Mülheim. . Zum 100. Geburtstag von Helmut Schmidt empfehlen Mülheims alten Sozialdemokraten nicht nur ihrer Partei, aus der Geschichte zu lernen.

So einen wie Helmut Schmidt, einen Krisenmanager, da sind sich Hans Meinolf (Jahrgang 1930) und Günter Weber (Jahrgang 1935) einig, könnten ihre Partei und ihr Land auch heute gut gebrauchen.

Wenn man die beiden Sozialdemokraten danach fragt, warum die SPD unter ihrem Kanzler Helmut Schmidt bei den Bundestagswahlen 1976 und 1980 mehr als 40 Prozent der Stimmen gewinnen konnte, während sie bei der Bundestagswahl zuletzt gerade noch auf etwas mehr als 20 Prozent kam und bei aktuellen Meinungsumfragen nur noch mit 15 Prozent gehandelt wird, müssen der ehemalige SPD-Fraktionschef Meinolf und der ehemalige Landtagsabgeordnete Weber nicht lange nach Antworten suchen. „Helmut Schmidt war ein kluger und welterfahrener Krisenmanager, dem es nicht um Gesetze, sondern um die Menschen ging“, erinnert sich Alt-Bürgermeister Weber, der Schmidt bei einer Tagung des Seeheimer Kreises in der Evangelischen Akademie Tutzing persönlich kennenlernte.

„Helmut Schmidt hatte eine starke Präsenz“

„Helmut Schmidt hatte eine starke Präsenz“, sagt Weber. Mit einem Augenzwinkern erzählt er davon, dass der Kanzler nach seiner Rede seine Zuhörer wissen ließ: „Ich wünsche keine dummen Fragen!“

Altkanzler Helmut Schmidt wäre am morgigen 23. Dezember 100 Jahre alt geworden. Hier ein Bild aus dem Jahr 1979.
Altkanzler Helmut Schmidt wäre am morgigen 23. Dezember 100 Jahre alt geworden. Hier ein Bild aus dem Jahr 1979. © Fritz Fischer/dpa

Wie Schmidt tickte, macht Weber daran fest, wie er als Innensenator 1962 bei der Hamburger Sturmflut agierte. „Da überschritt er einfach seine Kompetenzen und nutzte seine Kontakte zur Bundeswehr, um sich an Bord eines Huberschraubers erst mal einen Überblick der Situation zu verschaffen und anschließend die Rettungsaktionen von Bundeswehr, Feuerwehr und Polizei zu koordinieren.“

Beeindruckt hat Weber auch, dass Schmidt, der Journalisten gerne als „Wegelagerer“ bezeichnet habe, nach dem Ende seiner Kanzlerschaft als Mit-Herausgeber der Wochenzeitung Die Zeit selbst in den Journalismus wechselte „und auch bereit war dazuzulernen, weil ihm die Redaktion seine Monologe und seine Zwölf-Seiten-Manuskripte nicht durchgehen ließ.“

Schmidt durfte nicht in den Betrieb von Mannesmann

Der ehemalige Mannesmann-Betriebsratschef Hans Meinolf erinnert sich gerne an die Betriebsversammlungen, bei denen Schmidt als Minister wie als Kanzler in den 70er Jahren vor mehreren 1000 Mannesmännern sprach. „Wir mussten diese Versammlungen einmal in der Stadthalle und einmal in der Luftschiffhalle am Flughafen organisieren, weil die Unternehmensleitung den Sozialdemokraten Schmidt nicht im Betrieb sehen wollte, sich aber anschließend gerne mit ihm im Betriebskasino traf“, berichtet Meinolf.

Mit Wehmut erinnert sich Meinolf an den verregneten 30. September 1982, als er bei einer Solidaritätskundgebung für den vor Ablösung stehenden Kanzler vor Mitgliedern der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in Bonn sprach. „Auch als Kanzler hat Schmidt nie aus den Augen verloren, dass die SPD eine mit den Gewerkschaften verbundene Arbeitnehmerpartei war, die Politik für die hart arbeitenden Menschen in unserem Land machen wollte und musste. Schmidt hätte sich nie wie sein sozialdemokratischer Nachfolger Gerhard Schröder als Genosse der Bosse gesehen und dargestellt.“

>> HELMUT SCHMIDT (1918-2015)

Der spätere Bundesminister und Bundeskanzler Helmut Schmidt wurde am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren.

Er nahm als Offizier der Wehrmacht am 2. Weltkrieg teil. Nach dem Krieg ermöglichte ihm seine Frau Hannelore (Loki) Glaser mit ihrem Lehrergehalt ein Studium der Volkswirtschaft und den Beginn seiner Karriere.