pause

Entstanden als Persiflage auf elitäre Bräuche des Adels 1859 in Prag hat sich die Gesellschaft im Laufe der Zeit zu einem Ort entwickelt, der die Möglichkeit bietet, sich der Lust am Kreieren von Wortspielen und dem geselligen Beisammensein hinzugeben. Profan – in der Sprache der Nicht-Schlaraffen – ausgedrückt ist die Burg Nibelheim der Eventkeller in Winkhausen. Allwöchentlich treffen sich hier die Sassen von Oktober bis April – in der „Winterung“.

„In den Sommermonaten haben wir kreative Pause“, erklärt Oberschlaraffe Michael Cremer, der im wirklichen Leben ausgebildeter Volkswirt ist. Im Schlaraffenland ist er als „Mc Reggit“ bekannt. Noch so eine Eigenheit des Männerbundes: Die bürgerlichen Namen werden gegen meist spaßige Phantasienamen eingetauscht. Zu Beginn der Veranstaltung wird der „Tam-Tam“ (Gong) geschlagen und die drei Oberschlaraffen betreten feierlich den zum Rittersaal umfunktionierten Gaststättenbereich.

Die Feuerzangenbowle ist ein Muss

Dann folgen die Gäste aus den anderen Ortsvereinen (Reyche). Die übrigen Sassen bilden dafür ein Spalier und schlagen ihre Holzschwerter über den Köpfen der Eintretenden gegeneinander. Getragen werden bunte Rüstungen und Helme. Der Bequemlichkeit halber sind sie nicht aus Eisen, sondern aus Textil angefertigt. Jedes Reych hat seine eigene Farbe: Die Mülheimer tragen Schwarz-Rot, die Krefelder Schwarz-Grün und die Düsseldorfer Rot-Blau. Ritter Nee-Wirklich nimmt Platz am „Clavicembel“ (Klavier) und stimmt ein Lied an, das von der ganzen Gesellschaft mitgesungen wird.

Junkermeister Kaoti-Kus bereitet beim
Junkermeister Kaoti-Kus bereitet beim "Ehe Neujahr" die Feuerzangenbowle zu. © Martin Möller

Heute beim „Ehe Neujahr“, was soviel bedeutet wie „Prost Neujahr“, wartet man auf die Feuerzangenbowle (Lethe), die nach der Schmuspause, in der es Chili con Carne zu atzen (essen) gibt, im zweiten Teil zum Laben (Trinken) kredenzt wird. Auch in alkoholfreier Ausführung.

Lob in Reimform

Kreativität ist im zweiten Part gefragt. Wer möchte, kann nun zur „Rostra“ (dem Pult) schreiten und etwas vortragen. Ein Duisburger Sasse beginnt den Reigen und lobt das Zusammenkommen, das die Schwere des Alltags nehme. Alles schön in Reimform: „Der Burgfrau steht der Sinn nach Zwist, heimlich denk ich: Ach so ein Mist.“ Neben Selbstgefechstem (Selbstverfasstem) gibt es auch Lyrik von Otto Reutter und Joachim Ringelnatz zu hören. Nach jeder Darbietung ruft die Ritterrunde „Lulu“ und der Vortragende bekommt einen „Aha“-Orden mit einem Uhu, dem Wahrzeichen der Schlaraffen, verliehen. Dazu gibt es „Schwundahnen“ (Süßigkeiten). 18 Sassen stark ist das Mülheimer Reych. „Wir haben mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen“, gibt Michael Cremer zu. Man habe den Anschluss an die gesellschaftlichen Entwicklungen womöglich verpasst. Cremer überlegt. „Vielleicht sollten wir den Verein auch für Frauen öffnen“.

>> WELTWEITE VEREINIGUNG

Hauptsitz der Schlaraffen ist Bern. Weltweit gibt es 260 Reyche mit über 10.000 Mitgliedern u.a. in Australien, Mexiko und Thailand. Deutsch ist dabei überall „Amtssprache“.

Die Zahl der Schlaraffen in Deutschland beträgt rund 6500. Der Mülheimer Ortsverein Möllmia wurde schon 1924 gegründet. Nähere Informationen unter www.moellmia.de erhalten.