Mülheim/Essen. . Täter umgehen das Keyless Go-System: Zehn wertvolle Fahrzeuge, vom Tesla S bis zum Mercedes 500 S, wurden mit demselben Trick in Mülheim geklaut.

24 hochwertige Autos sind seit Mitte Oktober in Mülheim (10) und in Essen (14) entwendet worden. Alle Fahrzeuge, darunter vier Elektrolimousinen der Marke Tesla, haben einen Anschaffungswert von 80.000 bis weit über 100.000 Euro.

Alle Wagen waren mit dem Keyless Go-System ausgestattet. Eine Schwachstelle, die sich Autodiebe zunehmend zunutze machen, wie die Polizei in den letzten zwei, drei Wochen verstärkt festgestellt hat. Ein landesweites Problem, sagt Kommissar Armin Locker. Er weiß von drei weiteren der raren Tesla-Pkw, die in NRW geklaut wurden.

Ein Transponder ersetzt den Autoschlüssel

„Keyless“ bedeutet, dass ein Wagen ganz ohne Schlüssel (keyless) geöffnet und dann per Knopfdruck gestartet werden kann. Ein Chip in einem Transponder beantwortet ein Funksignal des Fahrzeugs und ersetzt somit den Schlüssel, erklärt Armin Locker vom KK 32 im Polizeipräsidium, das Kfz-Delikte in Mülheim und Essen bearbeitet. Mit einem so genannten Funkwellenverlängerer können Diebe Signale des Schlüsseltransponders so verlängern, dass der mit dem Keyless Go-System ausgestattete Wagen die Tür öffnet, auch wenn sich sein Besitzer (und der Schlüsselchip) nicht in direkter Nähe befindet.

Auf Filmen aus Überwachungskameras war die Arbeitsteilung der Täter zu beobachten, erklärt Locker: Ein Täter hält sich mit einem Tablet-großen Gerät nahe der Haustür auf und fängt das Signal ab, während sein Komplize die Fahrertür öffnet und den Wagen startet. Wenn beide Täter zusammen wegfahren, geht die Polizei von mindestens einem weiteren Täter aus, der die anderen beiden zum Tatort gebracht hat.

Geklaut wurden Modelle wie Tesla S, Mercedes 500 S

Geklaut wurden Modelle wie Tesla S, Mercedes 500 S, BMW 740d xDrive oder Mercedes-AMG S63, bei rund der Hälfte handelt es sich um Dienstfahrzeuge, so die Polizei. Betroffen waren die Stadtteile Saarn, Holthausen und zuletzt Heißen sowie der Essener Süden. Bei dem Tesla, der kürzlich in Heißen geklaut wurde, waren die Täter so dreist, noch einmal wiederzukommen: Gegen 2 Uhr stellten sie offenbar fest, dass für eine Flucht die Ladekapazität des E-Autos noch nicht ausreichte, und nahmen den Wagen dann erst drei Stunden später mit.

Mittlerweile könne das Funksignal gespeichert werden, so Hauptkommissar Locker. So können die gestohlenen Fahrzeuge später auch ohne Chip wieder gestartet werden. In der Regel sind die Autos spurlos verschwunden. Sie werden möglicherweise in den Niederlanden verschifft oder auf Transportern Richtung Osteuropa gebracht, mutmaßt Locker.

Teure Fahrzeuge, teure Ersatzteile: „Viele gestohlene Pkw werden auch in Einzelteilen verkauft.“ Einem hochwertigen BMW aus Mülheim blieb das Schlachtfest erspart, man fand ihn in Kamp-Lintfort wieder. Warum die Täter ihn abgestellt haben, ist nicht bekannt.

Tipp: Schlüsseltransponder in Alufolie wickeln

Die Polizei hofft, dass Zeugen, vor allem aus der Nachbarschaft, aufmerksam werden, wenn sie nachts Motorgeräusche hören, und die 110 anrufen. Was können Autobesitzer tun? Die Polizei empfiehlt, den Funkkontakt zum Auto zu unterbrechen, indem man den Schlüsseltransponder in Alufolie wickelt oder in eine Metallbox packt. Eine hundertprozentige Sicherheit sei dadurch aber nicht gewährleistet. Möglicherweise biete der Hersteller eine Sicherheitsbox für den Schlüsselchip an.

Gestohlen wurden Pkw, die in der Einfahrt oder vor dem Haus standen. Die Polizei rät, hochwertige Wagen in der Garage zu parken. Eine Reifenkralle wäre schon sinnvoll, meint Hauptkommissar Locker, aber er hält das eher für praxisfern: „Wer ein so teures Auto hat, macht sich da ja keine Kralle dran.“

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Insgesamt nimmt die Zahl der gestohlenen Wagen im Bereich des Polizeipräsidiums Essen/Mülheim ab, so die Polizei. In 2017 wurden 266 Wagen gestohlen; im Jahr davor waren es noch 351 Pkw.

In Mülheim gab es allerdings eine leichte Steigerung: 2016 wurden 69 geklaute Autos gemeldet, 72 waren es im vergangenen Jahr. Die Polizei geht für das laufende Jahr aber von einem insgesamt weiter abnehmenden Trend bei den Pkw-Entwendungen aus.