Mülheim. . Zu Jahresbeginn steigt die Mitgliederzahl in Fitness-Studios. Doch im Verlaufe des Jahres werden viele passiv. Betreiber verdienen jedoch weiter.

Wenn es in Richtung Jahreswechsel geht, nehmen sich viele Menschen gute Vorsätze für das neue Jahr vor. Viele wollen „mehr für die Gesundheit tun“. Die Mitgliederzahlen in den Fitness-Studios steigen, auch in Mülheim. Doch wie viele der Trainierenden bleiben eigentlich im Verlaufe eines Jahres wirklich regelmäßig dabei? Die Anfangseuphorie kann schnell vorüber sein. Wir haben vor Ort nachgefragt.

„Natürlich gibt es Mitglieder, deren Trainingslust nach dem Anmelden abnimmt. Wir sehen es als Herausforderung und versuchen sie mit entsprechenden Angeboten zu motivieren. Wir haben extra tägliche Gruppentrainings eingeführt“, teilt Lisa Bartsch aus der Presseabteilung der Kette McFit mit. Zu einer Absprungrate wollen sich die meisten nicht äußern. „Es gibt in der Regel eine hohe Fluktuation in den Studios, sie liegt bei rund 50 Prozent. Mit einer guten Betreuung kann man das aber verhindern“, erklärt Holger Wiedemann, Betriebsleiter vom Sporting Fitness- und Wellnessclub. Dort liege die Absprungrate daher lediglich bei 20 Prozent. Bei Kieser Training wird sie auf 20 bis 30 Prozent geschätzt.

Wissenschaftliche Einschätzung

Professor Theodor Stemper ist stellvertretender Vorsitzender des BVGSD.
Professor Theodor Stemper ist stellvertretender Vorsitzender des BVGSD. © BUW

Es gibt zu diesem Thema wissenschaftliche Einschätzungen vom Bundesverband Gesundheitsstudios Deutschland (BVGSD), der allerdings nie eine Auswertung vorgenommen hat, sondern sich dabei auf zahlreiche individuelle Rückmeldungen beruft. Bei großen Ketten liege die Zahl der Passiven nach vier bis fünf Monaten bei 35 bis 40 Prozent, erklärt Professor Theodor Stemper, stellvertretender Vorsitzender des BVGSD und Ausbildungsdirektor beim Deutschen Fitness- und Aerobicverband. Inhabergeführte Studios mit betreutem Training unterscheiden sich davon. „Hier liegt die Zahl der Passiven auch nach zwölf Monaten nicht selten nur bei knapp fünf Prozent“, sagt Stemper, der in der Fakultät Sportwissenschaft der Bergischen Universität Wuppertal arbeitet. Hintergrund: Die persönliche Betreuung erfordere viel mehr Arbeit, führe aber gleichzeitig zu mehr Erfolg für die Kunden.

Eine persönliche Betreuung gibt es auch in EMS-Studios, wo für Kunden mit nieder- oder mittelfrequentem Stromwiderstand das Training mit Gewichten simuliert wird. Terra Sports ist ein Vertreter in Mülheim, dort werden im Verlaufe des Jahres nur knapp zehn Prozent der Kunden passiv.

Ein zufriedener Kunde kommt weiterhin trainieren

Durch passive Kunden verdienen die Studios natürlich auch, wenn sie nicht zum Training kommen, aber der Vertrag gültig ist. „Der Mitgliedsbeitrag ist in der Kalkulation vorgesehen“, erklärt Marc Götza von Terra Sports. Nach der Auslastung der Studios werde die weitere Entwicklung gerichtet. Ziel aller Studios ist ein zufriedener Kunde, vor allem aus wirtschaftlicher Sicht. Denn ein zufriedener Kunde kommt weiterhin trainieren.

In der Regel verlängern sich die Verträge der Kunden automatisch, sofern sie nicht innerhalb einer Frist gekündigt werden. „Mit Sicherheit vergessen einige Kunden auch mal ihre Kündigungsfrist. Jeder wird bei uns allerdings auf die automatische Verlängerung hingewiesen“, sagt Nando Vecchio, Studioleiter bei Kieser Training. Ab und zu gebe es Erinnerungsanrufe.

Sporting kommt den Kunden sogar entgegen, dort müssen sie selbst aktiv verlängern. Eine sonst übliche automatische Verlängerung gibt es in Saarn nicht. „Das ist allerdings in der Branche eine ziemliche Ausnahme“, merkt Wiedemann an.

Viele Kunden stecken sich zu hohe Ziele

Den stärksten Anstieg an Mitgliedern verzeichnen Fitness-Studios definitiv im Januar. Auch zum Herbst hin gebe es noch mal eine kleine Welle an Anmeldungen. In den Sommermonaten trainieren dagegen nicht alle regelmäßig, wenn sie sich draußen an der frischen Luft betätigen können. Dafür aber kurz vor dem Sommer intensiv.

  • Wissenschaftler sehen den Mitgliederschwund auch darin, dass sich viele Kunden zu hohe und utopische Ziele innerhalb kurzer Zeit stecken.