Die Stadt flutet den Ruhrtunnel, die Ruhrbahn macht ihre Sparvorschläge. Noch ein städtisches Gebäude wird gesperrt. Und ein Preis für den OB.

1 Aufblühend. Die Internationale Gartenausstellung 2027 wirft ihre Schatten voraus. Auf der zweiten Ausstellungsebene unter dem Titel „Unsere Gärten“ will Mülheim mit einem außergewöhnlichen Projekt punkten: 30 Container-Standorte für Altpapier, Altglas und Co. sollen farbenfroh und jahreszeitlich wechselnd mit Blumen umsäumt sein. Der Feldversuch allerdings scheitert: Auf Schneeglöckchen und Krokussen türmen sich Abfallberge. Trotzdem: netter Versuch! Noch eine kurze Nachricht: Die Stadt meldet, dass der Aufzug am Radschnellweg leider noch drei Monate außer Betrieb sein wird.

2 Ergründend. Ein Gutachten muss her, diesmal schaltet die Stadt auf Geheiß der Politik für 750.000 Euro eine Psychologin ein, die empirisch ergründen soll, warum viele Bürger weiter und vehement den neuen VHS-Standort an der Aktienstraße ablehnen. Diagnose der Fachfrau: ein von fortgesetzten Enttäuschungen ausgelöstes Mülheim-Trauma. Übrigens: Im Wennmann-Bad ist ein Leck. Es ist „bis auf Weiteres“ geschlossen.

3 Verspätet. Ein Sprecher der Bahn kann die Verärgerung der Bürger nicht verstehen, die seit Monaten einen Stillstand bei den Bahnsteig-Arbeiten am Hauptbahnhof beklagen. „Gestern erst hat ein Bautrupp nachts eine Absperrbake versetzt. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden“, so ein Bahnsprecher. Wenn Mülheim den 225. Jahrestag der Verleihung seiner Stadtrechte feiere, werde die Stadt Gäste mit großem Bahnhof empfangen können, verspricht er. Wann ist das noch gleich? Im Jahr 2033. Immerhin: Der Aufzug am Radschnellweg läuft wieder, früher als gedacht. Sogar sieben Tage am Stück wird es so bleiben. Rekord!

Mülheim erhält Label: klimafreundlichste Innenstadt

4 Zukunftsweisend. Die Deutsche Umwelthilfe setzt vor Gericht umfassende Fahrverbote nicht nur für die Aktienstraße durch. Dieselfahrverbote gelten ab Sommer für alle großen Zufahrtsstraßen zur Innenstadt. Am gleichen Tag präsentiert die Ruhrbahn im Mobilitätsausschuss ihr neues Liniennetzkonzept. Man habe alle Optionen geprüft, so Geschäftsführer Uwe Bonan. Letztlich sei man zur Erkenntnis gekommen, dass Parallelverkehre in der City nur auszuschließen seien, wenn man den Betrieb in der City komplett einstelle. Der OB jubelt: Mülheim bekommt das Label „klimafreundlichste Innenstadt“. Sie ist fortan fast nur noch zu Fuß und per Rad zu erreichen. Im Ticker: Legionellen! Das Wennmann-Bad ist geschlossen.

5 Zersetzend. Ruhrsandstein-Fraß: Die Stadt muss mit Bestürzung feststellen, dass die Stadthalle einsturzgefährdet ist, und sperrt das Gebäude kurzerhand. Geld für eine Sanierung ist nicht da. Ein Gutachter soll klären, ob eine Sanierung überhaupt wirtschaftlich wäre. Gleichzeitig soll er rechnen, ob Kulturgut, Messen und Co. in angemieteten Räumen – angeboten wird der Stadt die Neue Mitte Broich – oder in einem Neubau günstiger unterkommen könnten. Es bildet sich eine Bürgerinitiative „Erhalt unserer Stadthalle an der Ruhr“. Die MBI beantragen beim Landschaftsverband Denkmalschutz. Aber nein: Ist ja schon erledigt. Seit 1986. Angesichts der maroden Gebäude überall in der Stadt weiß die Stadt keinen Ausweg. Immerhin: Sie startet einen Fotowettbewerb für Bürger: Diese sollen Bismarckturm, Tersteegenhaus, VHS, das Bürgermeisteramt Dümpten und andere städtische Bruchbuden für die Ewigkeit noch mal ins schöne Licht setzen. Es gewinnt eine Einsendung, die das Wennmann-Bad zeigt. Aus gegebenem Anlass.

Auf der Rennbahn finden nun große Rockkonzerte statt

6 Geflutet. Als erste Sparmaßnahme im Nahverkehr schließt der Chef der städtischen Beteiligungen, Hendrik Dönnebrink, mit einem feierlichem Akt den Ruhrtunnel. 300 Gäste sind geladen, auf dem Stadthallen-Parkplatz reiht sich Limousine an Limousine. Der Tunnel wird auf Kommando Dönnebrinks geflutet. Zuvor wird die Rolltreppe demontiert, die längste der Stadt. Sie soll am Radschnellweg installiert werden – als Alternative zum Aufzug. Der ist gerade indisponiert.

7 Singend. Der neue Rennclub stellt nicht nur mehr Renntage auf die Beine, sondern hat noch ein lukratives Zweitgeschäft aufgetan: Auf der Rennbahn finden nun große Rockkonzerte statt. Den Auftakt macht: Ed Sheeran. Der ebenfalls am Raffelberg etablierte Golfclub hatte das noch zu verhindern gesucht, aber seine Feldlerchen-Taktik scheiterte vor Gericht: Golfer, die minutenlang über ihre Aufgabe, den nächsten Schlag zu setzen, brüteten, liefen nicht Gefahr, bei einem Konzert von Ed Sheeran verdrängt zu werden, so das Urteil. Sie riskierten höchstens ungläubige Blicke.

8 Steuernd. Kämmerer Mendack legt seinen Entwurf für den Haushalt 2020 vor: „Die weitere Erhöhung der Grundsteuer um 250 Punkte ist alternativlos“, sagt er. Die Gemüter der Bürger sind erhitzt. Sie suchen Abkühlung. Doch das Wennmann-Bad ist geschlossen. Die Technik hat schlapp gemacht.

9 Gesprengt. Probleme hat auch die Sparkasse. Nun ist auch noch der letzte ihrer SB-Automaten gesprengt worden. Da nach der Schließungswelle die wenigen Filialen mit dem Ansturm der geldgierigen Kunden überfordert sind, richtet die Sparkasse im zentralen Depot ihrer Tochter S-Bargeldlogistik an der Aktienstraße eine Notausgabestelle ein. Trotzdem bleiben die Warteschlangen so lang wie einst vor den HO-Läden in der DDR. Die Sparkasse ist auf Wiedergutmachung aus. Sie spendet Geld: für die nächste Aufzug-Reparatur am Radschnellweg.

Rolltreppe ersetzt Aufzug an Bahnbögen

10 Aufsteigend. Die Fahrtreppe aus dem stillgelegten U-Bahnhof Schloß Broich wird mit einem Schwerlastkran an den Bahnbögen herabgelassen und montiert. Tage später muss Baudezernent Peter Vermeulen sich der Politik stellen: Er soll erklären, warum die letzte Stufe der Fahrtreppe mehr als zehn Meter über dem Radschnellweg in der Luft hängt. Vermeulen sieht die Schuld entweder bei den Planern oder bei der ausführenden Baufirma. Um einem langwierigen Gerichtsstreit zu vermeiden, ringt Vermeulen der Politik ab, unverzüglich auf eigene Gefahr weiterzubauen. Sein Lösungsvorschlag stößt bei der Politik auf breite Zustimmung, nur die Linke enthält sich: Um von der Fahrtreppe runter zum Radweg zu gelangen, soll ein zweiter Aufzug installiert werden.

11 Rasant. Die Nachrichten überschlagen sich: Die Politik einigt sich auf ein neues Superdezernat Wirtschaft und Gedöns. Der OB wird Karnevalsprinz. Eine Initiative will das VHS-Gebäude in der Müga zum Weltkulturerbe erklären lassen. Die U18 düst nun ohne Halt zwischen den Hauptbahnhöfen Mülheim und Essen, so dass der RRX wie eine lahme Ente daherkommt. Und dann: ein Dachschaden. Für unbestimmte Zeit kein Badebetrieb im Wennmann-Bad.

Dach im Wennmann-Bad ist repariert

12 Ausgezeichnet. Oberbürgermeister Ulrich Scholten wird mit dem Twitter-Preis des Deutschen Städtetages ausgezeichnet. Städtetag-Präsident Markus Lewe würdigt in seiner Laudatio die regen Anstrengungen Scholtens, mit den Bürgern seiner Stadt zu plaudern. Mit Facebook und Bürgergesprächen hatte Scholten im Zuge seiner Spesenaffäre im Vorjahr die Startschuss für seine Öffentlichkeitsoffensive gegeben. Mittlerweile ist er auch über seinen Blog „Frag Uli“, über Tumblr, Instagram, Whatsapp und Youtube derart eingespannt, dass er die Etatsitzung des Rates sausen lassen muss. In seiner letzten Videobotschaft des Jahres verkündet Scholten in Badelatschen, - hose und -kappe dann aber, dass das Dach im Wennmann-Bad repariert ist. Likes umfliegen ihn, dann die Ernüchterung: Turnusmäßige Wartungsarbeiten! Bis auf Weiteres. . .